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UN-Klimagipfel: Hier muss Russland nicht am Katzentisch sitzen


Trotz Krieg und Terror
Hier sitzt Russland am Verhandlungstisch

  • Theresa Crysmann
Von Theresa Crysmann, Scharm el-Scheich

Aktualisiert am 08.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin am 7. November 2022, nördlich von Moskau: Während die Politelite sich zum UN-Klimagipfel in Ägypten trifft, bleibt er Zuhause. Eine Delegation schickt der Kreml dennoch.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin am 7. November 2022, nördlich von Moskau: Während die Politelite sich zum UN-Klimagipfel in Ägypten trifft, bleibt er zu Hause. Eine Delegation schickt der Kreml dennoch. (Quelle: IMAGO/Sergei Savostyanov)

Wer seinen Nachbarn überfällt, ist im Rest der Welt kein gern gesehener Gast. Geht es aber um die Lösung des größten Problems der Menschheit, gibt es Ausnahmen.

Russland auszuladen hat fast schon Tradition. Erst recht, seitdem das Land in die Ukraine einmarschiert ist und dort seit 258 Tagen versucht, den Nachbarn heim ins Zarenreich zu bomben.

Für den Weltwirtschaftsgipfel im Schweizer Örtchen Davos erhielt Putin dieses Jahr erstmals seit dem Zerfall der Sowjetunion keine Einladung. Der jüngst neu gegründete Europarat schloss Russland gänzlich aus, als einziges Land auf dem Kontinent. Auch die Beerdigung der Queen musste Putin sich im Fernsehen anschauen.

Und doch möchte man nicht überall auf die Teilnahme seines Regimes verzichten.

Trotz weltweiter Sanktionen gegen den Kreml und einer selten so einstimmigen UN-Klatsche für die Annektierung von Gebieten in der Ostukraine, ist Russland beim diesjährigen Weltklimagipfel präsent. Zwar ist Putin nicht selbst in den ägyptischen Küstenort am Roten Meer geflogen, und auch einen russischen Pavillon, in dem sich die Teilnehmerländer vor Ort präsentieren, sucht man auf der Ausstellungsfläche vergeblich. Allerdings hält eine Regierungsdelegation des Kremls die Stellung in Scharm el-Scheich.

"Da darf niemand fehlen"

Das ist gut so, sagt David Ryfisch, der den Gipfel für die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Germanwatch verfolgt. "Bei so einem multilateralen Prozess müssen alle zusammenkommen. Die Abstimmungen laufen konsensbasiert, da darf niemand fehlen", so der Experte. "Die Überlebensfrage Klima kann die Welt nur gemeinsam positiv beantworten."

Die Zahlen sprechen für sich: Die Russische Föderation rangiert auf Platz vier der Länder mit dem größten Treibhausgasausstoß der Erde. Noch mehr Klimagase produzieren nur Indien, die USA und, an erster Stelle, China. Klimaschutzverabredungen ohne Russland könnten daher auch nur beschränkten Fortschritt bringen.

Dass die Gesandten aus Moskau sich auf der UN-Klimakonferenz bereits einige Kritik eingefangen haben, dürfte auf die dortigen Verhandlungen jedoch kaum Einfluss haben, sagt Experte Ryfisch. "Zum Auftakt haben die Regierungschefs und -chefinnen die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine intensiv besprochen. Gerade bei den Themen Energie und Ernährung."

Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi, der auch offizieller Gastgeber des Gipfels ist, wünschte sich in diplomatischem Ton ein Ende des Krieges. Die Ukraine wählte im Plenum des Gipfels dagegen schärfere Worte.

Teilnahme aus Eigennutz

"Aber bei den eigentlichen Verhandlungen wird das gar nicht so thematisiert", so Ryfisch. Es sei wichtig, dass die große geopolitische Spannung nicht dazu führt, dass der Klimaschutz ausgebremst werde.

Die Temperatur in den auf Wollpullover-Kühle heruntergeregelten Konferenzräumen dürfte die Atmosphäre zwischen den Russen und einigen anderen Delegationen dennoch widerspiegeln. Die Präsenz des Kremls ist allerdings auch nicht ganz uneigennützig.

"Für die Russen ist es ganz wichtig, im globalen Süden unterstützende Länder zu identifizieren und an sich zu binden", sagt Ryfisch. "Gerade die Staaten, die sich nicht eindeutig gegen den russischen Angriffskrieg positioniert haben, gehören zur Gruppe jener, die durch den Klimawandel besonders verletzlich sind."

Als es Ende Oktober in der UN-Vollversammlung darum ging, die Annektierung ukrainischer Gebiete durch Russland zu verurteilen, enthielten sich unter anderem Burundi, die Republik Kongo, Eritrea, Äthiopien, Sri Lanka, der Sudan, Mali, Mosambik und Bolivien.

Der Klima-Risiko-Index von Germanwatch ordnet beispielsweise Mosambik auf Platz 1 und den Sudan auf Platz 11 der am stärksten gefährdeten Länder ein. Das heißt wiederum, so Ryfisch: "Wenn sich Russland isoliert, indem es die gesamten Klimaverhandlungen als Geisel nimmt, würde es sich aus strategischer Sicht schaden."

So mischen die Moskauer Delegierten auf dem Weltklimagipfel mehr oder weniger mit wie in Vorjahren. Sicher ist jedoch, dass sie auf dem Weg zu ihren Treffen einen großen Bogen um den Pavillon der Ukraine machen werden. Das Land ist erstmals mit einer Ausstellungsfläche auf der Konferenz vertreten und hat den Raum einem einzigen Thema gewidmet: Russlands Terror.

Verwendete Quellen
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