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Stoffwindeln oder Wegwerfwindeln: Eine Glaubensfrage?


Waschen oder wegwerfen?
Auch Stoffwindeln verbrauchen Ressourcen

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 24.03.2017Lesedauer: 5 Min.
Eltern können zwischen Stoff- und Wegwerfwindeln wählen.Vergrößern des BildesEltern können zwischen Stoff- und Wegwerfwindeln wählen. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Stoffwindeln sind öko und produzieren stinkende Wäscheberge, finden die einen. Für die anderen sind sie dagegen eine moderne Alternative, um die Wegwerfgesellschaft nicht mehr zu unterstützen.

Die typische Stoffwindel gibt es nicht. Stattdessen lassen sich zahlreiche Varianten finden, die man anstelle der üblichen Wegwerfwindel verwenden kann. Sie heißen Hybridwindeln, All-in-one-Windeln oder Pocketwindeln.

Stoffwindeln sind eine Wissenschaft für sich

Bei manchen ist eine innere Windel bereits integriert, bei anderen ergänzt man diese je nach gewünschtem Sauggrad. Die meisten Systeme arbeiten mit verschiedenen Einlagen aus Hanf, Viskose, Baumwolle oder Mikrofaser und Überhosen. Als besonders angenehm bei empfindlicher Haut gelten Schurwolle und Seide, wobei diese allerdings extrem pflegeaufwendig sind und nicht mal schnell in die Maschine geworfen werden können.

Die meisten Eltern, die sich für Stoffwindeln entschieden haben, nutzen zusätzlich zur Einlage ein Vlies, das das große Geschäft auffängt und in der Toilette entsorgt werden kann. Funktioniert gut bei größeren Kindern, beim Anfangsstuhl ist es eher schwierig, weil dieser oft flüssig auftritt.

Leihpakete vereinfachen den Start

Margarethe, deren Tochter gerade selbst ein Baby bekommen hat, ist begeistert von den neuen Stoffwindeln. "Eigentlich ist es das Gleiche, was wir schon früher genutzt haben – nur mit besseren Materialien, dank Druckknöpfen und Klettverschlüssen viel einfacher zu verschließen und noch dazu deutlich bunter."

Margarethe möchte ihre Tochter unterstützen und hat für sie ein All-Inklusive-Starter-Paket gekauft. Sie ist überzeugt davon, dass ihre Tochter von dem System begeistert sein wird. Aber sie hätte es auch leihen und Verschiedenes ausprobieren können: einige Onlineshops bieten Unentschlossenen einen solchen Service an.

"Ich finde die Stoffwindelsysteme sinnvoll. Schon deswegen, weil man damit automatisch breit wickelt und das gut für die Babyhüften ist. Und sie sind umweltfreundlich. Mit ihnen quillt die Mülltonne nicht über", sagt die frischgebackene Oma.

Auch Stoffwindeln verbrauchen Ressourcen

Umweltfreundlichkeit ist ein Hauptargument der Befürworter – und nicht das schlechteste, wenn man sich den Berg an Wegwerfwindeln einmal ausrechnet, den allein die rund 2,8 Millionen Null- bis Dreijährigen in Deutschland pro Jahr verbrauchen.

Laut einem Leipziger Windeldienst werden pro Jahr etwa eine Milliarde Wegwerfwindeln verbraucht. Diese Menge entspricht einem Müllberg mit einem Volumen von rund 860.000 Kubikmetern. Oder anders gesagt: dem Inhalt von rund 18.000 Müllfahrzeugen.

Die Kosten für Wegwerfwindeln summieren sich

Die Kosten sind auch nicht ohne: Verbrauchen Eltern für ihr Kind sechs Windeln pro Tag, und das über einen Zeitraum von drei Jahren, so müssen sie für günstige Drogeriemarkt-Windeln (rund 15 Cent pro Stück) immerhin fast 1000 Euro bezahlen. Öko-Wegwerfwindeln (rund 20 Cent pro Stück) schlagen mit etwa 1300 Euro zu Buche, und Markenwindeln (25 Cent pro Stück) kosten in drei Jahren insgesamt rund 1600 Euro.

Allerdings sind immer mehr Einwegwindeln ökologisch leichter abbaubar. Auch das Anbauen der Baumwolle, das Waschen und Trocknen der Stoffwindeln verbraucht Energie und vor allem Wasser und belastet die Umwelt mit der entsprechenden Menge an Waschpulver.

Um wirklich umweltfreundlich zu handeln, müsste man nicht nur darauf achten, die Windeln aus ökologischem Anbau zu kaufen, sondern dürfte sie nicht auskochen und müsste sie an der Luft trocknen. Den Schutz der Ressourcen kann man also sowohl hier wie da mit seinem Handeln beeinflussen.

Das Kind in trockenen Tüchern haben

Aber Stoffwindeln bieten mehr als Umweltfreundlichkeit: Betrachtet man die komplette Wickelperiode, spart man eine Menge Geld. Anfangs muss man aber deutlich mehr investieren. Eine einzelne Windel – die es mit Klettverschluss, Druckknöpfen oder zum Binden gibt – kostet oft mehr als zehn Euro und davon sind einige nötig. Dazu kommen noch die Saugeinlagen und Überhosen.

