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Iran: Nach Angriff auf Israel – was kann das US-Frühwarnsystem SBIRS?


Iranische Raketen erfolgreich abgewehrt
Das ist über das US-Frühwarnsystem SBIRS bekannt

Von t-online, LMK

16.04.2024Lesedauer: 4 Min.
imago images 0372034200Vergrößern des BildesRaketenstart der SBIRS GEO 6 (Archivbild): Noch aus einer Entfernung von 300 Kilometern sollen die Satelliten des SBIRS-Systems in der Lage sein, ein brennendes Streichholz zu erfassen. (Quelle: IMAGO/Craig Bailey/Florida Today/imago)
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Weitestgehend erfolgreich konnte Israel die Raketen der iranischen Regierung abwehren. Dabei spielte das Satellitenfrühwarnsystem SBIRS aus den USA eine tragende Rolle.

Ein lauter Knall, eine große Rauchwolke und ein langes Dröhnen – die meisten Menschen haben eine ungefähre Vorstellung davon, wie ein Raketenstart abläuft. Konkret wird beim Abheben der Rakete binnen kürzester Zeit eine große Menge an Treibstoff verbrannt – so auch beim Start von militärischen Interkontinental- oder Kurzstreckenraketen. Dies macht den Vorgang nicht nur für den Menschen aus nächster Nähe sichtbar, sondern auch für Satelliten, die in mehreren Tausend Kilometern Höhe ihre Kreise ziehen. Wie auch das Space-Based Infrared System (SBIRS) aus den USA, das beim iranischen Angriff auf Israel sein Können unter Beweis gestellt haben soll. Mithilfe des Systems konnte der Angriff weitestgehend abgewehrt werden. Das berichtet der "Spiegel".

"Das Space-Based-Infrared-System-Programm der US Space Force dient in erster Linie der Frühwarnung und Raketenabwehr und besteht aus mehreren Satelliten, die mit Infrarotsensoren ausgestattet sind", erklärt Weltraumexpertin Andrea Rotter von der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung dem "Spiegel". Auch Russland und China sollen über solche Frühwarnsysteme verfügen.

Sidharth Kaushal, der am Royal United Services Institute (Rusi) in London an dem Thema Raketenabwehr forscht, sagt: "Wir wissen nicht, welche Fähigkeiten im Detail genutzt wurden". Ihm zufolge sei es aber sinnvoll, anzunehmen, "dass SBIRS ein Teil davon war. Es ist die Schlüsselkomponente des US-Frühwarnsystems."

Demnach erzeugten die Abgase und die Hitze eines Raketenstarts eine charakteristische Signatur, wie Kaushal dem "Spiegel" zufolge erklärt. "Und das kann man mit einem Infrarotsensor im All registrieren."

Das Manko des Frühwarnsystems

"SBIRS ist vor allem bei ballistischen Raketen nützlich", so Kaushal. Entscheidend seien deren Flughöhe und Geschwindigkeit. Zwar können auch Marschflugkörper erkannt werden. Denn obwohl diese überwiegend mit ihren schwerer aufzuspürenden Jet-Antrieben unterwegs seien, würden auch sie bei dem Start meistens mit einem Feststofftriebwerk auf Geschwindigkeit gebracht werden – und das mache sie sichtbar.

Ein Manko des Frühwarnsystems SBIRS hingegen sei, dass es ausschließlich den Start von Raketen feststellen könne. Auskunft über das mögliche Ziel sei damit aber nicht gegeben. Zwar werde an solchen Überwachungssystemen im All geforscht, zurzeit würden jedoch Bodenradars noch zuverlässigere Daten liefern und demnach auch vorrangig gebraucht. Vorwarnsatelliten ergäben deswegen nur im Verbund mit anderer Militärtechnik Sinn, sagt der Raketen-Experte.

