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Schlaf- und Beruhigungsmittel: Wirkung und Nebenwirkungen


Führen sie in die Abhängigkeit?
Wie Beruhigungsmittel im Körper wirken


Aktualisiert am 15.02.2024Lesedauer: 4 Min.
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Beruhigungsmittel sollten niemals über einen längeren Zeitraum ohne Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.Vergrößern des Bildes
Beruhigungsmittel sollten niemals über einen längeren Zeitraum ohne Absprache mit dem Arzt eingenommen werden. (Quelle: Oleg Elkov/getty-images-bilder)

In stressigen Phasen und unter Dauerbelastung nehmen viele Menschen Beruhigungs- und Schlafmittel ein. Die Folgen sind zum Teil gravierend.

Die Auswahl an Beruhigungsmitteln ist groß: Während manche zu sanften, pflanzlichen Mitteln greifen, beispielsweise mit Baldrian und Hopfen, nehmen andere rezeptpflichtige Beruhigungsmittel ein, beispielsweise Benzodiazepine. Wann helfen welche Mittel? Wie wirken sie und wann ist bei einer Einnahme Vorsicht geboten?

Schlaf- und Beruhigungsmittel: frei verkäuflich und rezeptpflichtig

Es gibt frei verkäufliche Schlaf- und Beruhigungsmittel und solche, die von einem Arzt verschrieben werden müssen. Zu den sanften Beruhigungsmitteln, die in Apotheken, aber auch Supermärkten und Drogerien erhältlich sind, gehören beispielsweise Präparate mit Baldrian, Melisse, Hopfen, Passionsblume, Johanniskraut und Lavendel. Rezeptpflichtig hingegen sind Benzodiazepine (zum Beispiel Lorazepam, Oxazepam, Diazepam, Bromazepam), aber auch Z-Drugs, beispielsweise mit den Wirkstoffen Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon.

"Benzodiazepine wirken beruhigend, dämpfend, entspannend, angstlösend und schlaffördernd. Sie sind aufgrund des hohen Suchtpotenzials rezeptpflichtig und sollten zeitlich nur begrenzt eingesetzt werden. Sie finden bei Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken Anwendung. Z-Drugs wirken ähnlich wie Benzodiazepine und sollten ebenfalls nur kurzzeitig und unter ärztlicher Begleitung eingenommen werden", sagt Dr. med. Rüdiger Holzbach, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Hochsauerland und Experte der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS).

Dr. med. Rüdiger Holzbach

Dr. med. Rüdiger Holzbach ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Hochsauerland und Experte der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS).

Wie wirken pflanzliche Beruhigungsmittel?

Zu den pflanzlichen Mitteln, auch als Phytopharmaka bezeichnet, gibt es keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Belege, dass diese Schlafstörungen lindern können. Dennoch berichten viele Anwender von einer beruhigenden und schlaffördernden Wirkung. Besonders Baldrian erfreut sich großer Beliebtheit. Stiftung Warentest ordnete Mitte dieses Jahres einige rezeptfreie Beruhigungsmittel mit hochdosiertem Baldrianwurzel-Trockenextrakt als "mit Einschränkung geeignet" ein bei nervöser Unruhe und bei Schlafstörungen. Allerdings müssten sie mehrere Tage bis Wochen eingenommen werden, bis sie ihre Wirkung entfalten und sind eher bei leichteren Beschwerden eine Option. Ihre Wirkung wird auf die enthaltenen ätherische Öle zurückgeführt. Diese sollen mit den Nervenzellen des Körpers interagieren und so eine entspannende und entkrampfende Wirkung haben.

Pflanzliche Beruhigungsmittel: nicht ganz ohne Nebenwirkungen

Pflanzliche Beruhigungsmittel haben den Vorteil, dass sie kaum Nebenwirkungen haben. Dennoch können bei der Einnahme unter Umständen allergische Reaktionen, Übelkeit oder Bauchkrämpfe auftreten. Laut der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ist beispielsweise in Bezug auf Baldrian bekannt, dass zu hohe Dosen zu Müdigkeit am Tag, Bauchkrämpfen, einem Engegefühl in der Brust, Benommenheit und Händezittern führen.

