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Attentat in Brüssel: Islamischer Staat bekennt sich


Dutzende Tote und Verletzte
Islamischer Staat bekennt sich zu Anschlägen in Brüssel

Von dpa, afp, reuters, ap, t-online
Aktualisiert am 23.03.2016Lesedauer: 5 Min.
Sicherheitskräfte patrouillieren in Brüssel.Vergrößern des BildesSicherheitskräfte patrouillieren in Brüssel. (Quelle: dpa-bilder)
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Nach den Anschlägen von Paris traf es nun Brüssel: Terroristen haben Sprengsätze am Flughafen und in der U-Bahn der EU-Hauptstadt gezündet. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte. Die radikalislamische Miliz Islamischer Staat (IS) hat sich nach Angaben einer ihr nahestehenden Nachrichtenagentur zu den Anschlägen bekannt.

IS-Kämpfer hätten die Taten mit Sprengstoffgürteln und anderen Sprengsätzen begangen, berichtete die dem IS nahe stehende Online-Nachrichtenagentur Aamak am späten Nachmittag.

In einer zweiten im Internet verbreiteten Stellungnahme heißt es, mehrere "Soldaten des Kalifats" hätten den "Kreuzfahrerstaat Belgien" angegriffen. Dieser höre nicht auf, den Islam zu bekämpfen. Zugleich drohte der IS: "Wir versprechen den Kreuzfahrerstaaten, die sich gegen den Islamischen Staat verbündet haben, schwarze Tage, als Antwort auf ihre Aggression." Der IS hatte sich auch zu den Anschlägen in Paris am 13. November bekannt.

Razzia: Ermittler finden weitere Bombe

Am Dienstag gab es in Brüssel erneut mehrere Razzien. Bei den Hausdurchsuchungen haben Fahnder eine Flagge der Terrormiliz IS, einen mit Nägeln bestückten Sprengsatz und chemische Substanzen gefunden. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Abend mit. Die Durchsuchungen hätten in der nordöstlichen Stadtgemeinde Schaerbeek stattgefunden. Ermittler seien auf der Suche nach Verdächtigen, die mit den Attentaten zu tun haben könnten, berichtete der Sender RTBF mit Hinweis auf Justizquellen.

Möglicherweise seien in Brüssel auch jetzt noch potenzielle Attentäter unterwegs. "Wir fürchten, dass Personen noch auf freiem Fuß sind", sagte Außenminister Didier Reynders dem Fernsehsender RTBF.

Explosionen an Flughafen und U-Bahnstation

In Brüssel sind am Dienstag bei Explosionen am Flughafen und in der U-Bahn Dutzende Menschen getötet worden. Nach belgischen Medienberichten starben insgesamt mindestens 34 Menschen, davon 14 am Airport und 20 an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel. Es soll mindestens 187 Verletzte gegeben haben. Allein in der U-Bahn seien 106 Menschen verletzt worden, sagte Brüssels Bürgermeister Yvan Mayeur.

Der belgische Premierminister Charles Michel sprach von "blinden, gewalttätigen und feigen Anschlägen". Ob es sich bei den Terroristen um Unterstützer des erst am Freitag festgenommenen Hauptverdächtigen der Pariser Anschläge vom November 2015, Salah Abdeslam, handelte, ist bisher unklar.

Sicherheitskräfte wappnen sich gegen weitere Bluttaten

Michel sagte, die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten. Auch in vielen anderen europäischen Städten ging die Terrorangst um: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patroullierten an Flughäfen und an anderen Verkehrsknotenpunkten.

Am Brüsseler Flughafen gab es in kurzem Abstand zwei Explosionen. Die Anschläge wurden nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft "wahrscheinlich" von zwei Selbstmordattentätern verübt. Nach einem dritten Verdächtigen werde "aktiv gefahndet", sagte Generalstaatsanwalt Frédéric Van Leeuw am Abend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Michel.

Sicherheitskräfte haben nach Angaben des Provinzgouverneurs von Brabant Flandern noch eine dritte Bombe gefunden und unschädlich gemacht. Die Terrorwarnung in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben.

Suche nach Komplizen geht weiter

Der mutmaßliche Topterrorist Abdeslam war bei einem Polizei-Großeinsatz in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. Bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris, an denen er beteiligt gewesen sein soll, gab es 130 Todesopfer.

Seit Abdeslams Festnahme sucht Belgien noch mutmaßliche Komplizen. In belgischen Medien wird nun über die möglichen Täter und Drahtzieher der Anschläge vom Dienstag spekuliert. Immer wieder taucht vor allem der Name Najim Laachraoui auf. Er war erst vor Kurzem identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Auch Deutsche unter den Opfern?

Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein. Unklar ist bisher, ob auch Deutsche unter den Opfern sind. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat darüber noch keine Informationen. "Wir wissen nicht einmal, ob die Lage abgeschlossen ist", sagte er in Berlin. Nach dpa-Informationen erlitt eine Deutsche eine leichte Rauchvergiftung.

