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Krieg in Nahost | Minister im Staatsfernsehen des Iran: "Helfen der Hamas"


Waffen und Training
Iran: "Wir geben das ohne jegliche Scham zu"

  • Marianne Max
Von Marianne Max

27.11.2023Lesedauer: 5 Min.
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Ezzatollah Zarghami, Kultusminister des islamischen Regimes im Staatsfernsehen: Er berichtet von seiner Unterstützung der Hamas-Terroristen.Vergrößern des Bildes
Ezzatollah Zarghami, Kultusminister des islamischen Regimes, im Staatsfernsehen: Er berichtet von seiner Unterstützung der Hamas-Terroristen. (Quelle: Mehr News/Twitter; Profil von Natalie Amiri)

Im iranischen Staatsfernsehen äußert sich ein Minister zur militärischen Unterstützung der Hamas-Terroristen. Ein Experte sieht eine Strategie dahinter.

Seit Jahren unterstützt es die Hamas finanziell und militärisch: Das islamische Regime im Iran ist ein enger Verbündeter der Terrororganisation. Zudem beschwört es in antisemitischer Rhetorik seit seiner Gründung den Untergang Israels herauf. Bereits kurz nach dem Angriff auf Israel am 7. Oktober galt es daher als möglicher Drahtzieher des Hamas-Angriffs.

Doch Beweise für eine direkte Beteiligung des islamischen Regimes gibt es nicht. Und die Machtelite in Teheran, so groß der Jubel nach dem Massaker in Israel auch war, stritt eine direkte Verbindung dazu stets ab. Ein Minister des Regimes äußert sich nun aber deutlich zur bisherigen Zusammenarbeit mit der Hamas.

Im Staatsfernsehen berichtet er, wie er die Terrorgruppe zu seiner Amtszeit bis 2004 als Offizier der Revolutionsgarde mit Raketen und Militärtraining verstärkt hat – und bekundet auch im aktuellen Nahostkrieg die Unterstützung des Regimes für die Terroristen. Das erregt Aufsehen: Ein SPD-Politiker fordert im Gespräch mit t-online Konsequenzen.

"Wir geben das ohne jegliche Scham zu"

Der iranische Kultusminister Ezzatollah Zarghami sagte vor wenigen Tagen: "Wir haben ihnen geholfen, wir helfen der Hisbollah, wir helfen der Hamas, wir helfen all denen, die unterdrückt werden, und wir geben das ohne jegliche Scham zu." Und: "Wir haben vor niemandem Angst." Das Interview wurde von der staatlichen Nachrichtenagentur Mehr News geführt und ausgestrahlt. Bis 2004 war Zarghami General der islamischen Revolutionsgarde und damit nach eigenen Angaben etwa für die Lieferung von Raketen an die mit dem iranischen Regime verbündeten Terrorgruppen verantwortlich, ebenso wie für deren Ausbildung.

Bei den gelieferten Raketen soll es sich nach Angaben Zarghamis um Artillerieraketen des Typs Fadschr-3 gehandelt haben. Mit ihrer geschätzten Reichweite von bis zu 45 Kilometern ist die Terrororganisation Hamas damit in der Lage, größere israelische Ortschaften nahe des Gazastreifens zu treffen. Auch seit dem 7. Oktober wurden solche und andere Geschosse regelmäßig von Hamas-Terroristen auf Israel abgefeuert.

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Mit Blick auf die Hamas-Terroristen im Gazastreifen sagte Zarghami: "Wir kennen ihre Tunnel." Als damaliger Verantwortlicher für die Ausbildung der libanesischen Terrororganisation Hisbollah und der palästinensischen Hamas sei er in genau diesen Tunneln gewesen, in denen die Hamas jetzt kämpften. "Ich habe dort für die Hamas sehr erfolgreiche Schulungen abgehalten und sie über die Waffen und ihre Verwendung aufgeklärt", so Zarghami.

Über die Tunnel zur Dienstzeit Zarghamis ist nur wenig bekannt. Der militärische Arm der Terrororganisation begann in den 80er-Jahren mit deren Bau, vor allem, um Waren zu schmuggeln, später nutzte sie die Tunnel auch für militärische Zwecke, etwa um Terroranschläge gegen Israel zu verüben. Mit der Machtergreifung der Hamas im Jahr 2007 wurde das Tunnelsystem ausgeweitet.

Experte sieht eine Kampagne des Regimes

Die Äußerungen Zarghamis sind durchaus bemerkenswert: Das Regime hatte in den vergangenen Wochen zwar stets seine Solidarität mit der Hamas bekundet, mögliche militärische Verantwortung für den 7. Oktober jedoch von sich gewiesen. Der Iran-Experte Ali Fathollah-Nejad sieht in den aktuellen Äußerungen Zarghamis jedoch eine Strategie des Regimes.

Die Aussagen des Ministers könnten als Teil einer staatlichen Kampagne gewertet werden, so Fathollah-Nejad. Die politische Führung versuche, ihr Ansehen bei Anhängern und regionalen Verbündeten zu bewahren. Zarghami beziehe sich in seinen militärischen Aussagen dabei auf seine Amtszeit während des Iran-Irak-Krieges in den Jahren 1980 bis 1988. "Teherans zentrale Rolle für die militärische Kraft der Hamas soll unterstrichen werden", so der Politikwissenschaftler für den Nahen und Mittleren Osten und Direktor des Center for Middle East and Global Order (CMEG), zu t-online.

