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Chirurgie: Tuch bei Kaiserschnitt im Bauch vergessen


Mysteriöser Medizinfall
Hoppla, was ist denn das?

spiegel-online, Heike Le Ker

Aktualisiert am 17.02.2014Lesedauer: 3 Min.
Bei einer Operation läuft nicht immer alles wie geplant.Vergrößern des BildesBei einer Operation läuft nicht immer alles wie geplant. (Quelle: dpa-bilder)
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Eine junge Mutter geht ins Krankenhaus, weil sie in ihrem Bauch eine große Wucherung ertastet. Nach einer Computertomografie raten die Ärzte zur Operation. Dabei fördern sie etwas zutage, was definitiv nicht in den Bauch eines Menschen gehört.

Die 28-Jährige hat schon viele Ärzte um Rat gefragt. Ihr Bauch tut zwar nicht weh, aber sie ist sich sicher, dass etwas nicht stimmt. Schon seit langem kann sie etwa in Höhe des Bauchnabels etwas Festes spüren. Doch bisher konnte ihr keiner der Ärzte helfen, jedes Mal ist sie ohne definitive Diagnose wieder nach Hause gegangen. Dabei war sie immer gesund. Ihr einziger Aufenthalt im Krankenhaus war die Geburt ihres Kindes vor vier Jahren. Der Kaiserschnitt verlief ohne Komplikationen, Mutter und Kind durften bald nach der Geburt nach Hause gehen.

Computertomografie zeigt homogenes Gebilde

Jetzt sucht die Frau Rat in der Universitätsklinik von Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania, wie die Chirurgen Brian Boone und Giselle Hamad im Medizinjournal "Jama" berichten. Die Ärzte dort untersuchen den Bauch ihrer Patientin: Sofort ertasten sie in ihrem ansonsten weichen Bauch die beschriebene Veränderung. Es ist eine feste, verschiebbare Struktur in der Mitte des Bauches, etwa so groß wie eine Pampelmuse.

Um die mögliche Wucherung von außen genauer betrachten zu können, lassen sie Schichtaufnahmen vom Bauch machen. Die Computertomografie-Bilder zeigen, dass es sich um ein homogenes Gebilde handelt, das auf Höhe der Nieren im vorderen Bauch liegt. Es scheint eine Kapsel zu haben und möglicherweise entzündet zu sein.

Eine Gebilde wie eine pralle Wasserbombe

Viel mehr können die Ärzte anhand der Bilder allerdings nicht sagen. Sie haben zwar bereits einen Verdacht, aber mit Gewissheit können sie noch nicht ausschließen, dass dort ein Tumor wächst. Daher raten sie der Frau zu einer Operation. Die Chirurgen wollen den Bauch öffnen, das Gebilde entfernen und es dann untersuchen.

Die Patientin ist einverstanden und wird schon kurze Zeit später operiert. Knapp unter der Bauchdecke stoßen die Chirurgen bereits auf die Wucherung. Sie ist weißlich, lässt sich leicht von der Umgebung ablösen und fühlt sich an wie ein elastischer Ball mit einer weichen Füllung - ähnlich wie eine pralle Wasserbombe mit einer dicken Haut.

Die Operateure können das Gebilde problemlos aus dem Körper entfernen. Sie legen es auf einen sterilen Untersuchungstisch und schneiden es auf. Eiter läuft heraus. Doch Blut, Nervengewebe, Muskeln, Knochen - Fehlanzeige. In der Kapsel befindet sich ein Tuch. Ein großes Operationstuch, wie es Chirurgen bei Bauch-Operationen verwenden, um Blut aufzusaugen. Das taten offenbar auch die Gynäkologen, die die Frau vor vier Jahren von ihrem Kind entbunden hatten. Dabei hatten sie das Tuch in ihrem Bauch vergessen.

Vergessliche Chirurgen

Tupfer, Klemme oder Tuch - wie oft Ärzte Operationsbesteck im Körper ihrer Patienten vergessen, ist unklar. Denn längst nicht alle Fälle werden entdeckt und nicht jeder gemeldet. Schätzungen gehen davon aus, dass so etwas bei einem von 1.000 chirurgischen Eingriffen passiert. Dabei haben die Operationsteams bereits verschiedene Kontrollen: Vor jeder OP werden alle Einzelteile, jeder Lappen, jeder Faden, jedes Skalpell gezählt. Am Ende des Eingriffes wird zweimal gezählt, ob alles wieder da ist.

Trotzdem hat das System Lücken. Hamad und Boone zitieren eine Untersuchung mit 34 Patienten, bei denen Chirurgen etwas im Körper vergessen hatten. Bei zwei Drittel von ihnen hatte das jeweilige Operationsteam nach dem Durchzählen angegeben, es sei vor und nach der OP die gleiche Anzahl von Instrumenten vorhanden gewesen. Auch Röntgenaufnahmen zur Kontrolle sind nicht immer effektiv. Ebenfalls nur in zwei von drei Fällen hatten Radiologen etwas im Körper von Patienten wiederentdeckt, was die Chirurgen dort vergessen hatten. Mittlerweile befinden sich auf vielen Instrumenten sogar Barcodes, nach denen man im Nachhinein suchen kann.

Die Folgen können lebensgefährlich sein

Für die Patienten steht durch die Unaufmerksamkeit der Operateure viel auf dem Spiel. Häufig reagiert der Körper mit heftiger Abwehr, starken Schmerzen oder schweren Entzündungen auf einen Fremdkörper. Dadurch können innere Organe verletzt werden, aus den Gefäßen kann es lebensgefährlich bluten.

Manchmal dauert es aber auch Monate oder sogar Jahre, bis der Betroffene etwas merkt. So wie im Fall der 28-jährigen Frau. Nachdem die Chirurgen das Tuch entfernt haben, geht es ihr wieder gut.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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