Mit drei- bis vierhundert Euro Ausgaben müssen Eltern also rechnen. Dann allerdings ist das Kind nicht nur langfristig in trockenen Tüchern, sondern auch noch chic. Je nach Geschmack gibt es bei den Überhosen nämlich die verschiedensten Variationen.

Wer mehr als ein Kind bekommt und die einmal gekauften Stoffwindeln für das zweite Kind weiter nutzt, spart natürlich mehr. Wegwerfwindeln würden doppelt so viel kosten, weil man für zwei Kinder doppelt so viele kaufen muss, Stoffwindeln dagegen kommen bei zwei Kindern auf den halben Preis – plus den Kosten fürs Waschen.

Windeldienste helfen, den Wäscheberg im Zaum zu halten

Der Wäscheberg zu Hause wird dadurch allerdings nicht kleiner. Dabei kommt man mit Babys und Kleinkindern sowieso mit dem Waschen kaum nach – ohne Trockner oder sehr viel Platz zum Aufhängen wird es knapp.

Doch wenn man das entsprechende Geld investieren möchte, braucht man die Windeln nicht einmal selbst zu waschen. Dafür kann man – und auch das gab es schon früher – einen extra Windeldienst bestellen, der einmal pro Woche die benutzten Windeln abholt und frisch gewaschene bringt.

Eltern, die einen Windeldienst nutzen, liegen finanziell aber nicht mehr günstiger als Eltern mit Wegwerfwindeln, auch nicht bei Jahrespauschalpreisen. Wie man bis zum Abholtag die gebrauchten Windeln verpackt, ohne dass sie ihren kompletten Geruch entfalten, sollte man sich ebenfalls gut überlegen. Denn sonst verteilt sich der bisweilen doch sehr durchdringende "Duft" im gesamten Haushalt.

"Ich habe meiner Tochter einen Wäsche-Wasch-Gutschein zum Windelpaket dazu geschenkt. Ich habe mehr Zeit als sie und unterstütze sie da gerne", sagt Margarethe.

Stoffwindeln können das Sauberwerden unterstützen

Viele Nutzer von Stoffwindeln kombinieren diese mit Wegwerfwindeln. Im Alltag nutzen sie die Stoffvariante. Nachts, für Reisen oder bei Krankheiten greifen sie auf die Wegwerfvariante zurück, die auch leichter zu transportieren und zu besorgen ist.

Wenn es darum geht, dass das Kind sauber werden soll, scheint sich die Stoffwindel bewährt zu haben. Denn ganz so trocken und saugstark wie die üblichen Windeln können Stoffwindeln nicht sein. Das Kind spürt sehr viel früher, dass es nass ist und bekommt dadurch möglicherweise ein besseres Gefühl für seine Ausscheidungen. Ein entscheidender Faktor beim Sauberwerden.

Wirklich früher trocken wird ein Kind dadurch sicher nicht. Denn hier handelt es sich nicht um eine durch Erziehungsmaßnahmen oder Windelsorte beeinflussbare Verhaltensweise, sondern um einen natürlichen Reifeprozess, der nicht bei jedem Kind gleich ist.

Eine mögliche Alternative bei Allergien

Auch was die Empfindlichkeit der Haut angeht, kann man nicht alle Babys über einen Kamm scheren. Gerade bei den Kindern, die zu Allergien neigen oder die häufig mit Windeldermatitis zu kämpfen haben, lohnt es sich, einmal gut gespülte Stoffwindeln auszuprobieren.

"Stoffwindeln sind weder schlechter noch besser als Synthetiks", so der Sylter Urologe Wolfgang Bühmann. "Es kommt auf die Technik an: Sind Stoffwindeln dick genug, um die notwendige Saugkraft aufzubringen, können sie ihren Vorteil der Hautfreundlichkeit als Naturfaser ausspielen. Andererseits sind Wegwerfwindeln ebenfalls akzeptabel, wenn sie von Babys Haut vertragen werden. Das ist sehr individuell und hängt wie so vieles von der Fürsorge und Zuwendung der Eltern ab."

Bessere Kontrolle beim Stillen

Wer Stoffwindeln benutzt, muss auf jeden Fall gut organisiert sein. Denn schnell mal beim Laden um die Ecke neue holen, geht nicht. Und um ein bereits mobiles Kind zu wickeln, braucht es einiges mehr an Geschick als bei der üblichen Variante.

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Eines ist sie auf jeden Fall, die Stoffwindel: Deutlich kuscheliger. Babys werden uns nicht sagen können, was schöner zu tragen ist. Aber die Erfahrungen mit inkontinenten Erwachsenen zeigen, dass diese häufig trotz der Nässedurchlässigkeit Baumwolle und andere Naturmaterialien angenehmer auf der Haut finden als Zellstoff und Plastik.

Wenn das Baby Pipi gemacht hat, dann spürt man das bei Stoffwindeln deutlicher. Denn gerade frischgebackene Eltern von gestillten Babys sind aufgrund der "superstarken Saugkerne" der Wegwerfwindeln häufig irritiert und können kaum beurteilen, ob das Kind genug pieselt – und auch genug trinkt.

Das ist mit einer Stoffwindel anders, hier ist es offensichtlich. Leider hin und wieder auch zu offensichtlich – wenn das Material die Pfütze mal wieder erfolgreich nach außen geleitet hat. Denn wo Luft reinkommt, kann eben auch Nässe rauskommen.

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