t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeUnterhaltungTV

"Weissensee"-Star Lukas: "Es gibt noch Orte, die nach DDR riechen"


Interview Florian Lukas zu "Weissensee"
"Es gibt immer noch Orte, die nach DDR riechen"

Von t-online
Aktualisiert am 29.09.2015Lesedauer: 4 Min.
Florian Lukas in seiner Rolle als Martin Kupfer in der ARD-Serie "Weissensee".Vergrößern des BildesFlorian Lukas in seiner Rolle als Martin Kupfer in der ARD-Serie "Weissensee". (Quelle: ARD Julia Terjung)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Seine Rollen in "Absolute Giganten", "St. Pauli Nacht" oder "Goodbye Lenin" machten ihn zu einem der markantesten Charakterköpfe des deutschen Films. Seit 2010 steht Florian Lukas (42) für die preisgekrönte ARD-Serie "Weissensee" vor der Kamera. Und als Martin Kupfer im Mittelpunkt der spannenden Handlung um zwei Familien im Ostberlin der achtziger Jahre. Am 29. September startet die dritte Staffel, in der es um die Zeit des Mauerfalls und kurz danach geht.

Im Interview mit t-online.de erzählt Florian Lukas, dass es immer noch Orte gibt, die nach DDR riechen und deshalb unangenehme Erinnerungen in ihm wecken. Er verrät, welchen anderen Beruf er sich vorstellen könnte, warum er eine Abneigung gegen Facebook hat und dass er ein schlechter Witzerzähler ist.


t-online.de: Wie haben Sie den Mauerfall am 9. November 1989 erlebt?

Florian Lukas: Schwer zu beantworten. Für mich war es eher der ganze Zeitraum, der sehr spannend war. Man wusste nicht, in welche Richtung es gehen wird. Das begann im Sommer 1989 mit der Massenflucht. Dann die Demonstrationen im Herbst. Da ist so viel passiert. Ich bin am Abend des 9. November nicht zur Mauer gelaufen. Ich war da etwas zurückhaltender. Und solche Massen-Euphorien machen mich eher skeptisch. Das ist noch heute so. Ich habe zwei Tage gewartet und bin am 11. November das erste Mal nach Westberlin gegangen.

Sie waren damals 16 und Schüler. War am nächsten Tag Unterricht?

Da war normaler Unterricht. Soweit ich mich erinnere, waren auch alle Schüler und Lehrer da. Einige kamen mit "Bild"-Zeitungen unterm Arm.

Sie spielen in "Weissensee" den Martin Kupfer, der seine große Liebe und sein Kind verliert, mit seiner Familie bricht, vom staatstreuen Polizisten zum DDR-kritischen Tischler wird - ist die Rolle die eines Helden oder eher die eines Antihelden?

Weder noch. Martin Kupfer ist jemand, der versucht ein normales Leben in Frieden zu führen und sich unabhängig von äußeren Einflüssen zu behaupten. So wie es viele Leute zu jeder Zeit tun. Ihm passieren halt einige Dinge und er versucht zu kämpfen und zeigt in diesen Momenten Größe.

Sie haben am Anfang der Serie vermieden, die Stasiquartiere in Berlin zu besichtigen…

Ja. Martin Kupfer wusste ja nicht, was die Stasi da treibt. So wie viele DDR-Bürger das nicht wussten. Das habe ich erst mit dem Dreh zur dritten Staffel nachgeholt. Da war ich in der Stasizentrale in der Normannenstraße und im Untersuchungsgefängnis Hohenschönhausen. Und das zieht einem nach wie vor die Schuhe aus, wenn man vor Ort erfährt, was dort geschehen ist. Das ist entsetzlich.

Haben die Dreharbeiten in Ihnen bestimmte Erinnerungen an die DDR geweckt?

Ja. Man läuft in die Kulissen rein und schon findet man Gegenstände, die einen an die Zeit erinnern. Zum Beispiel an unbelastete Kindheitstage. Aber auch an unangenehme Dinge. Es gibt immer noch Orte, die nach DDR riechen und die üben ganz unangenehme Assoziationen aus.