"Obwohl pflanzliche Beruhigungsmittel in der Regel gut verträglich sind, sind Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten nicht auszuschließen. Wenn Krankheiten bestehen, etwa eine Allergie oder Atemwegserkrankung, oder wenn Medikamente eingenommen werden müssen, sollte eine Einnahme unbedingt mit einem Arzt abgestimmt werden", rät Holzbach.

Rezeptpflichtige Beruhigungs- und Schlafmittel unter ärztlicher Begleitung einnehmen

Rezeptpflichtige Beruhigungs- und Schlafmittel wie Benzodiazepine, Z-Substanzen, Antihistaminika, melatoninhaltige Medikamente, Antidepressiva sowie Antipsychotika gehören zu den stark wirkenden Medikamenten mit beruhigender und schlaffördernder Wirkung. Sie sollten mit Bedacht eingenommen werden. So hilfreich und unterstützend die Anwendung ist: Sie birgt auch Risiken.

Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) zufolge sind Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Schmerzmittel die am häufigsten gebrauchten Medikamente mit eigenständigem Missbrauchs- beziehungsweise Abhängigkeitspotenzial. Auch das Absetzen sollte unter ärztlicher Begleitung erfolgen. Die Mittel dürfen nicht abrupt abgesetzt werden, sondern sollten langsam ausgeschlichen werden. Zeitdauer und Dosierung der Entwöhnung legt der behandelnde Arzt im individuellen Fall fest.

So wirken Benzodiazepine und Z-Drugs

Die Wirkung von Benzodiazepinen und Z-Drugs beruht auf einer Dämpfung der Reizweiterleitung im zentralen Nervensystem. Dies geschieht vor allem durch eine erleichterte Bindung des hemmenden Neurotransmitters Gamma-Amino-Buttersäure (GABA). "Durch die Dämpfung der Reizweiterleitung im Gehirn und Rückenmark entsteht die angstlösende, schlafanstoßende, muskelentspannende und krampflösende Wirkung", erklärt Holzbach.

Laut der DHS könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass beruhigend wirkende Substanzen in niedrigen Dosierungen angstlösend und in höheren Dosierungen schlafanstoßend wirken. Somit sei die Grenze zwischen Schlaf- und Beruhigungsmitteln (Hypnotika und Sedativa) fließend und überwiegend dosisabhängig.

Unerwünschte Wirkungen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln

Allerdings bringt die Einnahme von Beruhigungsmitteln oftmals auch unerwünschte Wirkungen mit sich, etwa Aufmerksamkeitsstörungen, Gedächtnisprobleme, Sehstörungen, Blutdruckabfall, verwaschene Sprache, motorische Unsicherheiten, Sehprobleme, Verwirrtheit, Halluzinationen und Albträume. "Bei lang wirksamen Benzodiazepinen besteht zudem die Gefahr von Nachwirkungen am nächsten Morgen, 'hang over' genannt. Dies kann, ähnlich wie beim Restalkohol, zu Einschränkungen der Reaktions- und Koordinationsfähigkeit führen", erklärt der Experte. "Das hohe Suchtpotenzial besteht, weil sich der Körper rasch an die Wirkstoffe gewöhnt und immer höhere Dosen braucht, um mit Ängsten umgehen zu können oder in den Schlaf zu finden."

4-K-Regel schützt vor Abhängigkeit

Bei sachgerechter Verordnung und Anwendung ist das Risiko eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeitsentwicklung laut dem Experten als gering einzustufen. Besonders die 4-K-Regel der Bundesärztekammer – konkrete Diagnose, kleinste Dosis, kurzfristige Einnahme, kein abruptes Absetzen – senke das Risiko einer Abhängigkeit. Ein mögliches Abhängigkeitsrisiko sollte Holzbach zufolge nicht dazu führen, dass Patientinnen und Patienten auf eine therapeutische Behandlung verzichten.

"Rezeptpflichtige Beruhigungs- und Schlafmittel sind für viele ein wichtiger und unverzichtbarer Therapiebaustein in der Behandlung", sagt Holzbach. "Entscheidend ist eine sachgerechte Verordnung, Einnahme und Therapiebegleitung. Ebenso wichtig ist es, dass sich Patienten nicht nur auf die Wirkung der Medikamente verlassen, sondern auch selbst aktiv an der Bewältigung von Krisen und Krankheiten mitarbeiten."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • dhs.de: "Schlaf- und Beruhigungsmittel". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. November 2023)
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