Nach Angaben von Augenzeugen ereigneten sich am Dienstagmorgen gegen 8 Uhr zunächst am Flughafen kurz nacheinander zwei Explosionen. Zeugen wollen zuvor Schüsse gehört haben. Laut Nachrichtenagentur Belga wurden am Flughafen Waffen gefunden. Belga verwies auf eine gut informierte Quelle, eine offizielle Bestätigung gebe es aber nicht. Eine Person habe etwas auf Arabisch gerufen, hatten mehrere Menschen der belgischen Nachrichtenagentur berichtet.

Metro-Wagen völlig zerstört

Gegen 9 Uhr kam es an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel von Brüssel zu einer weiteren Detonation - von hier aus sind es nur wenige Minuten zu Fuß zu wichtigen EU-Gebäuden, etwa zum Sitz der Europäischen Kommission. Die Explosion wurde in einer gerade eingefahrenen U-Bahn ausgelöst. Bilder vom Tatort zeigten einen völlig zerstörten Metro-Wagen.

Später kam es laut Belga zu noch einer Explosion in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Dabei handelte es sich aber wohl um eine kontrollierte Sprengung durch Experten, wie der Rundfunk RTBF unter Berufung auf Polizeikreise berichtete.

Schutz für Atomkraftwerke erhöht

Der Airport Brüssel-Zaventem wurde geschlossen. Flüge wurden umgeleitet, etwa nach Frankfurt und Düsseldorf. Zudem wurden alle Metro-Stationen und sämtliche Bahnhöfe in Brüssel gesperrt. Die Bahngesellschaft SNCB rief Reisende auf, die belgische Hauptstadt bis auf Weiteres nicht anzufahren. Die Deutsche Bahn stellte den Zugverkehr zwischen Aachen und Brüssel ein.

Auch der Schutz der belgischen Atomkraftwerke wurde verstärkt. Polizei sei vor Ort, ebenso Militär, hieß es vom Betreiber Engie.

Frankreich und Deutschland verstärken Kontrollen

Auch die Behörden im Nachbarland Frankreich erhöhten die Polizeipräsenz an den Grenzen sowie in Bahnhöfen und Flughäfen. Innenminister Bernard Cazeneuve schickte dafür 1600 zusätzliche Polizisten und Gendarmen in den Einsatz, wie er nach einem Krisentreffen bei Präsident François Hollande in Paris ankündigte. Hollande versprach Belgien seine Solidarität: "Frankreich und Belgien sind durch das Grauen verbunden, das wir ein weiteres Mal teilen."

In Deutschland verstärkte die Bundespolizei ihre Kontrollen, etwa am Flughafen Frankfurt. Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Anschläge als "schreckliches Verbrechen". "Deutschland steht angesichts dieser terroristischen Gewaltakte an der Seite Belgiens", schrieb er an König Philippe.

NRW-Minister fürchtet "Entgleiten" Belgiens

Neben viel Anteilnahme nimmt aber auch die Kritik an Belgien zu. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) fürchtet ein "Entgleiten" des Landes. Jäger zeigte sich besorgt über die Lage in Belgien: "Erschreckend ist, dass die belgischen Behörden von den Vorbereitungen offenbar nichts mitbekommen haben", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es sei zu befürchten, dass die Islamisten-Szene in Belgien "entgleitet".

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Der Salafismus im Brüsseler Stadtteil Molenbeek sei seit vielen Jahren gewachsen "und man hätte möglicherweise eher eingreifen müssen", sagte der Minister. "Es geht nicht um einzelne, sich selbst organisierende Täter, sondern es wurde strukturiert und abgesprochen vorgegangen. Das setzt Zellenbildung voraus", sagte er. "Es ist leichter, solche Zellen zu entdecken, als radikalisierte Einzeltäter. Und das ist das Erschreckende: Dass eine solche Zelle dort nicht entdeckt werden konnte."

Jäger betonte aber auch, dass die Sicherheitsbehörden im Nachbarland in den vergangenen Monaten ihre Maßnahmen deutlich hochgefahren hätten und erheblichen Kontrolldruck auf die Szene ausübten.

Erinnerungen an Anschlag auf Jüdische Museum

Auf Bildern vom Brüsseler Flughafen waren blutverschmierte Menschen mit zerrissener Kleidung zu sehen. In einer der Flughafenhallen stürzte offensichtlich durch die Wucht der Explosionen die Deckenverkleidung herab. Eine riesige Glasfront wurde zerstört.

Vor knapp zwei Jahren hat es in Brüssel den bis dahin letzten Anschlag gegeben: Der Islamist Mehdi Nemmouche erschoss im Mai 2014 bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum vier Menschen. Der Täter ist Franzose und wurde später in Frankreich verhaftet und nach Belgien ausgeliefert.

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