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Stichwort Streik: Was sind die Rechte und Pflichten?


Arbeitskampf
Streik: Die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern

t-online, sm

Aktualisiert am 29.01.2018Lesedauer: 5 Min.
Streik: Demonstration im Rahmen eines Arbeitskampfes.Vergrößern des BildesStreik: Demonstration im Rahmen eines Arbeitskampfes. (Quelle: GgWink/getty-images-bilder)
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Ob Lokführer, Piloten oder Metaller … sie alle verfolgen mit einer Arbeitsniederlegung dieselben Ziele: höhere Löhne, geringere Arbeitszeiten oder bessere Arbeitsbedingungen. Doch darf jeder zu jeder Zeit in den Arbeitskampf treten? Was sind die Rechte und Pflichten der Streikenden? Und steht am Ende der Verbraucher als der Verlierer da?

Was ist ein Streik?

Ein Streik bezeichnet die kollektive Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern eines Arbeitsbereiches, eines Betriebes oder einer Branche. Streiken dürfen alle Arbeitnehmer, Auszubildende oder auch Leiharbeiter – nicht nur Gewerkschaftsmitglieder. Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder sind vom Streikrecht ausgeschlossen. Da Praktikanten per se keine Arbeitnehmer sind, haben sie in der Regel kein Streikrecht. Auch können Schüler, Studenten oder zum Beispiel Strafgefangene nicht streiken, da sie keine auf einem Arbeitsvertrag basierende Leistung zurückhalten können.

Das Recht auf Streik basiert auf Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes und ist ein hohes Gut. Die Koalitionsfreiheit garantiert Gewerkschaften und Arbeitgebern, die Eckdaten der Arbeitsbedingungen frei von Eingriffen staatlicher Seite zu regeln.

Ziel von Arbeitsniederlegungen ist, den Forderungen der Arbeitnehmer bezüglich Arbeitsentgelt, Arbeitszeit oder Arbeitsbedingungen Nachdruck zu verleihen. Warnstreiks dienen den Gewerkschaften während laufender Tarifverhandlungen zur Untermauerung ihrer Forderungen. Sogenannte Wilde Streiks, die nicht von einer Gewerkschaft legitimiert wurden oder Sympathiestreiks durch eine befreundete Gewerkschaft, sind rechtswidrig. Neben wirtschaftlichen Streiks, die sich gegen Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände richten, nehmen politische Streiks Parlamente oder Regierungen ins Visier

Können Arbeitgeber streiken?

Arbeitgeber können nicht streiken, jedoch auf den Arbeitskampf ihrer Beschäftigten mit Aussperrungen oder Betriebsstilllegungen reagieren. Sprich: Ein Arbeitgeber muss nicht garantieren, dass die Produktion in dem Betriebsteil oder dem gesamten Betrieb aufrechterhalten wird. Dann erhalten auch die arbeitswilligen Arbeitnehmer keinen Lohn.

Wann ist ein Streik zulässig?

Der Arbeitnehmer hat im Rahmen eines durch eine Gewerkschaft organisierten Arbeitskampfes das Recht, seine Arbeit niederzulegen. Doch es gibt Einschränkungen: Zum einen gilt während der Laufzeit eines Tarifvertrages die Friedenspflicht, während derer nicht gestreikt werden darf. Zum anderen sollte das Ziel eines Streiks tarifrechtlich zulässig sein. Zugleich sollte der Arbeitsniederlegung auch nach Ende der Stillhaltezeit eine Runde an Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern vorausgegangen sein.

Scheitern die Verhandlungen und wird auch der Schlichtungsspruch einer neutralen Schlichtungskommission abgelehnt, kann die Gewerkschaft einen Streik als letztes Mittel (ultima ratio) ausrufen. Dem muss jedoch ein Beschluss des Hauptvorstandes der Gewerkschaft vorausgegangen sein. Weitere Voraussetzung ist die Zustimmung von mindestens 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in einer Urabstimmung.

Wann und unter welchen Bedingungen endet die Friedenspflicht?

Die Friedenspflicht beläuft sich auf die Dauer eines Tarifvertrages. Können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach dem Auslaufen des Tarifvertrages in den Punkten Lohn, Arbeitszeit oder Arbeitsbedingungen nicht einigen, treten zunächst neutrale Schlichter auf den Plan. Sollte die Schlichtung nicht fruchten, erlischt die Friedenspflicht.

Kann ein Streik unendlich dauern?

Der Streik fungiert gewissermaßen als Kräftemessen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der Länge eines Streiks sind schon allein durch die wirtschaftliche Lage beider Parteien Grenzen gesetzt. Arbeitnehmer erhalten statt ihrem Gehalt Streikgeld aus den Kassen der Gewerkschaften, das in der Regel unterhalb der Nettobezüge liegt. Auf der anderen Seite können Arbeitgeber nicht auf Dauer auf die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen verzichten. Und auch Streikende müssen die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens berücksichtigen. Sprich: Ein Streik darf nicht die Insolvenz des Unternehmens zur Folge haben. Bei einem Ärztestreik muss die Notversorgung der Patienten gewährleistet sein. Eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen sollte ausgeschlossen sein.

