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Weihnachten in armen Familien - kein Geld für Geschenke


Weihnachten in armen Familien
Soheila kann ihrer Tochter keine Wünsche erfüllen

Von dpa
Aktualisiert am 23.12.2014Lesedauer: 3 Min.
Weihnachten ohne Geschenke? Traurige Realität für viele Kinder in Deutschland.Vergrößern des BildesWeihnachten ohne Geschenke? Traurige Realität für viele Kinder in Deutschland. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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In Deutschland leben laut Kinderschutzbund 2,5 Millionen Kinder in Armut. Weihnachten ist für ihre Familien eine schwere Zeit. Geschenke können sie sich kaum leisten, das Geld reicht so kaum. Ein Professor fordert eine Kindergrundsicherung und mehr Bildungschancen.

Mit ihrer Tochter in der Vorweihnachtszeit durch die Innenstadt zu gehen, fällt Soheila Alikhani schwer. Das Lieblingsziel der Siebenjährigen ist ein Spielzeuggeschäft, aber ihrer Mutter fehlt das Geld an allen Ecken und Enden. "Ich möchte gerne Weihnachten feiern wegen meiner Tochter", sagt die arbeitslose Iranerin, die vor acht Jahren nach Deutschland gekommen ist.

Mitmenschlichkeit leben

Die Wünsche sprudeln aus dem Mädchen nur so heraus: Eine Puppe, ein Nintendo-Spiel, eine Shrek-Figur, zwei CDs. Den Puppenwunsch hat ihre Mutter an die Caritas weitergegeben, von der sie betreut wird. Es war einer von mehr als 500 Wünschen von Bedürftigen, die am Weihnachtswunschbaum im Koblenzer Kundenzentrum der Energieversorgung Mittelrhein hingen, damit Menschen mit mehr Geld sie erfüllen konnten. Seit elf Jahren organisiert die Caritas laut Sprecher Marco Wagner die Aktion, "um bedürftigen Menschen zu Weihnachten eine besondere Freude zu bereiten."

Auch in anderen Städten stehen solche Bäume. "Jeder 'gepflückte' Wunschstern ist auch ein Zeichen der Mitmenschlichkeit", meint Caritas-Direktorin Martina Best-Liesenfeld.

Auch Christian Zainhofer, Vorsitzender des Kinderschutzbundes Rheinland-Pfalz ruft dazu auf, solche Wünsche zu erfüllen. Auch im direkten Umfeld könne man sich umschauen, ob man eine Familie zu Weihnachten unterstützen kann. "Wenn man sieht, dass die nichts haben, kann man so Solidarität in unserer Gesellschaft zeigen."

Hartz-IV-Sätze reichen kaum für den alltäglichen Bedarf

Ronald Lutz von der Fachhochschule Erfurt, der zu "Menschen in besonderen Lebenslagen" forscht, hält Weihnachtswunschbäume indes für "symbolische Politik". Das helfe zwar den wenigen Menschen, die zufällig davon profitierten. Eigentlich sei es aber nur gut für die, die damit ihr schlechtes Gewissen beruhigten.

Lutz kämpft gemeinsam mit anderen Experten und zahlreichen Verbänden wie dem Kinderschutzbund seit 2009 für eine Kindergrundsicherung für alle in Höhe von 536 Euro monatlich. Diese müsse flankiert werden von einem "Bildungssystem, das Kinder fördert und nicht ausgrenzt" und frühen Erziehungshilfen für "erschöpfte Eltern", wie Lutz sie nennt. Damit meint er perspektivlose Eltern am Rand der Gesellschaft, die sich nicht ausreichend um ihre Kinder kümmern können.

"Weihnachten ist es besonders dramatisch, wenn kein Geld da ist", sagt Lutz. Die Hartz-IV-Sätze reichten gerade, um den alltäglichen Bedarf zu decken. Schon beim Kauf von "adäquater Kinderkleidung" kämen Eltern an ihre Grenzen. Ähnlicher Meinung ist der Kinderschutzbund im Land. "Die Neuregelungen waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein", kritisiert Zainhofer. Er glaubt nicht, dass der Gedanke, dass man die staatliche finanzielle Unterstützung für Kinder neu regeln müsse, schon in der Politik angekommen ist. "Aber wir geben nicht auf."

"Schmerzliche Erfahrung" für Kinder

2,5 Millionen Kinder unter 16 Jahren leben seinen Angaben zufolge in Deutschland in Armut. Diese Familien könnten nichts für Geschenke sparen. "Wo soll das Geld herkommen?", fragt auch Lutz.

Mutter Alikhani kennt das. Sie habe im Iran Landwirtschaft studiert, aber kein Geld, um ihr Diplom übersetzen und anerkennen zu lassen, sagt die 40-Jährige. Im Moment versuche sie, ihr Einkommen mit einem Mini-Job aufzubessern. Die ersten sechs Jahre hat sie sich allein um ihr Kind gekümmert. Jetzt hat der Vater die Betreuung übernommen, die Mutter springt ein, wenn er Taxi fährt. "Wir gehen spazieren, fahren Fahrrad oder hören Musik", sagt sie. Dinge, die nichts kosten.

So erleben die Kinder die Situation

Und was sagt ihre Tochter zu all dem? Sie scheint sich in eine Scheinrealität zu flüchten: "Ich habe mehr Spielsachen als meine Freundinnen." Ihre Mutter schüttelt ungläubig den Kopf, sie weiß, dass das nicht stimmt.

"Die Bewältigungsmuster von Kindern sind sehr unterschiedlich", weiß Lutz. Die einen verstünden, wenn ihre Eltern ihnen erklärten, warum sie ihre Wünsche nicht erfüllen können, und könnten damit umgehen - zumal sie häufig mit Kindern in ähnlicher sozialer Lage aufwüchsen. Aber natürlich sähen sie etwa im Fernsehen, was möglich sei - "eine schmerzliche Erfahrung".

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