Hauptaugenmerk liege auf Russland, Korea sowie Nahost

Insgesamt zähle das SBIRS-System sechs Satelliten, wobei der letzte des Systems 2022 gestartet sei. Dadurch, dass sich die Satelliten in der geostationären Umlaufbahn befinden, scheinen die Späher quasi am Himmel zu stehen, und richten somit ihren Blick ununterbrochen auf dieselben Ecken der Welt, wie der "Spiegel" berichtet. Hauptaugenmerke stellen dabei wohl Teile von Russland, Korea sowie der Nahe und Mittlere Osten dar, die von den Satelliten aus einer Höhe von 36.000 Metern beobachtet werden.

Das Grundgerüst für das SBIRS-System bietet die Plattform A2100 des Luft- und Raumfahrtkonzerns Lockheed Martin, die bereits in vielen anderen kommerziellen Kommunikationssatelliten eingesetzt wurde. Für den speziellen Gebrauch im Militärbereich sei jedoch ihre Widerstandsfähigkeit gegen Strahlung verstärkt worden. Zudem seien die beiden vorerst letzten installierten SBIRS-Satelliten auch robuster gegen Cyberangriffe.

Vor allem die Sensoren für Kurz- und Mittel-Infrarotsignale sind die Besonderheit der Frühwarnsysteme. Noch aus einer Entfernung von 300 Kilometern sollen sie in der Lage sein, ein brennendes Streichholz zu erfassen.

Obwohl das US-Frühwarnsystem technisch zu bewundern ist, gilt die wahre Herausforderung der richtigen Interpretation der Satellitendaten. Diese werden in Form von Rohdaten an die Erde geschickt, wobei KI-generierte Vorschläge darüber gemacht werden, welche Ereignisse von hoher Wichtigkeit sind und welche von eher niedrigerer.

Sie bieten "ein fettes, saftiges Ziel"

Die Vergangenheit zeigt, dass Satelliten eine große Angriffsfläche bieten, da sie ebenfalls vom Boden aus zerstört werden können. Oder wie es Joshua Huminski vom National Security Institute der George Mason University ausgedrückt: Sie bieten "ein fettes, saftiges Ziel". Das bewiesen unter andrem umstrittene Tests von China, Russland und den USA. "Wenn man drei SBIRS-Satelliten trifft, ist das Frühwarnsystem ausgeschaltet", sagt der Experte. Die Alternative biete demnach ein Warnsystem aus mehreren Kleinsatelliten. Diese könnten dann bei Abschuss leichter ersetzt werden.

Laut dem "Spiegel" hält der Raketenabwehr-Experte Kaushal das jedoch nicht für sonderlich wahrscheinlich. Die Satelliten seien nicht in großer Gefahr. Auch wenn ein Angriff vielleicht technisch möglich sei, zweifelt der Experte an dessen strategischem Wert. Dadurch, dass die Satelliten ein Teil der nuklearen Verteidigung abbildeten, würde ein gezielter Angriff die Eskalationsgefahr erhöhen. Das nehme man nicht so schnell in Kauf.

Nächstes Frühwarnsystem bereits in Planung

Laut der Space Force – der US-Teilstreitkraft, die auf den Weltraum spezialisiert ist – sei das SBIRS-System seit 2023 voll einsatzfähig und verlässlich. Dennoch wird bereits an dem nächsten Projekt geforscht. Das System namens Next Gen Opir ("Next Generation Overhead Persistent Infrared") soll aus drei geostationären Satelliten bestehen, die ebenfalls von Lockheed Martin gebaut werden sollen. Zudem sollen zwei weitere Satelliten im polaren Orbit als Unterstützung hinzukommen. Diese würden jedoch von der Konkurrenz hergestellt: Northrop Grumman.

Dabei konzentriere man sich auf eine Verbesserung der Frühwarnung in Bezug auf Hyperschallflugkörper. Diese seien nicht nur schneller, sondern zudem in der Lage, ihren Kurs noch während des Fluges zu ändern. "Alle diese Raketen, ob ballistisch oder mit Hyperschall, starten auf dieselbe Weise – mit einem großen Knall. Wir sehen das und können mit unseren derzeitigen Systemen extrem gut davor warnen", so Northrop-Grumman-Manager Aaron Dann. Genau deswegen seien die Satellitensysteme von solch einer Wichtigkeit.

Verwendete Quellen
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