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Hinrichtungen im Iran: Baerbock fordert mehr Druck auf Teheran


Nach Hinrichtungen von Demonstranten
Baerbock fordert mehr Druck auf Teheran

Von reuters, dpa, t-online, csi

Aktualisiert am 08.01.2023Lesedauer: 5 Min.
1454165496Vergrößern des BildesAnnalena Baerbock (Archivbild): Die Außenministerin hat bei Twitter auf die Hinrichtungen der zwei Iraner reagiert. (Quelle: Horacio Villalobos)
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Das iranische Regime hat Mohammad Mehdi Karami und Sejed Mohammad Hosseini töten lassen. Außenministerin Annalena Baerbock reagiert auf Twitter und erntet Kritik.

Im Iran sind zwei weitere Demonstranten hingerichtet worden. Die iranische Justizbehörde gab am Samstag bekannt, dass Mohammed Mehdi Karami und Sejed Mohammed Hosseini. in den frühen Morgenstunden gehängt worden seien. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reagiert auf Twitter und schrieb, die beiden Männer seien vom Regime erhängt worden, "weil sie sich dem brutalen und menschenverachtenden Handeln nicht unterwerfen wollten." Sie seien "zwei weitere schreckliche Schicksale, die uns bestärken, mit der EU den Druck auf Teheran weiter zu erhöhen."

Unter dem Tweet forderten Nutzerinnen die Grünen-Politikerin zum Handeln auf. "Setzen Sie die (Revolutionsgarden) endlich auf die Terrorliste!" schrieb beispielsweise die Aktivistin Daniela Sepehri. Die Aktivistin und Podcasterin Sahar Eslah fragte ironisch: "Schön, dass es zwei weitere Hinrichtungen braucht, damit Sie genau was tun?"

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Drei weitere Menschen zum Tod verurteilt

Karami und Hosseini sollen während der systemkritischen Proteste im November für den Tod eines sogenannten Sicherheitsbeamten verantwortlich gewesen sein, so die vom Regime gelenkte Justiz auf ihrem Webportal Mizan. Laut der Organisation Iran Human Rights sollen sie 22 und 39 Jahre alt gewesen sein. Die Zahl der offiziell hingerichteten Demonstranten im Zuge der seit über drei Monaten andauernden systemkritischen Proteste steigt mit den Hinrichtungen auf vier.

Die iranische Justiz bezeichnete sie als "Haupttäter des Verbrechens", das zum Tod von Ruhollah Adschamian geführt habe, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Das Gnadengesuch der beiden Angeklagten wurde dem Mizan-Bericht zufolge vom obersten Gerichtshof abgelehnt.

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Wegen des Todes von Adschamian, dem Mitglied der Basidsch-Miliz, wurden drei weitere Menschen zum Tode verurteilt. Elf Angeklagte erhielten Haftstrafen. Die Basidsch-Miliz ist eine paramilitärische Freiwilligen-Einheit und den mächtigen Revolutionsgarden zugeteilt. Sie spielt bei dem massiven Vorgehen gegen Demonstrantinnen und Demonstranten eine wichtige Rolle.

Zwei Menschen wurden bereits hingerichtet

Im Zuge der landesweiten Proteste waren im Dezember bereits der Rap-Musiker Mohsen Shekari und Madschid-Resa Rahnaward wegen angeblichen Mordes und versuchten Mordes an zwei Basidsch-Mitgliedern hingerichtet worden. Die Hinrichtungen sorgten im In- und Ausland für Entsetzen. Die EU beschloss daraufhin auch wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen weitere Sanktionen gegen den Iran.

Die Sanktionen haben laut Experten die bereits akute Wirtschaftskrise noch weiter verschärft. Die nationale Währung Rial hat nach den Protesten über 25 Prozent an Wert verloren. Angesichts der Entwicklungen im Land ist kein Ende der Finanzkrise in Sicht. Einige Beobachter befürchten gar einen Wirtschaftskollaps in dem ölreichen Land.

HRANA: Mehr als 500 Menschen starben bei Protesten

Nach Angaben der in den USA ansässigen Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) könnte die Anzahl der Hinrichtungen allerdings noch deutlich höher sein. So seien 2022 nur rund ein Drittel der Hinrichtungen durch das islamische Regime offiziell angekündigt worden.

Der Organisation zufolge sind bei den Protesten bereits mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen 70 Minderjährige sowie knapp 70 Polizei- und sogenannte Sicherheitskräfte. Mehr als 19.000 Demonstranten seien verhaftet worden.

Über die Zahl der zum Tode verurteilten Verhafteten gibt es widersprüchliche Informationen, da bei einigen das Todesurteil in Berufungsgerichten aufgehoben wurde. Die Rede ist von 20 Demonstranten, die auf der Todesliste der Justiz stehen sollen. Das iranische Regime hat diese und ähnliche Angaben bislang weder bestätigt noch dementiert.