Was ist, wenn ich trotz eines Streiks arbeiten möchte?

Dies sollte grundsätzlich möglich sein. Zwar versuchen Streikposten, arbeitswillige Kollegen von dem Ziel der Arbeitsniederlegung zu überzeugen und sie von der Arbeit abzuhalten. Doch dürfen Arbeitswillige nicht physisch am Betreten des Betriebsgeländes gehindert werden. Manchmal locken Arbeitgeber den sogenannten Streikbrechern mit einer Extraprämie.

Was droht bei der Beteiligung an einem unzulässigen Streik?

Ein unzulässiger also Wilder Streik oder Sympathiestreik – bezeichnet im ersten Fall eine nicht von einer Gewerkschaft autorisierte Arbeitsniederlegung und im zweiten den kollegialen meist kurzzeitigen Streik einer befreundeten Gewerkschaft. Beide Streikformen haben keine rechtliche Grundlage. Den beteiligten Arbeitnehmern drohen Abmahnungen, finanzielle Schadenersatzzahlungen oder auch Kündigungen des Arbeitsverhältnisses. Achtung: Dauert ein unrechtmäßiger Streik länger als einen Monat, riskiert der Arbeitnehmer seine Krankenversicherung.

Was passiert mit meinem Arbeitsvertrag und den Zusatzleistungen während eines Streiks?

Im Rahmen der Arbeitsniederlegung ruht der Arbeitsvertrag. Das heißt, der Arbeitgeber kann die Gehaltszahlung einstellen und wird dies in der Regel auch tun. Statt ihrem Gehalt können Gewerkschaftsmitglieder bei den Gewerkschaften Streikgeld beantragen. Nichtmitglieder gehen leer aus, können aber zumeist auch kurzfristig der Gewerkschaft beitreten.

Der Arbeitgeber kann zudem Leistungen wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die Zuschüsse zur Krankenversicherung oder zum Mutterschaftsgeld einstellen. Verabschieden müssen sich die Streikenden auch vom Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder vermögenswirksamen Leistungen, insofern der Arbeitskampf in den entsprechenden Leistungsmonat fällt. Da in dieser Zeit auch keine Beiträge für die Rentenversicherung geleistet werden, verringern sich die anrechnungsfähigen Versicherungszeiten.

Kann ich nach einem Streik entlassen werden?

Nein, einem Arbeitnehmer kann nicht mit der Begründung der Teilnahme an einer rechtmäßigen kollektiven Arbeitsniederlegung gekündigt werden. Arbeitnehmer haben nach Beendigung eines Streiks das Recht auf Weiterbeschäftigung.

Kann ich während eines Streiks Urlaub nehmen?

Steht ein Arbeitskampf bevor oder läuft bereits ein Streik, werden Arbeitgeber ihren Angestellten kaum Urlaub gewähren. Außer, sie haben diesen bereits im Voraus beantragt oder bereits angetreten.

Was passiert, wenn ich während eines Streikes krank werde?

Für Streikende entfällt die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sollten Sie jedoch den Streik beenden und erkranken, können Sie die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber verlangen. Doch Achtung: Beteiligen Sie sich trotz Krankschreibung an den Arbeitskampfmaßnahmen, droht die fristlose Kündigung.

Können Beschäftige diakonischer Einrichtungen streiken?

Hier gehen die Meinungen auseinander. Zum einen wird auf die verfassungsrechtliche kirchliche Selbstbestimmung und das paritätische Schlichtungsverfahren verwiesen, mit denen Mitarbeitern von Kirchen oder kirchlichen Einrichtungen ein Recht auf Streik verwehrt wird. Abweichende Meinungen werden von der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gedeckt.

Können Beamte streiken?

Nach vorherrschender Meinung haben Beamte in Deutschland kein Streikrecht. Das Saarland hat das Verbot eines Streiks für verbeamtete Staatsbedienstete sogar in der Landesverfassung verankert, Rheinland-Pfalz verbietet dies per Gesetz. Anders in Hessen: Hier sind Beamte im Streikrecht Angestellten und Arbeitern gleich gestellt. Doch sind auch hier kaum Arbeitsniederlegungen durch Beamte zu erwarten. Denn: Nach Artikel 31 des Grundgesetzes bricht Bundesrecht Landesrecht. Einen vorläufigen Schlusspunkt setzte vorerst das Bundesverwaltungsgericht, das im Jahr 2014 das Streikverbot für Beamte als solches bestätigte.

Im Januar 2018 wurde die Frage vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt. Während sich die Befürworter des Streikrechts auf internationales Recht, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) berufen, führen Gegner das besondere Treue- und Versorgungsverhältnis zwischen Beamten und Staat an. Mit einem Urteil wird erst in mehreren Monaten gerechnet.

Steht Beamten aktuell nicht das Streikrecht zu, dürfen sie auf der anderen Seite auch nicht als Streikbrecher eingesetzt, jedoch zu Mehrarbeit oder Notdiensten bei laufenden Streiks herangezogen werden.

Quellen:
- eigene Recherchen

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