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So reagiert der Iran auf den Nobelpreis für inhaftierte Iranerin


Narges Mohammadi ausgezeichnet
So reagiert der Iran auf Nobelpreis-Verleihung

Von Farhad Salmanian

Aktualisiert am 06.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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NOBEL-PRIZE/PEACE-MOHAMMADIVergrößern des Bildes
Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi: "Ich werde nie aufhören, für die Verwirklichung von Demokratie, Freiheit und Gleichheit zu kämpfen." (Quelle: MOHAMMADI FAMILY ARCHIVE PHOTOS/Reuters)

Der Friedensnobelpreis 2023 geht an die inhaftierte iranische Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi. Die staatlichen Stellen im Iran reagieren empört.

Die 51-jährige iranische Aktivistin Narges Mohammadi wird für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und für die Förderung der Menschenrechte gewürdigt. Das teilte das Nobelkomitee am Freitag in Oslo mit.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, kritisierte die Entscheidung des Nobelkomitees als "politischen Schachzug". "Jetzt sehen wir, dass das Komitee den Friedenspreis an eine Person verliehen hat, die wegen wiederholter Gesetzesverstöße und der Begehung krimineller Handlungen verurteilt wurde", schrieb Kanani in einer Stellungnahme bei Telegram.

Auch die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA bezeichnete die Bekanntgabe in Oslo als "politisch motiviert".

"Der Friedensnobelpreis sollte an Menschen verliehen werden, die den wichtigsten Beitrag zur Brüderlichkeit zwischen den Nationen und zur Förderung des Friedens in der Welt geleistet haben. Er ist aber derzeit zu einem Instrument der Bekämpfung des Friedens geworden", heißt es weiter in einem am Freitag veröffentlichten Beitrag der IRNA.

Lob von iranischen Experten und Journalisten

Gleichzeitig kamen in einem Diskussionsraum der Plattform Clubhouse rund 900 iranische User zusammen, u. a. Iran-Experten, Journalisten und Aktivisten – auch aus Deutschland. Mehrere Teilnehmer lobten das Nobelkomitee und die neue Preisträgerin.

Unter ihnen war auch der ehemalige Chefredakteur der Farsi-Redaktion des Auslandssenders Deutsche Welle, Dschamschid Barsegar. Im Gespräch mit t-online bezeichnete der Iran-Experte die Entscheidung als "einen großen Preis und eine wichtige Anerkennung für iranische Freiheitskämpfer". "Der Friedensnobelpreis geht an eine Person, die einen starken Hintergrund im Kampf für die Gleichheit und Freiheit der Menschen hat", fügte er hinzu.

"Die Bekanntgabe in Oslo kommt auch zur richtigen Zeit, da das Regime weiterhin ähnliche Verbrechen wie im letzten Jahr gegen die Frauen begeht", betonte Barsegar.

Deutschland begrüßt die Entscheidung

Narges Mohammadi, die derzeit inhaftiert ist, ließ ein Statement veröffentlichen. "Ich werde nie aufhören, für die Verwirklichung von Demokratie, Freiheit und Gleichheit zu kämpfen", zitierte die "New York Times" aus dem Statement der Iranerin. Sie werde weiterhin "gegen die unerbittliche Diskriminierung, Tyrannei und geschlechtsspezifische Unterdrückung durch die repressive religiöse Regierung kämpfen, bis die Frauen befreit sind".

Auch aus Deutschland kamen Glückwünsche. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, mit der Auszeichnung werde Mohammadis herausragendes Engagement für die Frauen im Iran gewürdigt. Sie sei vielen Menschen auch über den Iran hinaus ein Vorbild. "Trotz aller persönlichen Entbehrungen und Ihrer eigenen Inhaftierung erheben Sie weiterhin Ihre Stimme gegen die Unterdrückung der Frauen."

Zuvor hatten sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Onlinedienst X (vormals Twitter) gelobt und die Entscheidung begrüßt. Mehr dazu lesen Sie hier. Das UN-Menschenrechtsbüro erklärte, der Preis für Mohammadi lenke den Blick auch auf den Mut und die Entschlossenheit iranischer Frauen.

Mohammadi wurde bereits mehrfach verhaftet und verbüßt derzeit eine zehnjährige Haftstrafe im Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran. Es steht nicht fest, ob die Menschenrechtsaktivistin den Preis persönlich entgegennehmen kann.

Buch über inhaftierte Aktivisten im Iran

Im Jahr 2020 hatte Mohammadi ein zweibändiges Werk mit dem Titel "Weiße Folter" in Schweden veröffentlicht. Das Buch in persischer Sprache berichtet über das Schicksal inhaftierter Aktivisten im Iran, unter anderem mit ausführlichen Interviews mit ihnen. Sie ist nach Schirin Ebadi die zweite Friedensnobelpreisträgerin aus dem Iran. Ihr Ehemann lebt mit ihren zwei gemeinsamen Kindern in Frankreich.

Der Friedensnobelpreis gilt als wichtigster politischer Preis der Welt und ist mit umgerechnet etwa 950.000 Euro dotiert. Das Komitee in Oslo hat sich unter 351 Kandidaten für Mohammadi entschieden.

Ein weiterer Appell an iranische Machthaber

"Frauen – Leben – Freiheit" – der Slogan des letztjährigen landesweiten Aufstands im Iran – waren die ersten Worte der Vorsitzenden des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe der Entscheidung. Die erneute Verleihung des Friedensnobelpreises an eine iranische Menschenrechtsaktivistin ist ein weiterer Appell an die Machthaber in Teheran.

Die internationale Gemeinschaft versucht seit Jahren, diese dazu zu bringen, die Menschenrechte zu respektieren und sich an die internationalen Vereinbarungen zu halten.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und IRNA
  • bbc.com: "Narges Mohammadi: Iranian woman jailed for rights work wins Nobel Peace prize"
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