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Das können die Bundeswehr-Tornados


Einsatz in Syrien
Das können die Bundeswehr-Tornados

Von reuters
Aktualisiert am 05.12.2015Lesedauer: 4 Min.
Tornado-Pilot Alexander S. neben dem Aufklärungssystem, das die Bundeswehr ab Januar in Syrien und dem Nordirak einsetzt.Vergrößern des BildesTornado-Pilot Alexander S. neben dem Aufklärungssystem, das die Bundeswehr ab Januar in Syrien und dem Nordirak einsetzt. (Quelle: Reuters-bilder)
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Ab Januar können Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien und dem Nordirak eingesetzt werden. Sie sollen mit Hilfe von Wärmebild- und optischen Kameras Informationen über mögliche Ziele sammeln.

Die Bundeswehr gilt in der Nato als Experte für diese Art von Einsätzen. Die Tornados fliegen zwar auch mit Bewaffnung, doch dient diese nur der Selbstverteidigung. Gefahr droht den Piloten vor allem von Boden-Luft-Raketen.

Doch auch ansonsten ist der Einsatz heikel. Denn was die Flugzeuge fotografieren, bekommt nicht jeder zu sehen. Erfahrungen mit ähnlichen Einsätzen hat die Bundeswehr bereits in Afghanistan und Jugoslawien gesammelt.

Veränderungen am Boden erkennen

Am Hindukusch wunderten sich die Experten der Bundeswehr 2007 beispielsweise über rasant wachsende Büsche, als sie sich die schwarz-weißen Aufklärungsbilder der Tornado-Jets genauer anschauten. Im Bergland bei Kundus waren die Pflanzen binnen zwei Tagen aus dem Boden geschossen. Die Überprüfung ergab, dass Schmuggler mit dem Gestrüpp ein Versteck tarnten.

Die Kameras stecken in einem gut zwei Meter langen und rund 200 Kilogramm schweren, zigarrenförmigen Behälter, der unter den Bauch der Jets montiert wird. Wonach die Piloten suchen sollen, bestimmt das Hauptquartier der US-geführten Anti-IS-Koalition in Katar.

Es weist den Piloten ein Zielgebiet und einen Auftrag zu. "Wie viele Menschen halten sich in einem Dorf auf? Sind sie bewaffnet? Ist eine Brücke noch befahrbar? Wird eine Einrichtung noch geschützt?" Diese Beispiele nennt einer der Auswerter im schleswig-holsteinischen Fliegerhorst Jagel.

Die Tornados könnten zudem den Auftrag erhalten, um nach dem Überflug einer Drohne detailliertere Aufnahmen von einem bestimmten Ort zu machen, Informationen aus anderen Quellen zu überprüfen oder festzustellen, ob ein Luftangriff sein Ziel zerstört habe.

"Eine Drohne kann diese Arbeit nicht erledigen"

Der Mehrwert der deutschen Bilder für den Einsatz liegt dabei nach Aussage der Soldaten in ihrer Qualität, die derzeit kein anderer Staat liefern kann. Das Geheimnis bestehe im Zusammenspiel erfahrener Auswertungsteams mit einer sehr guten Technik. "Unsere Auswerter sind Nato-weit bekannt und begehrt, sie haben ihr Können schon damals in Jugoslawien unter Beweis gestellt", sagt einer der Soldaten. Eine Drohne könne diese Arbeit nicht so erledigen.

Der Auftrag der Bundeswehr laute, ein Lagebild zu erstellen und Hauptquartiere, Munitionsdepots und Waffenlager oder IS-Stellungen in Syrien und dem Nordirak zu finden. Auch über ein Jahr nach dem Beginn der Luftangriffe der Anti-IS-Koalition gebe es dabei noch genügend Ziele aufzuklären, betont der Fachmann. Schließlich müssten die Extremisten nach Treffern ihre Positionen verlegen oder neu aufbauen - und allein die Front im Nordirak sei gut 1000 Kilometer lang.

