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Affenpocken | Erste Todesfälle in Europa: Wer ist gefährdet?


Erste Todesfälle in Europa
Wie gefährlich ist der Affenpocken-Ausbruch?


Aktualisiert am 03.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Affenpocken (Illustration): Seit Mai wird ein neuer Ausbruch der Infektionskrankheit verzeichnet.Vergrößern des Bildes
Affenpocken (Illustration): Seit Mai wird ein neuer Ausbruch der Infektionskrankheit verzeichnet. (Quelle: Science Photo Library/imago-images-bilder)

Spanien meldet zwei Tote nach einer Affenpocken-Infektion. Weiterhin kursiert die Annahme, nur Homosexuelle seien gefährdet. Doch das ist ein Trugschluss.

Der erste große Affenpocken-Ausbruch außerhalb Afrikas weitet sich aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO gab jüngst die Zahl von über 16.000 bestätigten Infektionen in mehr als 70 Ländern bekannt und rief die internationale Notlage aus.

In Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Institut 2.677 Fälle in allen 16 Bundesländern bestätigt (Stand: 01.08.2022). Erstmals seit Beginn des Ausbruchs wurden nun zwei Tote in Europa gemeldet – in Spanien.

Der Tod einer der beiden Männer sei nach Angaben des regionalen Gesundheitsministeriums "durch eine infektionsbedingte Enzephalitis (Gehirnentzündung) verursacht". Zuvor hatte auch Brasilien einen Todesfall im Zusammenhang mit den Affenpocken bekannt gegeben, in Afrika wurden fünf Tote bestätigt, in Indien ist bislang ein Mensch nach einer Infektion gestorben. Was über die Krankheit bekannt ist.

Was sind Affenpocken?

Es handelt sich um eine bislang sehr seltene Viruserkrankung, die bis zum weltweiten Ausbruch im Mai vornehmlich in Afrika beobachtet wurde. Der Erreger ist eng mit dem der Pocken verwandt, dieser gilt jedoch als ausgerottet.

Entdeckt wurde die Erkrankung zunächst bei Affen. Doch das Hauptreservoir des Erregers scheinen Nagetiere zu sein, an denen Affen wie auch Menschen sich infizieren können. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist möglich, wie der aktuelle Ausbruch zeigt.

Wie werden Affenpocken übertragen?

Das Robert Koch-Institut teilt dazu mit: "Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nur bei engem Kontakt möglich. Sie kann durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten und den typischen Hautveränderungen (Pockenläsionen, z.B. Bläscheninhalt, Schorf) der Affenpocken-Infizierten stattfinden, unter anderem auch im Rahmen sexueller Aktivitäten."

Auch Umarmungen oder Massagen sind mögliche Infektionswege. Ebenso ist eine Übertragung möglich über Gegenstände wie Handtücher, Bettwäsche oder Kleidung, mit denen eine infizierte Person in Kontakt war.

Eine Infektion über Aerosole (ähnlich wie bei Corona) sei – so das RKI – "nach aktuellem Kenntnisstand unwahrscheinlich".

Wer kann sich mit den Affenpocken infizieren?

Bislang werden vorrangig in der homosexuellen Community Infektionen gemeldet. Eine Studie der Queen Mary University of London kam zu dem Ergebnis, dass 95 Prozent der Infektionsfälle auf sexuelle Kontakte zurückzuführen sind. Aktuell sind besonders homosexuelle Männer betroffen.

Das RKI betont aber ausdrücklich: "Das Risiko, sich mit Affenpocken zu infizieren, ist jedoch nicht auf sexuell aktive Menschen oder Männer, die Sex mit Männern haben, beschränkt. Jeder, der engen körperlichen Kontakt mit einer ansteckenden Person hat, kann sich infizieren. Jeder, der Symptome hat, die auf Affenpocken hindeuten, sollte enge körperliche Kontakte vermeiden und sich sofort von medizinischem Fachpersonal beraten lassen."

Wie äußert sich eine Affenpocken-Infektion?

Die Inkubationszeit – also die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten erster Symptome – beträgt bei der Viruserkrankung laut RKI zwischen 5 und 21 Tage.

Zunächst zeigen sich Symptome wie bei einem grippalen Infekt: Fieber, Erschöpfung, Kopf- und/ oder Muskelschmerzen. Einige Tage nach dem Auftreten des Fiebers kommt es meist zu dem typischen Hautausschlag in Form von Bläschen und Pusteln, die auch jucken oder schmerzen können. Infektiös ist ein Infizierter jedoch schon kurz vor dem Auftreten der ersten Symptome.

