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Franken-"Tatort" im Faktencheck: Kann man mit Aspirin jemanden umbringen?


Der "Tatort"-Faktencheck
Kann man mit Aspirin wirklich jemanden umbringen?

Von Barbara Schaefer

Aktualisiert am 16.04.2018Lesedauer: 3 Min.
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Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) rätseln im Polizeipräsidium darüber, woher das Armband am Handgelenk der Toten stammen könnte.Vergrößern des Bildes
Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) rätseln im Polizeipräsidium darüber, woher das Armband am Handgelenk der Toten stammen könnte. (Quelle: BR/Hager Moss Film GmbH/Felix Cramer)

Zwei Menschen werden bestialisch ermordet, und dann stirbt auch noch ein Kollege der Nürnberger Polizei. Er rast mit seinem Auto in den Tod, umgebracht von einem Medikamentencocktail. War Aspirin für ihn das tödliche Gift? t-online.de hat nachgefragt.

Von großer Liebe erzählt in diesem "Tatort" nur der Song am Anfang. Laut schallt Patti Smith ihr "Because the night" durch die Nürnberger Altstadtwohnung, Einweihungsparty beim Polizisten Felix Voss (Fabian Hinrichs). Doch dann geht es gleich zum Einsatz. Ein Geschwisterpaar wird tot aufgefunden. Ein 58-jähriger Libyer und seine Schwester, lange in Deutschland lebend und bestens integriert, wurden grausam mit einer Betonstahlstange erschlagen. Ahmad, der Ziehsohn der beiden, ist seither verschwunden. Warum ist er abgetaucht? War er Zeuge oder ist er schuldig?

In fränkischem Dialekt, derb und zynisch, macht sich die Nürnberger Polizei an diese Fragen. Polizist Felix Voss kriselt vor sich hin, fragt seine Kollegin in einer dieser typischen "Tatort"-Autofahrten: "Wie gehst du mit dem Ganzen um, was außer uns kein normaler Mensch erfahren will?" Kollegin Paula Ringelhahn (schön pampig: Dagmar Manzel) ficht das nicht an, sie stelle keine solchen Fragen. Ein Ausbilder in der DDR habe ihr gesagt, sie solle nicht so tief in die Dinge reingucken, "sonst gucken die eines Tages zurück".

Zwei Tage später stirbt ein Kollege der Nürnberger Polizei an einer fatalen Wechselwirkung von Medikamenten, er war ein guter Freund Ringelhahns. Doch nun scheint es, als wäre er in diesen Mordfall und in rechte Gruppierungen verwickelt. Leider entwickelt sich das weniger spannend, als es sich liest, das zieht sich alles ziemlich zäh hin. Dabei ist das Thema, das dem Fall zugrunde liegt, brennend interessant: Wo liegen die Schnittmengen von rechtem und islamistischem Fundamentalismus? Es geht um Ehre, Würde, Gewalt, Gegengewalt. Verantwortlich zeichnet wieder das Team des ersten Franken-"Tatorts" um Regisseur und Drehbuchautor Max Färberböck, Co-Autorin ist Catharina Schuchmann.

Die Spur führt schließlich in die rechte Szene und in eine braune Bücherhöhle eines Widerlings, es kommt dann doch noch zum Töten, trotz des Titels "Ich töte niemand". Aber warum dem Titel dieser "Tatort"-Folge kein Akkusativ zugestanden wurde, bleibt ungeklärt.

Der Faktencheck

Fragen an Dr. med. H., Ärztin in München (auf eigenen Wunsch ohne Namen).

t-online.de: Die Ehefrau des Toten behauptet zunächst, sie habe nichts mitbekommen von den Depressionen ihres Mannes, auch nicht dessen Medikamentenkonsum, ist so etwas vorstellbar?

Dr. H.: Ja, natürlich. Da traditionell in einer patriarchalischen Gesellschaft Depressionen Frauen zugeschrieben werden, ist die Krankheit anhand der Symptome, die typischerweise bei Frauen auftreten, beschrieben worden. Bei fast allen anderen Krankheiten ist das anders herum. Männer leiden bei Depressionen an anderen Symptomen, die oft nicht in den "Katalog" passen, sodass vielen Menschen im Umfeld des Erkrankten, auch seinen Ärzten, entgeht, dass der Mann depressiv ist. Und Medikamente zu verstecken: Das geht schon. Im Schuppen, in der Garage, in der eigenen Hosentasche, in der Arbeit.



Am Ende stellt sich heraus, dass sie ihn umgebracht hat. Indem sie ihm ASS/Aspirin in ein Getränk mischte. Eine tödliche Kombination mit Antidepressiva. Stimmt das?

Viele Wechselwirkungen sind nicht oder nicht gut bekannt. In der Tat gibt es spezielle Wechselwirkungen zwischen Antidepressiva vom SSRI-Typ und Aspirin. In einer kanadischen Studie untersuchten Forscher mehr als 27.000 Herzinfarktpatienten, 50-jährig und älter, und stellten fest, dass Patienten, die SSRI-Antidepressiva und Aspirin nahmen, ein um 42 Prozent erhöhtes Risiko hatten, eine Blutung zu erleiden. Aber mit einer extrem unwahrscheinlichen Blutung zu rechnen, wenn man jemanden ermorden möchte? Unglaubwürdig.

Er sei somit erstickt, heißt es. Stimmt das, dass diese Kombination zu tödlichen Erstickungsanfällen führt?

Nachdem die Angabe "Antidepressivum" sehr vage ist, habe ich die häufigsten Substanzgruppen auf Wechselwirkungen mit Aspirin gecheckt und nur die Blutung als typische Wechselwirkung gefunden, keine Erstickungsanfälle. Erstickungsanfälle können trotzdem durch Aspirin auftreten. Auf jedes Medikament hin kann prinzipiell eine schwere allergische Reaktion mit Schock und/oder Erstickungsanfällen auftreten. Zudem gibt es Asthmaformen, die typischerweise durch Aspirin getriggert werden. Die Allergie oder das Asthma müsste der Ehefrau aber bekannt gewesen sein, wenn sie ihn so umbringen wollte. Zudem wird dann die Kombination mit Antidepressiva unnötig. Ich halte diese Geschichte insgesamt für nicht plausibel.

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