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Wärmepumpen-Geschäft | Haus und Grund: "Das kann sich doch kaum jemand leisten!"


Eigentümerverband-Chef Warnecke
"Das kann sich doch kaum jemand leisten!"


Aktualisiert am 27.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Historische Fachwerkhäuser in Schwäbisch Hall: Auch der Denkmalschutz kann im Zuge des Wärmepumpeneinbaus zum Problem werden. (Quelle: Kickner/imago-images-bilder)

Die Wärmepumpe soll im kommenden Jahr die Gasheizung ablösen. Viele Hauseigentümer dürfte das vor immense Herausforderungen stellen, mahnt der Präsident von Haus und Grund, Kai Warnecke.

Geht es nach der Ampelregierung, kommt 2024 das praktische Verbot für den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen. Zuvor aber muss das Gebäudeenergiegesetz (GEG) noch durch den Bundestag, wo es die Fraktionen noch verändern können.

Nicht nur aus der Opposition gibt es dabei Kritik am Gesetzesentwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne). Auch die FDP als Koalitionspartner will die neuen Regeln für Immobilieneigentümer entschärfen. Im Gespräch mit t-online erklärt Kai Warnecke, der Präsident der Eigentümerinteressengemeinschaft Haus und Grund, was er für diesen parlamentarischen Prozess jetzt noch erwartet.

t-online: Der Entwurf fürs Gebäudeenergiegesetz und vor allem das Verbot für neue Öl- und Gasheizungen sorgt für hitzige Diskussionen. Auch Sie haben daran deutliche Kritik geübt. Was stört Sie so sehr daran, den Gebäudesektor emissionsärmer zu gestalten?

Kai Warnecke: Natürlich sollen Gebäude klimafreundlicher werden. Doch die Bundesregierung versucht es mit der Brechstange und macht dabei einen fundamentalen Fehler, der für viele Hauseigentümer sehr teuer werden könnte.

Worin besteht dieser Fehler?

Das Gesetz von Herrn Habeck sieht vor, dass neu eingebaute Heizungen ab dem Jahr 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. In der Praxis läuft das auf ein Verbot des Einbaus neuer Öl- und Gasheizungen hinaus. Doch das kann erst der zweite Schritt sein. Zunächst muss die kommunale Wärme- und Energieplanung erfolgen, um die Entscheidungsgrundlage für Eigentümerinnen und Eigentümer zu schaffen. Das muss im Bundestag dringend aneinandergekoppelt werden.

Was, befürchten Sie, passiert ohne eine solche Anpassung?

Vielen Eigentümerinnen und Eigentümern fehlt schlicht die Grundlage für die angestrebte Wärmewende. Wer nicht weiß, mit welcher Energie sein Gebäude in Zukunft versorgt wird, kann nicht in eine passende Heizung investieren. Im schlimmsten Fall könnte das dazu führen, dass einige Eigentümer innerhalb von wenigen Jahren zweimal eine neue Heizung kaufen müssen – das kann sich doch kaum jemand leisten!

Wieso sollte jemand denn zweimal seine Heizung austauschen, wenn diese noch funktioniert?

Nun, wer aktuell nicht sicher weiß, ob er in Zukunft Strom oder Fernwärme nutzen kann, aber eine neue Heizung benötigt, entscheidet sich eventuell falsch. In einigen Jahren muss er dann feststellen, dass seine Wohngegend nicht mit Fernwärme versorgt wird. Denn eines ist bereits klar: Wir werden in Deutschland nicht in der Lage sein, jedes Gebäude mit allen Energiealternativen zu versorgen.

Der Verband Haus & Grund vertritt die Interessen von Immobilien- und Grundstückseigentümern in Deutschland. Häufig tritt er damit auch als Interessenvertretung privater Vermieter in Erscheinung. Kai Warnecke ist seit 2016 Präsident des Verbandes.

Viele Hauseigentümer sind also über die Versorgungslage schlecht informiert. Aber muss es allein deswegen gesetzlich geregelt werden?

Wenn es nur die Hausbesitzer wären. Selbst die kommunalen Versorger sind planlos. Auf die Frage, welche Orte beispielsweise mit Fernwärme versorgt werden sollen, teilen viele mit, dass diese Entscheidung noch zehn Jahre dauern könnte. Und das ist nur ein Teil des Problems.

Wobei hakt es im Gesetzesentwurf denn noch?

Viele Eigentümer treibt die Frage der Förderung um. Bislang gibt es dazu nur eine Presseauskunft von den Ministern Habeck und Geywitz. Eine solche Ankündigung ist aber noch kein Gesetz. Viele Eigentümer fürchten, dass sie beim Umbau ihrer Heizungsanlage nicht unterstützt werden.