Aber: Ähnlich wie bei Corona gibt es auch Menschen, die trotz Infektion keinerlei Symptome zeigen.

Wie gefährlich sind Affenpocken?

Der Infektiologe Peter Kremsner erklärte in der vergangenen Woche im Gespräch mit t-online: "Im aktuellen Ausbruch gab es bisher in Europa keinen einzigen Todesfall bei über 10.000 Erkrankten, in Afrika auch nur ganz wenige. Das war überraschend. Offenbar hatten wir dazu Daten, die nicht stimmten, weil wir bei den Fällen in Afrika immer nur ganz wenige Schwerkranke sahen, von denen dann auch einige verstarben. Wahrscheinlich wurden viele leicht Erkrankte bisher in Afrika nicht erfasst."

Auch angesichts der nun gemeldeten Todesfälle scheint die Todesrate weiterhin sehr gering. Dennoch gelten Affenpocken als ernstzunehmende Erkrankung. Sie hinterlässt bei den Betroffenen jedoch meist keine bleibenden Schäden.

Gefährdet sind jedoch vor allem Kinder und Schwangere. Komplikationen sind bei allen Patienten möglich: Besonders bakterielle Infektionen, die parallel zur Infektion mit dem Affenpockenvirus auftreten, können gefährlich werden. Sie können zum Beispiel Lungen- oder Hirnhautentzündungen verursachen. Auf Letztere ist einer der beiden Todesfälle in Spanien zurückzuführen.

Wie werden Affenpocken behandelt?

Infizierten wird eine 21-tägige Isolation empfohlen, bis alle Pusteln und Krusten abgefallen sind, in ihnen befinden sich besonders hohe Virusmengen. Auch Kontaktpersonen und Personen im selben Haushalt wird eine Quarantäne empfohlen.

Behandelt werden vor allem die Symptome der Erkrankung, also etwa Fieber, Kopfschmerzen oder Juckreiz. Bei schweren Verläufen kommt der antivirale Wirkstoff Tecovirimat zum Einsatz, der seit Anfang des Jahres auch in der EU zugelassen ist.

Gibt es eine Impfung?

Ja, der gegen Pocken entwickelte Impfstoff Imvanex ist seit Kurzem in der EU auch gegen Affenpocken zugelassen. Er biete einen 85-prozentigen Schutz, heißt es. In Deutschland gibt es bislang 40.000 Dosen.

Durch die relativ lange Inkubationszeit des Virus bieten sich sogenannte Ringimpfungen an. Die engen Kontaktpersonen von Infizierten werden ermittelt und dann geimpft. Der Impfstoff wirkt auch noch sieben Tage nach einer Infektion und kann Krankheitsverläufe abmildern.

Auch die Menschen, die noch regulär gegen Pocken geimpft wurden, sollten laut WHO gegen Affenpocken geschützt sein. Die Pocken-Impfungen wurden Ende der 70er Jahre bis Anfang der 80er Jahre eingestellt. Der Erreger gilt als ausgestorben.

Sollte sich jeder gegen Affenpocken impfen lassen?

Eine flächendeckende Impfung der ganzen Bevölkerung gegen Affenpocken wird es wohl nicht geben. Das sei "sehr wenig wahrscheinlich", erklärte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, in der "Rheinischen Post". Empfohlen wird die Impfung für Risikogruppen.

Grund zur Panik sieht der Infektiologe Peter Kremsner nicht. Er hält vorsorgliche Impfungen für Risikogruppen derzeit nicht für nötig.

Wie schütze ich mich vor einer Affenpocken-Infektion?

"Das Virus ist bisher nicht ansteckender geworden und lässt sich in diesem Stadium gut im Griff behalten. Wir sehen kein exponentielles Wachstum, sodass bisher keine überbordenden Maßnahmen ergriffen werden müssen", meint Peter Kremsner. Man könne sich durch Abstandhalten gut vor einer Infektion schützen, so der Infektiologe im Gespräch mit t-online.

In einer früheren Version enthielt der Text einen Absatz zu einem angeblichen Vorfall in Madrid, bei dem eine Person in der U-Bahn hochinfektiös und unbeeindruckt mit Affenpocken unterwegs gewesen sei. Das entsprechende Foto eines Fahrgasts, nach seinen Angaben Arzt, mit seiner Darstellung des Hergangs hatte sich viral verbreitet. Nachdem der mutmaßlich Abgebildete in spanischen Medien inzwischen zitiert wird, dass er nicht an Affenpocken, sondern an Neurofibromatose erkrankt und die Darstellung des Arztes falsch sei, haben wir den Absatz entfernt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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