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Russlands Drohung fürs Schwarze Meer: "Wir müssen Schiffe beschützen"


Kreml-Drohung gegen Schiffe
"Dann sollte Russland nicht mehr in Häfen dürfen"


20.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ein Getreideschiff im Schwarzen Meer: Russland will die Sicherheit von Schiffen im Schwarzen Meer nicht mehr garantieren.Vergrößern des Bildes
Ein Getreideschiff im Schwarzen Meer: Russland will die Sicherheit von Schiffen im Schwarzen Meer nicht mehr garantieren. (Quelle: IMAGO/Yulii Zozulia)

Russland will internationale Frachtschiffe auf dem Weg in ukrainische Häfen als militärische Ziele behandeln. Wie muss die internationale Gemeinschaft reagieren?

Das Getreideabkommen zwischen Russland, der Ukraine, den Vereinten Nationen und der Türkei bot einen kleinen Lichtblick während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Ein winziges Zeichen, dass die Diplomatie noch nicht ganz gescheitert ist. Es regelte die Ausfuhr ukrainischen Getreides aus drei Schwarzmeerhäfen. Russland versicherte, internationale Frachtschiffe auf ihrem Weg durch das Schwarze Meer nicht anzugreifen.

Seit Montag gibt es das Abkommen nicht mehr. Russland hat es nicht verlängert. Am Mittwochabend folgte die nächste Eskalationsstufe: Der Kreml kündigte an, sämtliche Sicherheitsgarantien für Schiffe im Schwarzen Meer aufzuheben. Künftig werde jedes Schiff, das einen ukrainischen Hafen anläuft, von Russland als militärisches Ziel betrachtet. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass die russische Marine zivile Schiffe im Schwarzen Meer angreift? Und wie soll die internationale Gemeinschaft auf die russische Ankündigung reagieren?

"Wir dürfen uns Russland nicht beugen"

"Russland versucht, seinen Herrschaftsanspruch auf das gesamte Schwarze Meer auszudehnen", erklärt Nico Lange von der Zeitenwende-Initiative der Münchner Sicherheitskonferenz im Gespräch mit t-online. Eine neue Eskalationsstufe sei das zwar nicht, allerdings sei die russische Drohung eine neue Entwicklung, die die internationale Gemeinschaft nicht ignorieren dürfe. "Es ist internationales Recht, Seewege zu benutzen. Dahingehend dürfen wir uns Russland nicht beugen".

Die Sorge vor einer weiteren Eskalation ist allerdings groß. Am Mittwochabend trat Adam Hodge, der Sprecher des US-amerikanischen Verteidigungsausschusses, in Washington vor die Presse. Ihm zufolge habe das Weiße Haus Informationen darüber, dass Russland die Hafeneingänge der ukrainischen Schwarzmeerhäfen vermint habe. Auch die Hafenstädte Odessa und Mykolajiw sind in dieser Woche gezielt von Russland unter Beschuss genommen worden. Seit Montagabend habe Russland etwa 60.000 Tonnen Getreide durch den Beschuss mit Raketen vernichtet, erklärte die Regierung in Kiew am Dienstag.

Und damit noch nicht genug: Adam Hodge erklärte, Geheimdienstinformationen der Amerikaner würden darauf hindeuten, dass die Armee des russischen Präsidenten Wladimir Putin zivile Schiffe angreifen könnte. Die Soldaten könnten versuchen, der Ukraine die Schuld für diese Angriffe zuzuschieben, erklärte Hodge.

Experte: Die Internationale Gemeinschaft muss reagieren

Nico Lange hält die Warnung der Amerikaner für plausibel. "Seit Beginn haben die USA immer wieder Geheimdienstinformationen zu russischen Plänen veröffentlicht", erklärt der Experte. "Damit wollen sie verhindern, dass die Russen ihre Pläne in die Tat umsetzen."

Auch wenn bislang noch nichts passiert sei, müsse die internationale Gemeinschaft jetzt reagieren, fordert Lange. "Wenn Russland zivile Schiffe mit Minen oder gar Beschuss bedroht, sollten russische Schiffe weltweit keine Häfen mehr anlaufen dürfen", sagt der Sicherheitsexperte. "Es kommt jetzt auf die Reaktion der internationalen Gemeinschaft an", erklärt Lange. "Wir müssen unser Recht, die Seewege zu nutzen, weiter ausüben. Und wir müssen Schiffe im Schwarzen Meer beschützen".

Ihm pflichtet Salvatore Mercogliano bei, Professor für Seerecht und Seefahrtsgeschichte an der Campbell Universität im US-Bundesstaat North Carolina. "Bewaffnete Eskorten müssten neutrale Handelsschiffe im Schwarzen Meer schützen", sagte Mercogliano im Gespräch mit dem Fachportal "USNI News".

"Russland will den internationalen Zusammenhalt testen"

Unklar sei allerdings, wer die Eskortschiffe stellen könnte. Gerade die Nato-Staaten sollten sich am Schutz der Schiffe im Schwarzen Meer beteiligen, sagt Mercogliano: "Die Türkei könnte sich dazu bereit erklären, Rumänien und Bulgarien als Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres ebenfalls". Auch weitere Nato-Staaten könnten durch Unterstützungsteams an der rumänischen und bulgarischen Küste oder mit Teams auf den Eskortschiffen zum Schutz internationaler Handelsschiffe beitragen.

"Es kommt immer darauf an, wie stark sich ein Land beim Schutz der Schiffe aus Drittstaaten engagieren will", sagt Mercogliano. Die USA hätten gerade einen Zerstörer, F-35- und F-16-Kampfjets in die Straße von Hormus geschickt, um Handelsschiffe zu beschützen. "Im Schwarzen Meer können wir uns allerdings nicht zu diesen Schutzmaßnahmen entschließen", fügt er hinzu. Das könne damit zusammenhängen, dass die USA und andere Nato-Staaten Angst vor der Möglichkeit eines offenen Konflikts mit Russland hätten.

Auch Nico Lange von der Zeitenwende-Initiative der Münchner Sicherheitskonferenz fordert eine entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft. Denn mit seiner Drohung wolle Russland den internationalen Zusammenhalt testen, vermutet er. "Wir müssen jetzt Stärke zeigen. Wenn wir das tun und Russland damit seine Grenzüberschreitung aufzeigen, ist die Chance relativ gering, dass ein ziviles Schiff zu Schaden kommt".

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Nico Lange
  • news.usni.com: "Russia Lays Mines in Black Sea to Block Ukrainian Ports, NSC Says" (englisch)
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