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Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza: Israel-Armee findet kaum Hamas-Terroristen


Soldaten stürmen Krankenhaus
"Haben sich 200 Hamas-Kämpfer in Luft aufgelöst?"

Von t-online, fho

16.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Waffenfund in Krankenhaus: Israelischen Armee veröffentlicht Video aus Al-Schifa-Klinik. (Quelle: reuters)
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Israels Armee hat bei der Erstürmung des größten Krankenhauses in Gaza Hunderte Patienten in katastrophalem Zustand vorgefunden. Hamas-Terroristen hingegen wurden offenbar kaum ausfindig gemacht.

Es galt als ein strategisch wichtiges Ziel im Krieg zwischen der Terrorgruppe Hamas und dem Staat Israel: das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza. Doch nachdem die israelische Armee (IDF) in der Nacht zum Mittwoch in die Klinik eingedrungen ist, sind viele Fragen offen.

Die IDF hat nach eigener Darstellung vor Ort zwar Waffen sichergestellt, doch die im Krankenhaus vermuteten 200 Hamas-Terroristen wurde bisher nicht gefunden. "Haben sich 200 Hamas-Kämpfer in Luft aufgelöst?", fragt deshalb nun unter anderem die "Jerusalem Post".

Offenbar nicht ganz: Fünf Hamas-Terroristen sollen außerhalb des Krankenhauses getötet worden sein. Seit Tagen ist die Region rund um die Klinik schwer umkämpft. Die heftigen Kämpfe am Mittwoch bestätigte ein Arzt, der vor Ort war. Es habe stundenlange Schusswechsel und Bombardements gegeben, berichtete der Mediziner der Klinik laut "Washington Post". Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Armeesprecher: "Schifa ist ein Symbol"

Ob die israelische Armee sich mehr von dem Einsatz erhofft hatte, ist unklar, aber naheliegend. Dem Krankenhaus Al-Schifa wird eine besondere strategische Bedeutung zugeschrieben – und das nicht erst seit Kurzem.

Bereits im Gaza-Konflikt 2014 hatten israelische Militärexperten betont, dass die Hamas das größte Krankenhaus in Gaza nutze und sich in darunter liegenden Tunnelsystemen verstecke. "Schifa ist ein Symbol, keiner von der Hamas-Führung hätte sich vorstellen können, dass wir dort hingelangen", erklärte Israels Armeesprecher Daniel Hagari nun erneut.

Nach dem Massaker am 7. Oktober 2023 seien 200 Hamas-Terroristen dort untergekommen, sagte Hagari weiter. Ein Arzt vor Ort bestätigte der BBC, dass es unter dem Krankenhaus Tunnelsysteme gebe, das sei allerdings unter quasi allen Gebäuden der Fall.

Wo sich die nun alle aufhalten, ist unklar. Klar ist hingegen: Die Hamas hatte Zeit, sich vorzubereiten. Dass das israelische Militär früher oder später versuchen würde, zu dem Krankenhaus vorzudringen, war absehbar. Es könnte also sein, dass die Terrororganisation Hamas Spuren vor Ort weitgehend beseitigt und an anderer Stelle Unterschlupf gefunden hat.

Doch die Zahl der möglichen Orte sinkt mit dem Vordringen der israelischen Armee. So wird bereits vermutet, dass sich Hamas-Terroristen auch unter Zivilisten gemischt haben könnten, um zu entkommen, und sich deshalb mittlerweile in größerer Zahl im Süden Gazas aufhalten.

Denn selbst wenn die Zahlen der israelischen Armee stimmen, wonach bislang 5.000 Hamas-Terroristen getötet wurden, ist das nur ein kleiner Teil der geschätzten 30.000 Hamas-Terroristen, die es insgesamt geben soll.

Israelische Medien wie die "Jerusalem Post" hinterfragen deshalb die Strategie der Armee. Warum erfolgte der Zugriff auf das Krankenhaus erst jetzt? Hat das den Terroristen zu viel Zeit verschafft? Von der Armee selbst gab es dazu bislang keine einheitlichen Antworten. Am Mittwoch hieß es vom IDF lediglich, es sei "eine präzise und gezielte Operation" durchgeführt worden.

Waffen gefunden

In einem siebenminütigen Video präsentierte Armeesprecher Jonathan Conricus das Ergebnis: Hinter einem MRT-Gerät habe man eine Tasche mit einem Sturmgewehr, Munition, Handgranaten und einer Uniform gefunden. In einem anderen Schrank seien andere Waffen gefunden worden, erklärte er. Eine Ausrüstung sei mit dem Namen des bewaffneten Hamas-Arms, den Kassam-Brigaden, beschriftet gewesen. Es seien auch zahlreiche nachrichtendienstlich relevante Informationen gefunden worden. Alle Funde würden gegenwärtig untersucht.

Die Funde bewiesen "eindeutig, dass Schifa für militärische Zwecke missbraucht wurde, im absoluten Gegensatz zu internationalem Recht", sagte IDF-Sprecher Hagari. Hinweise auf die von den Hamas entführten Geiseln wurden hingegen bislang nicht gefunden. Dabei war genau das eine der großen Hoffnungen gewesen, die mit dem Einsatz verbunden wurden.

Katastrophale Lage im Krankenhaus

Worauf die IDF im Krankenhaus hingegen stieß, waren Hunderte Patienten in teils erschreckendem Zustand. Bilder zeigen, wie Soldaten Kisten mit Beschriftungen für Babynahrung und Medizinprodukte in die Klinik bringen. Zudem sollen Brutkästen für Frühchen geliefert worden sein. Laut Armee wurden die Soldaten von einem medizinischen Team und arabisch sprechenden Ärzten begleitet.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO befanden sich mit Stand Montag mehr als 2.000 Menschen in der Schifa-Klinik im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens, darunter vermutlich mehr als 600 Patienten und rund 1.500 Vertriebene. Die Angaben beruhen auf Schätzungen des dortigen Gesundheitsministeriums, das von der Hamas kontrolliert wird. Augenzeugen bestätigten jedoch die Zahlen.

Verwendete Quellen
  • jpost.com: "Shifa Hospital anticlimax – 200 Hamas forces evaporate into thin air? – analysis" (englisch)
  • bbc.com: "Al-Shifa: What we know about Israel's raid on Gaza's main hospital" (englisch)
  • guardian.com: "‘All men 16 years and above, raise your hands’: how al-Shifa raid unfolded" (englisch)
  • Handelsblatt: "Israels Armee dringt in Al-Schifa-Krankenhaus ein"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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