In Wahrheit aber sei die Islamische Republik darauf bedacht, aus Gründen der Regimesicherheit nicht direkt in den aktuellen Krieg einzugreifen oder eine direkte Rolle einzuräumen. "Aus demselben Grund bleibt die Unterstützung seitens der von Teheran geführten 'Achse des Widerstands' hinter den Erwartungen der Hamas zurück", so Fathollah-Nejad.

Die sogenannte "Achse des Widerstands" des islamischen Regimes richtet sich gegen Israel und den Westen. Mit Beginn seiner Herrschaft im Jahr 1979 hatte der geistliche und politische Führer der Islamischen Republik Israel zum Erzfeind des Landes erklärt. In den 1990er-Jahren baute Ayatollah Ali Khamenei dann seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region aus. Die Terrororganisation Hamas finanziert Iran derzeit mit schätzungsweise 70 Millionen US-Dollar (circa 63.900.690 Euro) jährlich.

SPD-Politiker kritisiert "Prahlen mit diesem Terrorakt"

Der SPD-Politiker Danial Ilkhanipour sieht in der Äußerung Zarghamis ein klares Bekenntnis des islamischen Regimes zum Terrorakt der Hamas. Im Gespräch mit t-online fordert er das Auswärtige Amt dazu auf, die Revolutionsgarde des Iran auf die EU-Terrorliste zu setzen.

"Spätestens jetzt, nach dem klaren Bekenntnis und dem Prahlen mit diesem Terrorakt, sollte es für das Auswärtige Amt Beweis genug sein, um die Terrorlistung einzuleiten, oder transparent offenzulegen, welche Voraussetzungen nicht erfüllt sind", sagt Ilkhanipour nun zu t-online. Der SPD-Politiker ist Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Als Sohn iranischer Einwanderer setzt er sich seit dem Beginn der aktuellen Proteste gegen das Regime im Herbst 2022 vermehrt für die iranische Demokratie- und Freiheitsbewegung ein.

Bereits nach der gewaltsamen Tötung von Demonstrierenden im Iran waren Forderungen laut geworden, die verantwortliche Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste zu setzen. Damit würde neben einer Visa-Sperre für deren Mitglieder auch Geld der Revolutionsgarde in der EU eingefroren werden – Sanktionen, die schon jetzt für zahlreiche Einzelpersonen gelten. Bereits in den vergangenen Monaten hatte die EU mehr als drei Dutzend Organisationen sowie mehr als 200 Vertreter des Regimes auf ihre Sanktionsliste gesetzt.

Die Maßnahme würde laut Beobachtern somit vor allem ein symbolisches Signal an das islamische Regime im Iran senden. Es wäre die erste reguläre Streitkraft eines Staates, die darauf aufgeführt würde. Die EU hatte einen solchen Schritt bislang abgelehnt und dafür vor allem juristische Gründe angeführt. So müsste es etwa erst Ermittlungen in einem EU-Land gegen ein Mitglied der Revolutionsgarden geben. Beobachter und Experten widersprechen dem jedoch und vermuteten, die Gründe der EU lägen vor allem darin, dass diese weiter um eine mögliche Fortführung des Atomabkommens mit dem Iran verhandeln will. Mehr zum Atomprogramm des Regimes im Iran lesen Sie hier.

"Dürfen nicht zum Spielball des Regimes werden"

Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober wurden aber auch in der Bundesregierung die Forderungen danach lauter, etwa von FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai oder Linken-Politiker Dietmar Bartsch. "Deutschland und Europa dürfen nicht zum Spielball des Regimes degradiert werden, da sie sonst jegliche außenpolitische Glaubwürdigkeit auch für die Zukunft verlieren", warnt auch SPD-Politiker Ilkhanipour im Gespräch mit t-online.

Das Auswärtige Amt müsse sich nun erst recht dafür einsetzen, die Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste zu setzen und mögliche Hindernisse oder Länder, die sich dagegen stellten, transparent machen. "Andernfalls läuft das Auswärtige Amt Gefahr, einmal mehr in den Verdacht zu geraten, dass der politische Wille hierfür fehlt", so Ilkhanipour. Die Folgen wären eine Stabilisierung des Regimes, das wiederum seinen Terror gegen die eigene Bevölkerung, aber auch in der Region unbehelligt fortführen könne.

Verwendete Quellen
  • twitter.com: Profil von Natalie Amiri
  • memri.org: "Iranian Minister of Cultural Heritage and Retired IRGC General Ezzatollah Zarghami: Iran Supplied Hamas and Hizbullah with Rockets; I Traveled to the Gaza Tunnels to Teach Them How to Use the Rockets"
  • zeit.de: "Iran weist Verstrickung in Hamas-Angriff zurück"
  • washingtonpost.com: "Hamas received weapons and training from Iran, officials say"
  • timesofisrael.com: "Hamas spokesman says Iran gave support for surprise attack on Israel"
  • tagesschau.de: "Weitere Sanktionen gegen den Iran"
  • deutschlandfunk.de: "Was würde eine Aufnahme in die EU-Terrorliste bedeuten?"
  • Eigene Recherche
  • Statement von SPD-Politiker Danial Ilkhanipour
  • Anfrage an Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad
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