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Peter Hahne auf Abwegen: Vom ZDF-Moderator zum Corona-Schwurbler


Ex-ZDF-Moderator
Peter Hahne schwurbelt jetzt über Corona und Genderwahn

  • Steven Sowa
Von Nils Kögler, Steven Sowa

03.05.2022Lesedauer: 6 Min.
Nachrichten
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Peter Hahne: Als Moderator, Co-Leiter des Hauptstadtstudios und Verantwortlicher in der Programmdirektion war er von 1989 bis 2017 in verschiedenen Rollen beim ZDF.Vergrößern des Bildes
Peter Hahne: Als Moderator, Co-Leiter des Hauptstadtstudios und Verantwortlicher in der Programmdirektion war er von 1989 bis 2017 in verschiedenen Rollen beim ZDF. (Quelle: ZDF/Steven Sowa/Montage t-online)

Peter Hahne war mal eine große Nummer beim ZDF. Jetzt spricht der ehemalige Moderator in Malchow vor 150 Leuten über angeblichen Genderwahn, Corona-Hysterie und Fake News. Ein Ortsbesuch.

"Es ist ein Verbrechen, alte Menschen einsam und ungetröstet sterben zu lassen. Ein Verbrechen", wettert Peter Hahne lautstark in sein Mikrofon. Dicht gedrängt und maskenlos sitzt sein Publikum in einer kleinen Kirche im brandenburgischen Malchow. Mit etwa 120 Menschen ist die evangelische Glaubensstätte bis auf den letzten Platz gefüllt. Draußen haben sich weitere 30 Personen in einem Zelt versammelt, die keinen Platz mehr gefunden haben. Per Lautsprecher können sie den Worten von Hahne lauschen.

Sie sind begeistert von einer weiteren Schimpftirade, die der einstige Nachrichtenmoderator gerade von seinem Platz hinter einem Rednerpult loslässt. Vereinzelt raunen Anwesende ein "Genau!" und nicken nachdrücklich mit dem Kopf.

Die "Verbrechens"-Parole ist nur eine von vielen, die Hahne an diesem Abend über die Coronapolitik in Deutschland schwingt – und dieser Abend ist wiederum nur eine von vielen Gelegenheiten, bei denen er genau das tut.

Der ehemalige ZDF-Moderator hat in den vergangenen Jahren eine drastische Wandlung vollzogen. Alles erinnert an Eva Herman, ehemals prominente Nachrichtensprecherin der "Tagesschau", jetzt rechtspopulistische Verschwörungsideologin.

Die meisten kennen den heute 69-jährigen Hahne noch als Moderator der "heute"-Nachrichten. Als stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios führte er zahlreiche Sommerinterviews mit Spitzenpolitikern, hatte sogar eine eigene Talkshow bei dem Sender. Schon zu seiner aktiven Zeit war er streitbar, schrieb Bücher mit klangvollen Titeln wie "Die Macht der Manipulation" oder "Rettet das Zigeuner-Schnitzel".

Die lautesten Lacher erntet Hahne beim Gendern

Doch seit seinem Ruhestand im Jahr 2017 und spätestens seit Beginn der Coronapandemie gerät der Journalist immer mehr auf Abwege. Schon an Titeln wie "Seid ihr noch ganz bei Trost! Schluss mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror!", "Nicht auf unsere Kosten! Aufstand gegen Lug und Trug der Elite" oder "Das Maß ist voll. In Krisenzeiten hilft keine Volksverdummung" lässt sich sein Grundtenor ablesen: Empörung, "die da oben" und "früher war alles besser".

Dem Publikum gefällt es. Zumindest an diesem Abend entspricht es den gängigen Klischees: alt, weiß, aus ländlicher Region – und gespickt mit lokal bekannten AfD-Gesichtern, wie ein langjähriger Beobachter t-online vor Ort berichtet. Als Hahne sich kritisch zu Gesundheitsminister Karl Lauterbach äußert, murmelt einer der Zuhörer: "Der Vollpfosten!" Als Hahne gendernde Nachrichtensprecher nachahmt und ihr Vorgehen als "Funklochfernsehen" veralbert, wirft eine Frau den Kopf vor Lachen so weit zurück, dass sie sich an einem Holzpfeiler stößt.