Zum Beispiel?

Die alte Polizeiwache in Berlin Lichtenberg, in der wir gedreht haben. Da riecht es nicht schön. Und die Gerüche erinnern mich sofort an ein sehr einengendes und repressives System. Nur habe ich damals als Teenager die Dimensionen dieses Systems noch nicht durchschaut.

Die dritte Staffel von "Weissensee" beginnt am Tag des Mauerfalls. Wie geht es mit Martin Kupfer weiter?

Er lernt eine Journalistin aus dem Westen kennen, der er sich vorsichtig annähert. Die Konfrontationen mit seinem Bruder nehmen zu. Seine ältere Tochter zieht bei ihm ein. Sie stellt die richtigen Fragen und liefert neue Denkanstöße. Die neuen, starken Frauenrollen wirbeln den Laden ordentlich auf.

Sie legen in der ersten Folge einen astreinen Fahrradsturz hin. Haben Sie den selbst gespielt oder wurden sie gedoubelt?

Ich mache ja gerne viel selbst, aber das durfte ich nicht machen. Der Sturz sieht ja wirklich sehr fies aus. Ich glaube, in Wirklichkeit hätte man danach eine gebrochene Hüfte. So gesehen bin ich sogar froh, dass ich gedoubelt wurde. Ich staune immer wieder, dass es Leute gibt, die sowas können.

Der Grund des Sturzes ist: Sie weichen einer Frau aus, in die Sie sich dann verlieben. Die Frau ist aus Westberlin. Gab es das auch in der Realität? Also die Liebesgeschichte, nicht den Fahrradsturz?

Mit Sicherheit gab es sowas in der Realität. Natürlich. Die wirkliche Wiedervereinigung kann ja nur über die zwischenmenschlichen Beziehungen funktionieren. Also nicht nur Mann und Frau. Sondern auch Freundschaften.

Und konkret bei Florian Lukas?

Darüber rede ich nicht.

Sie haben zwei Töchter im Teenageralter. Wie erklären Sie denen die Zeit, in der es zwei deutsche Staaten gab?

Das ist natürlich manchmal ein Thema zu Hause und auch im Unterricht. Es ist schwierig, das den Kindern zu vermitteln: DDR? Was war das überhaupt. Und irgendwann können die das auch nicht mehr hören. Aber es funktioniert über Anekdoten und es funktioniert auch über "Weissensee". Wenn man sich das gemeinsam anschaut und darüber ins Gespräch kommt. Vieles wird dann anschaulicher. Das bekomme ich immer wieder zu hören.

Taugt "Weissensee" für den Geschichtsunterricht?

Da wäre ich vorsichtig. Die Macher haben zwar gut recherchiert und hatten viele Experten zur Seite. Daher dürfte historisch alles korrekt sein. Es wäre aber fatal zu glauben, die Serie allein zeige den Alltag der DDR. Es ist immer noch ein fiktionaler Stoff. Aber "Weissensee" ist geeignet, sich dem Thema anzunähern.

Im Film wechseln sie den Beruf vom Polizisten zum Tischler. Können Sie sich so einen Jobwechsel auch im wirklichen Leben vorstellen? Die Schauspielerei an den Nagel zu hängen und etwas ganz anderes zu machen?

Auf jeden Fall. Die Schauspielerei macht mir Spaß, aber es ist nicht so, dass mein Leben davon abhängen würde. Tischler ist ein Beruf, der würde mich wirklich interessieren.

Sie twittern nicht. Sie haben kein Instagram-Profil und Ihre Facebook-Seite ist weder umfangreich noch aktuell. Soziale Netzwerke sind nichts für Sie?

Nein.

Warum nicht?

Ich stehe mit meinen privaten Dingen nicht gerne in der Öffentlichkeit. Ich will auch nicht dauernd den Kram von anderen Leuten lesen. Meine Freundschaften pflege ich auf herkömmliche Weise.

Kennen Sie einen guten DDR-Witz?

Nein. Aber ich kenne auch sonst keine Witze. Außerdem bin ich ein schlechter Witzeerzähler.

Das Interview führte Lars Schmidt

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website