Geistliches Oberhaupt ernennt neuen Polizeichef

Knapp vier Monate nach Beginn der Proteste im Land hat Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei einen neuen Polizeichef ernannt. Chamenei, der auch Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte ist, habe General Ahmad Resa Radan zum Nachfolger von Hossein Aschtari ernannt, hieß es in einer auf seiner offiziellen Webseite veröffentlichten Erklärung.

Demnach wies er die Polizei an, "ihre Fähigkeiten zu verbessern" und "Spezialkräfte für verschiedene Sicherheitsbereiche auszubilden". In der Erklärung äußert sich Chamenei zudem "dankbar und zufrieden" über Aschtaris achtjährige Dienstzeit.

Radan und Aschtari begannen ihre militärische Laufbahn bei den Revolutionsgarden. Der neue Polizeichef Radan wurde 2010 von den USA und später auch von der EU wegen des Vorwurfs der Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Protesten nach den umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen von 2009 mit Sanktionen belegt.

Skurriles Urteil gegen iranische Fotografin

Indes hat ein Gericht in Teheran gegen eine renommierte iranische Fotografin ein skurriles Urteil gefällt. In einer am Samstag in den Medien veröffentlichten Presseerklärung gab die Justizbehörde bekannt, dass Yalda Moaiery wegen ihrer Beteiligung an den systemkritischen Protesten und der daraus resultierenden Gefährdung der nationalen Sicherheit zu einer zweimonatigen Parkreinigung verurteilt worden sei. Außerdem müsse sie als Strafe einen 100-seitigen Recherchebericht zu einem iranischen Kleriker verfassen, erklärte die Justiz laut Tageszeitung "Shargh".

Die Fotografin selbst bestätigte auf Instagram das Gerichtsurteil und postete ein Video von sich mit einer orangefarbigen Uniform bei der neuen Arbeit. "Da ich als Fotografin nicht die Realitäten meines Landes reflektieren darf, mache ich dafür sehr gerne diese ehrenhafte Arbeit", erklärte die 41-Jährige auf Instagram. Die mehrfach ausgezeichnete Moaiery war im September verhaftet worden, als sie Fotos von Protesten machte. Ende Dezember kam sie auf Kaution frei.

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Das Urteil beinhaltet auch eine sechsjährige Bewährungsstrafe und zwei Jahre Ausreiseverbot. Genauso lange dürfe sie weder ihr Handy noch die sozialen Medien nutzen. Ihr wurde auch verboten, für zwei Jahre in Teheran und den Vororten der Hauptstadt zu leben, teilte die freie Fotografin auf Instagram mit. Gegen das Urteil könne sie laut Justizbehörde Berufung einlegen. Ärger mit der Justiz hatte Moaiery schon 2019 wegen ihrer Bilder während der damaligen politischen Unruhen.

Massive Einschränkungen seit September

Die Möglichkeiten der Berichterstattung im Iran sind seit den Protesten massiv eingeschränkt. Hinzu kommen Internet-Störungen und Sperren. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York wurden im Rahmen der jüngsten Proteste bereits mehr als 80 Medienschaffende verhaftet.

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In den sozialen Medien wurden die Verhaftungen auf das Schärfste verurteilt. Es gab diesbezüglich auch spöttische Posts: Mit den ganzen inhaftierten Journalisten habe das berüchtigte Ewin Gefängnis in Teheran nun genug Personal, um eine eigene Nachrichtenagentur zu gründen, hieß es beispielsweise.

Metsola: Demonstranten im Iran stärker unterstützen

Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, rief zu einer stärkeren Unterstützung der Demonstranten im Iran auf – und zu einer schärferen Verurteilung des Vorgehens der iranischen Führung. Man müsse "aufstehen" und den Frauen und Männern beistehen, die im Iran für Leben und Freiheit auf die Straße gingen, sagte Metsola am Samstag auf der CSU-Landesgruppenklausur im Kloster Seeon in Oberbayern.

Das seien Dinge, die man in Europa als gegeben hinnehme. "Aber es ist unsere Aufgabe als Union, diese weltweit immer wieder zu verteidigen, zu unterstützen und einzufordern." CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fügte hinzu, man sei sich einig, dass es Sanktionen gegenüber den Revolutionsgarden brauche.

Entzündet hatten sich die Proteste am Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam unter umstrittenen Umständen gestorben. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie unangemessen gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten Herausforderung für die Führung seit 1979 ausgewachsen. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt und die Islamische Republik wurde ausgerufen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
  • Angaben der Organisation HRANA
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