Selbst populistische Plattitüden bekommen Beifall: "Wenn wir die Gehälter der Pflegekräfte verdoppelt hätten, wäre uns viel Leid erspart geblieben und Corona wäre nach drei Wochen vorbei gewesen", sagt Hahne und erntet stürmischen Applaus, ohne dass klar wird, wie innerhalb von drei Wochen neues Personal per Lohnanreiz in die Krankenhäuser gelockt werden soll.

Peter Hahne zum Rundfunkbeitrag: "Ja, aber ... "

Vom einstigen Bild des seriösen ZDF-Moderators hat sich Hahne weit entfernt. Selbst guckt er auch nur noch wenig öffentlich-rechtliches Fernsehen, verrät er im Gespräch nach der Veranstaltung, während er fleißig seine frisch verkauften Bücher signiert. Zumindest schaut er dort keine Nachrichten. "Es gibt aber ja auch noch die 'Rosenheim-Cops'", sagt er t-online. Auch als großer Fan von Schauspieler und Regisseur Jan-Josef Liefers outet er sich. Ausgerechnet Liefers, der sich im April 2021 an der Aktion "Alles dicht machen" beteiligte, bei der zahlreiche Filmschaffende die Coronamaßnahmen kritisierten und heftige Kritik auf sich zogen. Den Rundfunkbeitrag bezahle er zwar gerne, so Hahne, aber einmal habe er den Brief zurückgeschickt. Warum? Weil gegendert wurde: "Da habe ich mich nicht angesprochen gefühlt."

Es passt ins Bild, das der Mann mit dem schütteren weißen Haar abgibt. Neben dem Gendern spielt Hahne genüsslich eine wohlkalkulierte "Querdenker"-Klaviatur ab. Die Bandbreite reicht von Medienschelte bis hin zu pauschaler Regierungskritik.

"Keiner übernimmt Verantwortung", erzürnt er sich über die angeblich so "verbrecherischen" Coronamaßnahmen. Wenn Journalisten in der Bundespressekonferenz Lauterbach vermeintlich kritische Fragen stellen, würden sie aus dem Raum entfernt. "Das ist Demokratie heutzutage", stellt der 69-Jährige fest, ohne dafür Belege zu liefern. Aus gutem Grund. Denn es ist kein Fall dokumentiert, der solche Einschränkungen der Pressefreiheit beweist. Ganz im Gegenteil: Die Fragerunden mit Ministern und Regierungsvertretern sind ein Grundpfeiler journalistischer Aufklärung – und kritische Fragen wurden auch und vor allem im Zuge der Coronapandemie immer wieder von Pressevertretern aufgebracht.

Doch das hält Hahne nicht von seinem Programm ab. "Die Medien" seien heute ohnehin nicht mehr das, was sie mal waren, so der langjährige ZDF-Angestellte. Früher hätten Fernsehsender und Zeitungen noch Informationen geliefert. Das, so Hahne, habe sich "gewaltig geändert". Nach eigener Aussage lese er jeden Tag elf verschiedene Zeitungen, in allen stünde das Gleiche. Der von "Querdenker"-Veranstaltungen wohlbekannte Vorwurf der angeblich gleichgeschalteten Medien wabert auch hier in der brandenburgischen Provinz durch den Raum.

Peter Ha(h)nebüchen und seine Sekte

Was genau er damit meint, bleibt im Unklaren. Wie so vieles an diesem milden Frühlingsabend. Immer wieder widerspricht sich Hahne selbst, verstrickt sich in alte Anekdoten aus seiner Zeit als Journalist. Beim Saarländischen Rundfunk sei er von der Politik "ins Vertrauen gezogen" worden, als Hanns Martin Schleyer 1977 von der Roten Armee Fraktion ermordet wurde. Sagt es, nur um im nächsten Atemzug dem Journalismus von heute eine zu große Nähe zum Politikbetrieb zu attestieren.

