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Brexit-Abschied? Farage warnt vor "Auslöschung" der britischen Konservativen


Abschied vom Brexit?
Farage warnt vor "Auslöschung" der britischen Konservativen

  • David Schafbuch
Von David Schafbuch

Aktualisiert am 24.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Nigel Farage: Der Brexit-Hardliner droht mit der Rückkehr in die Politik. (Quelle: IMAGO/Lev Radin)

Sucht die britische Regierung wieder die Nähe zur EU? Öffentlich will das niemand zugeben. Doch das Volk scheint langsam am Brexit zu zweifeln.

Nigel Farage hat in diesen Tagen wieder viel Gesprächsbedarf. Glaubt man den Worten des Rechtspopulisten, der sich mittlerweile im politischen Ruhestand befindet, sieht er gerade sein Lebenswerk gefährdet. Ein Vierteljahrhundert habe er für den Brexit gekämpft, teilte er kürzlich in einer Videobotschaft auf Twitter mit. Doch jetzt seien in der britischen Regierung wieder "Globalisten" im Amt. Überhaupt habe bei den regierenden Tories nie jemand wirklich an den EU-Ausstieg geglaubt – im Gegensatz zu ihm.

Seine Botschaft lautete deshalb: Sollte die Regierung von einem harten Kurs gegenüber Brüssel absehen, werde er eingreifen. Er habe zwar nie geplant, wieder in die Politik zurückzukommen, aber er wolle dann nicht mehr an der Seite stehen und zusehen: "Wenn Sie konservativ sind, betrachten Sie dies als Warnung. Nein, Verzeihung, als Bedrohung."

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Dass Farage und andere Brexit-Enthusiasten derzeit alarmiert sind, liegt an Berichten vom vergangenen Wochenende. Da hatte die "Sunday Times" gemeldet, der neue britische Premier Rishi Sunak strebe grundsätzlich wieder eine Annäherung an die EU an. Als Vorbild diene dabei der EU-Kurs der Schweiz. "Ich denke, es gibt einen sehr guten Weg, der mehr Vertrauen schafft, als wir es jemals mit Boris Johnson oder Liz Truss hätten schaffen können", sagte eine nicht genannte Quelle aus dem Umfeld des Premiers. Auch in der "Financial Times" war zu lesen, dass in der Regierung Vergleiche zum deutschen Nachbarland gezogen wurden.

Briten zweifeln am Ausstieg

Nach Jahren, in denen sich die regierenden Tories immer weiter in ihrer Haltung zum Brexit radikalisierten, klingen die Worte nach mehr als nur einer kleinen Kurskorrektur. Es könnten die ersten Anzeichen dafür sein, dass die Partei ihren dogmatischen Pro-Brexit-Pfad verlassen könnte. Auch im Volk scheinen die Zweifel zu wachsen: Laut einer Yougov-Umfrage waren Anfang November 32 Prozent der Briten der Meinung, der EU-Austritt sei die richtige Entscheidung gewesen – ein neues Allzeittief. Steht das Land vor einer Wende?

Glaubt man dem Bericht der "Sunday Times", könnte die neue Marschrichtung folgendermaßen grob lauten: Anhand von bilateralen Abkommen wolle Großbritannien wieder Zugang zum europäischen Binnenmarkt erhalten. Gleichzeitig sei aber nicht beabsichtigt, dass sich EU-Bürger und Briten wieder sowohl auf der Insel als auch im EU-Raum frei bewegen können. Die Regierung strebe an, die Verhältnisse zu Brüssel innerhalb der kommenden zehn Jahre langfristig anzupassen.

Sunak rudert zurück

Auch wenn es sich nur um unbestätigte Gedankenspiele handelte, war der Aufschrei unter den vielen brexitfreundlichen Medien und politischen Hardlinern groß: Ein euroskeptischer Tory sagte der "Times", das Chaos der letzten Monate sei "ein Spaziergang im Park", verglichen mit dem, was passieren würde, falls Sunak das Brexit-Abkommen aufweichen würde.

Der Druck auf den Premier war dementsprechend schon Anfang der Woche so groß, dass er öffentlich die Berichte dementierte: Er habe schließlich für den Austritt gestimmt und sei sich bewusst, dass der Brexit dem Land bereits Vorteile gebracht habe und auch in Zukunft weiter bringen werde, sagte Sunak am Montag.

Dennoch scheint auch vielen Briten mittlerweile bewusst zu werden, welche Schäden der EU-Ausstieg verursacht hat: Längerfristig prophezeit die Wirtschaftsaufsicht OBR einen Rückgang des Handelsvolumens mit der EU um 15 Prozent.

Sturgeon will nicht aufgeben

Dazu sind auch politische Debatten aufgebrochen, die eigentlich als erledigt galten: Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kämpft nach 2014 aktuell erneut um ein Unabhängigkeitsreferendum. Sie begründet dies ebenfalls mit dem Brexit, den die Schotten bei der Abstimmung 2016 abgelehnt hatten. Der britische Supreme Court hat am Mittwoch zwar entschieden, dass die schottische Regionalregierung ohne Zustimmung aus London kein zweites Votum abhalten darf. Sturgeon will sich davon aber nicht beirren lassen.

"Wir sollten keinen Zweifel daran haben, dass von heute an die Demokratie auf dem Spiel steht", sagte Sturgeon nach der Urteilsverkündung in Edinburgh. Als Konsequenz hatte die Chefin der Scottish National Party (SNP) schon im Vorfeld angekündigt, die nächste Parlamentswahl zu einer De-Facto-Abstimmung über den Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich umzudeuten.

Labour: Keine Rückkehr in die EU

Insgesamt ist jedoch trotzdem nicht zu erwarten, dass in der nächsten Zeit die britische Regierung gänzlich ihre EU-Skepsis ablegt: Die heftigen Reaktionen zeigen, dass ein solcher Kurs sich schnell wieder zu einem Flächenbrand in der Tory-Fraktion entwickeln könnte. Gleichzeitig hat auch Oppositionsführer Keir Starmer von der Labour-Partei schon vor einigen Monaten angekündigt, dass seine Partei keine Rückkehr in die EU anstrebe.

Für den Polemiker Farage sind das allerdings keine Zeichen der Entspannung: Falls es doch zu einer Annäherung an die EU kommen sollte, warnte er davor, die Tories könnten bei der nächsten Wahl "ausgelöscht" werden.

Farage verwies dabei auf die Ergebnisse der EU-Wahl 2019: Damals hatte seine Pro-Brexit-Partei, die mittlerweile Reform UK heißt, auf der Insel mit 30,5 Prozent die meisten Stimmen geholt. Ein großer Aufschwung bei den kommenden Parlamentswahlen ist aktuell aber noch nicht zu erkennen: Laut Umfrage-Daten des Portals "Politico" ist die Partei seit rund zwei Jahren nicht mehr über einen Wert von fünf Prozent gekommen.

Verwendete Quellen
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