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Aus drei Gründen ist der Türkei-Flüchtlingsdeal illegal


Scharfe Kritik von Amnesty
Aus drei Gründen ist der Türkei-Flüchtlingsdeal illegal

Von afp, dpa, ap
03.06.2016Lesedauer: 3 Min.
In der Türkei weitgehend auf sich allein gestellt: syrische Flüchtlinge in Camps.Vergrößern des BildesIn der Türkei weitgehend auf sich allein gestellt: syrische Flüchtlinge in Camps. (Quelle: Reuters-bilder)
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Amnesty International ruft die EU dazu auf, den Flüchtlingsdeal mit der Türkei zu stoppen. Dieser verstoße gegen das Völkerrecht. Derweil ist in Deutschland laut einer Umfrage das Vertrauen in die Türkei massiv gesunken. Erst am Donnerstag hatte die Armenien-Resolution des Bundestages für scharfe Reaktionen in der Türkei gesorgt.

Die Rücksendung von Schutzsuchenden unter dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt sei "illegal und skrupellos", kritisierte Amnesty in einem aktuellen Bericht.

Vor Verantwortung drücken

Die verantwortlichen Politiker in der EU verbreiteten die "Fiktion", die Türkei sei ein sicheres Land, in das Flüchtlinge rechtmäßig zurückgeschickt werden dürften. Damit wolle sich Europa aber nur vor der eigenen Verantwortung drücken.

Die Türkei erfüllt laut Amnesty nicht die drei völkerrechtlichen Kriterien für die Rücksendung von Flüchtlingen: Die Geflohenen hätten dort keinen sicheren Rechtsstatus, weil die türkischen Behörden mit der Bearbeitung der Asylanträge überfordert seien und die Antragssteller oft jahrelang in Ungewissheit leben müssten.

Zweitens könne die Türkei den Flüchtlingen keine dauerhafte Perspektive bieten: Es gebe für viele Flüchtlinge weder die Option einer dauerhaften Niederlassung in der Türkei noch die Aussicht auf eine Ansiedlung in einem anderen Gastland.

Drittens könne die Türkei den vielen Flüchtlingen weder Versorgung noch Unterkunft bieten. "Rund drei Millionen Flüchtlinge und Asylbewerber sind sich selbst überlassen und müssen selbst eine Bleibe finden", heißt es in dem Bericht.

"Versagen, sobald die eigenen Werte getestet werden"

"Europa setzt seinen Ruf als Menschenrechtsverteidiger aufs Spiel", betonte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty. "Man kann nicht durch die Welt gehen und arme Länder mit erhobenem Zeigefinger zur Einhaltung der Menschenrechte ermahnen und versagen, sobald die eigenen Werte getestet werden." Die europäischen Länder hätten die Flüchtlingskonvention unterzeichnet und seien zum Schutz der Geflüchteten verpflichtet.

"Die Türkei ein sicheres Herkunftsland zu nennen, ist lachhaft", sagte Shetty. Europa habe seine Verpflichtung an die Türkei delegiert, aber die Türkei schicke die Menschen nun seinerseits zurück. "In der Türkei wird auf Menschen geschossen, die über die Grenze kommen wollen", sagte er.

Amnesty warf den europäischen Verantwortlichen vor, bewusst die Augen vor den Problemen in der Türkei zu verschließen. "In ihrem Bemühen um eine Abwehr von Flüchtlingen liefert die EU absichtlich eine falsche Darstellung dessen, was vor Ort in der Türkei wirklich geschieht", kritisierte der Amnesty-Direktor für Europa und Zentralasien, John Dalhuisen.

Wenn die europäischen Verantwortlichen der Meinung seien, "dass sie dies auf legale Weise tun können und ohne Verschlimmerung des Leids von Menschen, die ohnehin vor schrecklichem Leid geflohen sind, dann ist das ein tragischer Fehler", sagte Dalhuisen.

Appell an Angela Merkel

Shetty bezeichnete die Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar als "leuchtendes Beispiel". "Sie hat Mut und Überzeugung gezeigt und sich für ihre Werte eingesetzt." Aber mit der Türkeivereinbarung auf Kritiker zu reagieren sei kurzsichtig. Er appellierte an Merkel: "Bleiben Sie standhaft."

In der Türkei leben drei Millionen Flüchtlinge, darunter rund 2,75 Millionen Syrer. Der im März vereinbarte europäisch-türkische Pakt sieht vor, dass die Türkei alle auf irregulärem Weg auf die griechischen Inseln gelangten Migranten zurücknimmt.

Im Gegenzug nimmt die EU für jeden abgeschobenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf. Seither ist die Zahl der Flüchtlinge, die die Überfahrt nach Griechenland wagen, deutlich gesunken.

Diese Woche war die letzte Stufe des Abkommens in Kraft getreten, die der EU erlaubt, auch Bürger aus Drittstaaten in die Türkei zurückzuschicken.

Amnesty bekräftigte zudem den Vorwurf, dass Syrer in der Türkei von gewaltsamer Abschiebung in ihre kriegszerrüttete Heimat bedroht seien. Türkische Regierungsvertreter haben entsprechende Berichte der Menschenrechtsorganisation zurückgewiesen.

Der Bundestag hatte am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit das die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord verurteilt. Der Beschluss hat in der Türkei Verärgerung und scharfen Protest hervorgerufen. Umgehend rief die türkische Regierung ihren Botschafter aus Berlin zurück, in der Türkei selbst gab es anti-deutsche Proteste.

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