Dem Publikum ist das egal. Es klebt dem Evangelisten an den Lippen, johlt bei seinen erwartbaren Narrativen – und scheint auch trotz einer Stunde Überlänge sichtlich Spaß zu haben. Zwischenzeitlich hat die Szenerie etwas Okkultes, fast Sektenartiges. Bibelzitate wie "Nur die Wahrheit wird uns frei machen" flankieren Einwürfe von der "Hexenverbrennung" und münden in bizarre Corona-Vergleiche: Man hätte schon "viel früher mit Corona leben müssen wie mit HIV oder Krebs". Eine hochansteckende Virusvariante vergleicht Hahne also mit einer Krankheit, die hauptsächlich beim Sexualverkehr übertragen wird und setzt sie mit einer Erkrankung gleich, die überhaupt nicht ansteckend ist.

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Bei all der Schwurbelei verwundert es fast, dass der Autor seine Bücher nicht unter dem Pseudonym Peter Ha(h)nebüchen veröffentlicht. Seine gedruckten Pamphlete werden auch in Malchow unters Publikum gejubelt. Nach der zweistündigen Predigt geht es für Hahne raus an den Verkaufsstand. Sein Ende Februar erschienenes Buch "Das Maß ist voll: In Krisenzeiten hilft keine Volksverdummung" wird zum Verkaufsschlager – und Hahne zum von Menschen umringten Star des Abends. Er steht für Selfies bereit, verteilt Autogramme und schwadroniert weiter.

Impfstatus: unbekannt?

Joshua Kimmich sei doch das beste Beispiel, um die These vom Impfschutz gegen das Virus zu widerlegen, ist sich Hahne sicher. Schließlich sei der ungeimpft über den Platz geflitzt, während seine immunisierten Kollegen reihenweise mit einer Corona-Erkrankung ausfielen. Als t-online ihn konfrontiert und darauf hinweist, dass diese Darstellung Unsinn sei, weil Kimmich wochenlang wegen Covid-19 ausfiel und sich anschließend doch zu einer Impfung entschied, rudert er zurück und wechselt schnell das Thema.

Seine umstehenden Fans reagieren irritiert, rümpfen die Nase ob der Einmischung des Journalisten. Einer stöhnt genervt: "Was für eine Frage", als man versucht, Hahne auf seine fragwürdigen Thesen hinzuweisen. Die Anwesenden wollen lieber Tipps von Hahne. Wie man denn als Umgeimpfter in die USA komme, möchte eine Frau wissen. Zuvor hatte der Moderator begeistert berichtet, wie viel entspannter die Amerikaner mit der Pandemie umgingen. "Wer sagt denn, dass ich nicht geimpft bin?", entgegnet Hahne. Seinen Impfstatus verrät er nicht – zumindest nicht geradeheraus. Als t-online noch mal nachhakt, wird zwischen den Zeilen jedoch deutlich: Natürlich ist der 69-Jährige geimpft. Seinen Anhängern erzählt er, niemand müsse intime Details wie den Impfstatus offenlegen und erntet dafür noch Zustimmung.

Es offenbart sich eine perfide Masche: Hahne weiß, dass er mit einem Impfbekenntnis zumindest einen Teil seiner zahlenden Anhängerschaft verlieren würde. Also hält er sich lieber zurück. Nicht zuletzt ist sein Auftreten eine Verkaufsstrategie: Wer Leichtgläubigen erzählt, dass sie zu den wenigen Nicht-Leichtgläubigen im Land gehören, kann viel Geld verdienen. Dass der Buchverkauf ein lukratives Geschäft ist, leugnet er nicht. Er habe einen guten Deal mit seinem Verlag Quadriga, verrät er t-online. Der will sich auf Nachfrage nicht zu den "vertraglichen Absprachen" äußern, verweist lediglich auf die Gesamtauflage von acht Millionen bei Hahnes dort veröffentlichten Büchern.

Einen Teil davon verkauft er selbst, und so füllt sich die Kasse an diesem Tag prächtig – obwohl er die Bücher für zehn statt der üblichen zwölf Euro verkauft. Als "geschenkt" hat der örtliche Pastor das zuvor noch angekündigt. Hahne dürfte es freuen. Freimütig betont er noch, dass er von der üppigen Pension des ZDF sehr gut leben könne – und packt dann schnell seine Sachen. Wenige Minuten später braust er in seinem silbernen Mercedes davon: raus aus der Provinz und zurück in die Wahlheimat Berlin-Wilmersdorf.

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Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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