"Die Bedrohung für die deutschen Piloten ist real"

Für die deutschen Piloten und ihre Waffensystemoffiziere ist der Einsatz nicht ungefährlich. "Die Bedrohung ist vorhanden, die ist real", sagt der Kommodore des Geschwaders in Jagel, Oberst Michael Krah. "Wir wissen, dass der Islamische Staat durchaus über Mittel verfügt, um gegen Luftfahrzeuge vorzugehen." Darauf seien die Soldaten aber vorbereitet. "Unsere Sensorik erlaubt ja gerade in Höhen zu fliegen, dass wir uns dieser Bedrohung nur minimal aussetzen."

Die größte Gefahr für die deutschen Jets geht nach den Worten des Piloten Alexander S. von Kämpfern mit Maschinengewehren und sogenannten Manpads aus, Luftabwehr-Raketen, die von der Schulter aus abgefeuert werden. "Wir werden unsere Einsatzprofile so planen, dass wir dieser Bedrohung aus dem Weg gehen", erklärt er dazu.

Außerdem soll der IS nach Aussage von Experten über einige erbeutete Flugabwehrkanonen verfügen. Sollte ein deutscher Tornado abgeschossen werden oder abstürzen, sind US-Soldaten der Anti-IS-Koalition für die Rettung der Besatzung zuständig.

Geheime Absprachen mit Syriens Luftwaffe?

Von der syrischen Armee droht den Kampfflugzeugen der Anti-IS-Koalition allerdings wohl keine Gefahr. Es ist zumindest auffällig, dass die Anti-IS-Koalition dort seit einem Jahr Luftangriffe fliegt, ohne dass es zu Zwischenfällen oder gar Abschüssen kam. In Jagel herrscht auf Fragen, ob es eine wie auch immer geartete Abstimmung gebe, lautes Schweigen.

"Es findet Deconflicting statt", heißt es anderswo lapidar in Militärkreisen. Details dazu gibt es nicht. Der Begriff "Deconflicting" beschreibt gewöhnlich die gegenseitige Information über Flugrouten, um Zwischenfälle zu vermeiden.

Material-Probleme: Die Alarmsignale werden immer lauter

Sorge, dass die Bundeswehr den Einsatz angesichts massiver Materialprobleme nach jahrelangen Einsparungen nicht stemmen könnte, hat Kommodore Krah nicht: "Die Bundeswehr schafft das, die Luftwaffe schafft das.". Es seien ausreichend Tornados einsatzbereit, um die Mission auch über längere Zeit durchzuhalten.

Die Alarmsignale sind allerdings da - und sie werden mit jedem Einsatz lauter. So waren von den insgesamt 93 Tornado-Jets der Bundeswehr im vergangenen Jahr nach einem internen Bericht durchschnittlich nur 29 Maschinen einsatzbereit.

Und auch die Marine muss inzwischen zusammenkratzen, was sie hat, um noch Schiffe in die immer neuen Einsätze schicken zu können. Die Fregatte "Augsburg" etwa, die als Geleitschutz in ein paar Tagen den französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" in den Persischen Golf begleiten soll, war bisher im Mittelmeer zur Flüchtlingsrettung unterwegs. Diese Aufgabe übernimmt nun das Minenjagdboot "Weilheim".

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist offenbar bewusst, dass die zuletzt deutlich zunehmende Zahl der Einsätze die Truppe irgendwann überstrapazieren könnte. Sie erwägt inzwischen sogar eine Aufstockung der Soldaten. Es wäre eine Trendumkehr nach Jahrzehnten des Truppenabbaus im Gefolge des Falls des Eisernen Vorhangs. Wenn weiter so hohe Anforderungen an die deutschen Streitkräfte gestellt würden, müsse man unter Umständen offen für ein Nachsteuern bei der Personalstärke sein, sagte die Ministerin in dieser Woche.

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