Gibt es denn Ihrer Meinung nach Anlass zu dieser Sorge?

In der Ankündigung auf der Seite des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es, dass keine Förderung für die Pflichten des Gebäudeenergiegesetzes auf den Weg gebracht wird. Es sollen nur Fälle gefördert werden, wo der Eigentümer mehr macht oder bereits früher investiert, als er laut Gesetz müsste. Damit bleiben aber viele auf hohen Kosten sitzen, die sie so nicht absehen konnten.

Aber es gibt doch auch bereits jetzt schon Förderprogramme für den Umbau auf energieeffizientere Heizungen?

Die Regierung bezieht die individuelle Situation der Eigentümer nicht genügend ein. Deshalb fordern wir: Es muss eine persönliche Förderkomponente und eine Härtefallklausel geben. Bei vielen Immobilien braucht es keine großen Investitionen oder das Geld der Eigentümer reicht. Aber beispielsweise den Bürgerinnen und Bürgern im ländlichen Raum oder vielen Rentnerinnen und Rentnern mit einer Durchschnittsrente von knapp über 1.000 Euro im Monat fehlt das Geld für die geforderten Investitionen.

Wie groß ist denn überhaupt der Anteil der Häuser in Deutschland, die für eine GEG-konforme Heizung weitreichend saniert werden müssten?

Wenn Sie durch eine Reihenhaussiedlung spazieren, wo die Gebäude 15 Jahre alt sind, sehen die alle unterschiedlich aus. Die Menschen investieren schließlich fortlaufend. Deswegen kann ich auch nur grob einschätzen, wie viele Gebäude in Deutschland weitreichend saniert werden müssen. Alle Häuser, die Niedertemperatur-geeignet sind, also Gebäude aus den letzten 20 Jahren, können ohne Probleme auf eine Wärmepumpe umgestellt werden. Für diese Eigentümer sind die Kosten also überschaubar.

Und bei älteren Gebäuden?

Bei Gebäuden mit Heizungstechnik aus den 60er- oder 70er-Jahren, wo auch an der Gebäudehülle seitdem wenig getan wurde, müssen Sie neben der Wärmepumpe auch die weitere Heiztechnik, zum Beispiel die Heizkörper, austauschen. Die Fenster brauchen eine gewisse Dichte und die Dämmung muss angepasst werden. Ansonsten laufen die Wärmepumpen in einem ineffizienten Bereich, die eine Explosion der Stromrechnung zur Folge hat.

Also muss bei solchen Gebäuden mehr Geld investiert werden?

Genau. Und das führt, je nachdem, zu Umbaukosten von – niedrig geschätzt – 1.000 Euro pro Quadratmeter. Das macht bei einem Einfamilienhaus mit 100 Quadratmetern Wohnfläche 100.000 Euro plus Kosten für die Wärmepumpe. Damit landen Sie schnell bei 150.000 Euro. Für manche Menschen bedeutet die Wärmewende also nur Mehrkosten von 10.000 Euro und für andere von 150.000 Euro. Das ist ein weites Spannungsfeld. Und je nachdem, wen welche Kosten treffen, ob Rentnerin oder Gutverdiener, wird das zum Problem für die Menschen.

Was raten Sie Eigentümern, die aktuell in die Sprechstunde bei Haus & Grund kommen und mit der Situation überfordert sind?

Als Erstes sollten sich Eigentümerinnen und Eigentümer einen individuellen Sanierungsfahrplan für ihre Immobilie erstellen lassen. Dazu kommt ein Energieberater vorbei, begutachtet das Haus und erläutert die nächsten Schritte. Wenn das Ergebnis dabei lautet, dass die Gebäudehülle, dazu zählen Wände, Decke, Fenster und Türen, saniert werden muss, können sie direkt Maßnahmen umsetzen, die ihren Energieverbrauch senken. Ist die Gebäudehülle in Ordnung, stellt sich die Frage, mit welcher Energie die Wohngegend künftig versorgt wird. Dann müssen die Hauseigentümer entscheiden, ob sie das Risiko eingehen und sofort handeln oder auf eine Entscheidung der Kommune warten wollen. Dass die Gemeinde möglichst schnell handelt, ist wieder eine politische Aufgabe.

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Gibt es auch etwas, wovon Sie explizit abraten?

Treffen Sie keine übereilten Entscheidungen und kaufen Sie nicht einfach irgendetwas. Vor allem: Bestellen Sie nicht noch schnell eine Gasheizung, denn man kann nicht wissen, ob der Gasversorger nicht schon 2035 abschaltet.

Herr Warnecke, vielen Dank für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Kai Warnecke
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