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Tod | Nahtoderfahrungen: Studie zum Moment des Todes liefert Erklärung


Neue Studie zum Moment des Todes
Haben Herztote noch ein Bewusstsein?


Aktualisiert am 30.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Sterben: Ihre letzten Stunden verbringen viele Sterbende im Krankenhaus nicht würdevoll.Vergrößern des Bildes
Herzstillstand: Bedeutet er das Ende? Forscher haben nun neue Hinweise gewonnen, dass damit das Bewusstsein noch nicht sofort verschwunden ist. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Was geschieht im Gehirn, wenn das Herz stehengeblieben ist? Forscher haben das untersucht – und eine mögliche Erklärung für Nahtoderfahrungen entdeckt.

Ein Herzstillstand führt dazu, dass das menschliche Gehirn sämtliche Funktionen sofort einstellt – das war lange Zeit die Annahme von Medizinern. Klar ist, der Stillstand des Herzens geht unweigerlich mit dem Verlust des offenen Bewusstseins einher – sterbende Patienten reagieren also nicht mehr erkennbar auf Ansprache.

Eine andere Frage konnte bislang aber noch nicht sicher beantwortet werden: Können Sterbende ein verborgenes Bewusstsein haben? Verändert sich ihre Hirnaktivität also durch Reize messbar, auch wenn die Betroffenen äußerlich bewusstlos erscheinen?

US-amerikanische Forscher von der University of Michigan School of Medicine haben eine überraschende Entdeckung gemacht, die den Blick auf die letzten Minuten unseres Lebens ändern und Berichte von Nahtoderfahrungen besser erklären könnte: Das menschliche Denkorgan wird im Sterbeprozess noch aktiviert – trotz des Sauerstoffmangels, den der Stillstand des Herzens verursacht.

Nahtoderfahrungen durch erhöhte Hirnaktivität

"Nahtoderfahrungen, von denen berichtet wird, dass sie sehr klar und 'realer als real' sind und bei Menschen mit unterschiedlichem kulturellen und religiösen Hintergrund auftreten, wurden von 10 bis 20 Prozent der Überlebenden eines Herzstillstands beschrieben", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie, die im Fachjournal "PNAS" erschienen ist.

Inwiefern solche Nahtoderfahrungen damit zusammenhängen könnten, dass das Gehirn im Moment des Sterbens noch aktiv ist, versuchten die Wissenschaftler herauszufinden, indem sie die Signale des Elektroenzephalogramms (EEGs) und des Elektrokardiogramms von vier im Koma liegenden Herzinfarkt-Patienten vor und nach dem Ende der künstlichen Beatmung untersuchten.

Dabei zeigte sich, dass im Moment des Sterbens das Herz bei einem Teil der Patienten schneller schlug, auch die Gehirnwellen wiesen über mehrere Hirnbereiche hinweg eine kurze, ausgeprägte Aktivierung auf. Diese zeigt sich an der gestiegenen Aktivität der sogenannten Gamma-Wellen.

Hinweis auf ein verborgenes Bewusstsein

Diese Hirnwellen sind als Signale im Elektroenzephalogramm (EEG) beobachtbar und bewegen sich beim Menschen in einen Frequenzbereich von 30 Zyklen pro Sekunde (30 Hertz, abgekürzt Hz) bis weit über 100 Hertz. Diese schnellsten Hirnwellen sind bei gesunden Menschen insbesondere beim schnellen Denken, bei Lernprozessen, körperlicher Anstrengung und erhöhter Aufmerksamkeit zu beobachten. Ein Aktivitätsanstieg der Gamma-Wellen gilt als physiologischer Hinweis für ein verborgenes Bewusstsein.

Die verstärkte Gamma-Aktivität zeigte sich bei einem Teil der sterbenden Patienten in einer Region der Großhirnrinde, die als entscheidend für die bewusste Verarbeitung von Informationen gilt. Mehrere ebenfalls davon betroffene Hirnbereiche bringen Wissenschaftler unter anderem mit veränderten Bewusstseinszuständen und dem Träumen in Verbindung. Die Forscher erklären dies mit der Minderversorgung des Körpers mit Sauerstoff.

Gehirn im Sterben noch einmal "innerlich aufgeweckt"

"Lange dachten alle, das Gehirn sei dem Herz ausgeliefert und verhalte sich beim Herzstillstand wie ein stiller Beobachter, nachdem das Herz stehen bleibt", sagt Jimo Borjigin, Professorin für Neurologie und molekulare Physiologie, die die Studie mitverfasst hat. Die Untersuchung zeige, dass potenziell das Gegenteil der Fall sei, so Borjigin. "Das Gehirn ist super aktiviert, als ob es noch mal innerlich aufgeweckt wird."

Es sei aber noch unklar, was dies bedeutet und "warum man in diesem Augenblick subjektives Bewusstsein oder subjektive Wahrnehmung braucht" so die Forscherin. Es seien weitere Forschungen mit einer größeren Zahl an Patienten nötig.

Borjigin hatte bei zwei vorangegangenen und ebenfalls im Fachblatt "PNAS" publizierten Untersuchungen an Ratten bereits ähnliche Vorgänge beobachtet. Auch bei den Nagern zeigte das Gehirn eine auffällige Aktivierung der Gamma-Wellen unter Sauerstoffmangel und bei Herzstillstand.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • PNAS: "Surge of neurophysiological coupling and connectivity of gamma oscillations in the dying human brain"
  • PNAS: "Asphyxia-activated corticocardiac signaling accelerates onset of cardiac arrest"
  • PNAS: "Surge of neurophysiological coherence and connectivity in the dying brain"
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