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Obama in Berlin: Das steckt hinter seinem Treffen mit Merkel und Scholz


Ehemaliger US-Präsident trifft Scholz und Merkel
Das treibt Obama wirklich nach Berlin

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

Aktualisiert am 03.05.2023Lesedauer: 7 Min.
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Trifft Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin: Ex-US-Präsident Barack Obama.Vergrößern des Bildes
Trifft Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin: Der ehemalige US-Präsident Barack Obama. (Quelle: ALYSSA POINTER)

Der frühere US-Präsident Barack Obama ist zu Besuch in Berlin. Es geht ums Weltverbessern, Geldverdienen und um ein Mittagessen mit dem Bundeskanzler.

"Herr Obama kommt nach Berlin als Privatperson." So lautet die unmissverständliche Antwort der Pressestelle der Berliner Polizei. Dies sei etwas ganz anderes als ein Staatsbesuch als Präsident und auch etwas anderes als die Rede im Jahr 2008 an der Siegessäule, die Obama noch vor seinem ersten Wahlsieg vor Hunderttausenden jubelnden Berlinern gehalten hatte. Sollten Kosten entstehen, etwa für die diskretere und kleinere Polizeieskorte, müssten aber im Zweifel auch dieses Mal die Steuerzahler aufkommen. Das wäre dann so wie beim Schutz von Fußballspielen, so die Sprecherin der Polizei.

Eine "normale" Privatperson ist Barack Obama als ehemaliger US-Präsident natürlich nicht. Und er kommt auch nicht als Tourist in die Bundeshauptstadt, sondern vor allem als Geschäftsmann. Für eine geschätzt mittelhohe sechsstellige Gage wird Obama am Mittwoch in der Mercedes-Benz-Arena im Berliner Stadtteil Friedrichshain eine Rede vor wohl rund zehntausend zahlenden Gästen halten. In Zürich und Amsterdam stand er in den vergangenen Tagen ebenfalls schon auf der Bühne. Ziel dieser Auftritte: Geld einnehmen für seine gemeinnützige Stiftung, die Obama Foundation.

Aber was hat es mit diesem Berlin-Besuch des einstigen amerikanischen Polit-Popstars auf sich? Klar ist, Obama fesselt noch immer Zuhörer auf der ganzen Welt und er engagiert sich nach wie vor auch politisch.

Obama trifft Olaf Scholz und Angela Merkel

Als mitreißender Redner half er zuletzt etwa bei den Zwischenwahlen in den USA seinem früheren Vize und aktuellem US-Staatsoberhaupt Joe Biden mit mehreren Wahlkampfauftritten. 15 Jahre nach seinem Wahlslogan "Yes we can" möchte er die Welt nach eigenem Bekunden weiterhin zum Besseren verändern. Ohne politisches Amt braucht er dafür heute aber vor allem Geld und zahlreiche Mitstreiter.

Nach t-online-Informationen kommt Obama nicht nur als Geschäftsmann, sondern auch als ehemaliger und noch immer gefragter Spitzenpolitiker nach Berlin, der nach wie vor die Nähe zu den heutigen Entscheidern sucht. Neben Terminen, die seine Stiftung organisiert hat, ist auch ein Treffen des Ex-Präsidenten mit dem deutschen Bundeskanzler geplant.

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Obama und Scholz haben sich demnach am Mittwoch zu einem vertraulichen Mittagessen unter vier Augen verabredet. Nicht nur als langjähriger Wegbegleiter von Joe Biden ist Obama ein wertvoller Gesprächspartner für den Bundeskanzler. Besonders der Blick Obamas auf die aktuellen politischen Entwicklungen in den USA dürften für Olaf Scholz von großem Interesse sein.

Als Obama Berlin 2016 zum letzten Mal als US-Präsident verließ, verabschiedete er sich noch von seiner Freundin Angela Merkel. Sein Amtsnachfolger Donald Trump stand da bereits fest. Bei den nächsten Wahlen könnte der Republikaner erneut Präsident werden – es wäre ein Schreckensszenario für die deutsche Bundesregierung.

Seine langjährige politische Weggefährtin Angela Merkel hatte Barack Obama noch vor dem Bundeskanzler am Dienstag zum Abendessen in einem italienischen Restaurant in Schöneberg getroffen. Hier dürfte die politische Weltlage ebenfalls Gesprächsthema gewesen sein. Merkel und Obama waren beide noch im Amt, als der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine 2014 zum ersten Mal überfiel.

Im Publikum von Obamas Show sitzen wird Merkel nach Angaben ihrer Sprecherin allerdings nicht. Auf Anfrage hieß es: "Die Bundeskanzlerin a. D. Merkel ist gestern zu einem nicht-öffentlichen Gespräch mit dem früheren amerikanischen Präsidenten Barack Obama zusammengekommen. Weitere Begegnungen im Rahmen seines derzeitigen Berlin-Besuchs sind nicht geplant."

Kostenlos war gestern

Die Zeiten haben sich geändert. 2008 durften die Menschen nach acht Jahren George W. Bush dem damals neuen amerikanischen Hoffnungsträger und rhetorischen Ausnahmetalent Obama noch kostenlos lauschen. 15 Jahre später macht der Ex-Präsident das, was in den USA sehr viele ehemalige hochrangige Amtsträger machen und was dort noch viel üblicher als in Deutschland ist: Er vergoldet sein Netzwerk aus Kontakten, sammelt Geld für seine Stiftung und lässt sich dafür eben unter anderem als kostspieliger Redner buchen. Die Reise nach Berlin war nicht seine Idee, sondern die eines Veranstalters, in dessen Konzept der Ex-US-Präsident offenbar gut passt.

Beim "Evening with Barack Obama" in der Mercedes-Benz-Arena handelt es sich um eine Art Late-Night-Show-Format. Bevor Obama zu einem Gespräch mit dem Moderator Klaas Heufer-Umlauf auf die Bühne kommt, wird es eine Podiumsdiskussion geben, die andere Gäste bestreiten. Darunter die deutsche Soziologin Jutta Allmendinger sowie die Autorin und Journalistin Düzen Tekkal. Musikalisch begleitet wird das Programm vom britischen Geiger Nigel Kennedy und der Sängerin Cassandra Steen.

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Die Preise der günstigsten und schon lange vergriffenen Obama-Tickets lagen zwischen 60 und 80 Euro. Restkarten für rund 100 Euro gab es noch bis zum Schluss. Ausverkauft sein wird die Veranstaltung nicht. Es gab allerdings noch andere Optionen: Die sogenannten Golden Tickets kosten mit mehreren Hundert Euro schon deutlich mehr. Ein "Welcome Drink" und "exklusives Abendessen & Pre Party im World Dinner Restaurant" der Mercedes-Benz-Arena sind inbegriffen. Spezial-VIP-Tickets, die darüber hinaus noch ein Selfie mit Barack Obama erlauben sollen, kosteten sogar gleich mehrere Tausend Euro.

Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell

Irgendwie muss der Berliner Veranstalter, die Streetlife International GmbH, die hohe Gage für den exklusiven Gast aus Amerika eben wieder reinholen. Ein Event dieser Größenordnung kann die Organisatoren schnell einen Millionenbetrag kosten. Aber Obama ist nun einmal nicht irgendwer und er passt zudem ins Portfolio von Streetlife International und dessen Gründer Nader Korayeim.

"Wir wollen die besten Köpfe der Welt aus dem Oval Office, dem Sitzungssaal, dem College oder dem Studio herausholen und vorstellen – direkt, live und persönlich", ist auf der Website zu lesen, die das Event bewirbt. Menschen wie Obama, das seien "exponentiale Menschen", heißt es. Berühmte Leute, die "eine Kultur der exponentiellen Innovation" voranbringen könnten.

Man sei bestrebt, "unter die Oberfläche zu gehen und Themen zu behandeln, die unseren Geist tiefgreifend formen, erweitern und fördern, um den Aufbau zweckorientierter Gemeinschaften zu unterstützen und unsere globale Gesellschaft zukunftsfähig zu machen." Für derlei Event-Vorhaben hat Streetlife International eine eigene Plattform mit dem Namen expansion.space gegründet, die auch den Auftritt des ehemaligen US-Präsidenten vermarktet.

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Obamas Stiftung für eine bessere Welt

All das klingt sehr nach Obama, der bei seinen weltweiten Auftritten, zuletzt in Australien, vor allem über die Themen Nachhaltigkeit, Bildung, Klimawandel, Gleichberechtigung und die größten Menschheitsaufgaben unserer Zeit sprechen möchte. Für solche großen Vorhaben, die nicht bei Worten enden, sondern in Aktion münden sollen, sammelt er seit Jahren Geld.

Unter den prominenten Spendern ist unter anderem der Amazon-Chef Jeff Bezos, der schon 100 Millionen US-Dollar beisteuerte. Ein Konzern, der ob seines Umgangs mit Arbeitnehmerrechten und der steten Verhinderung von Betriebsräten wiederum so gar nicht zu den nachhaltigen Zielen Obamas passen will.

Der Umsatz der Obama Foundation belief sich im Jahr 2021 laut eigenem Geschäftsbericht auf rund 161 Millionen US-Dollar. Das Netto-Vermögen liegt bei rund 680 Millionen US-Dollar.

Neben zahlreichen anderen Projekten fördert die Stiftung weltweit junge Menschen als Führungskräfte von morgen, die sogenannten Obama Leaders. Deren Aufgabe besteht der Stiftung zufolge darin, "als Vorbild und Mentor für andere junge Menschen zu dienen, die bestrebt sind, die Welt um sie herum zu verändern". Auch die deutsche Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer wurde im Jahr 2020 als "Obama Leader" von der Obama Foundation gefördert.

Obamas Inspiration bleibt ansteckend

Obama selbst sagt, er habe die Stiftung gemeinsam mit seiner Frau Michelle als "Gegengift zum Zynismus gegründet". Man lebe in einer Zeit mit vielen Herausforderungen, die einen schnell zynisch machen könnten. Das Ehepaar will mit seinem Engagement dabei helfen, diese Probleme anzugehen. Menschen, die die Welt verändern wollen, sollen überall unterstützt werden.

Dass es beim Abend mit Obama nicht nur um schöne Phrasen gehen soll, sondern wirklich um echte Veränderung, davon ist unter anderem Düzen Tekkal überzeugt. Die bekannte deutsche Journalistin und Menschenrechtlerin jesidischer Abstammung engagiert sich seit vielen Jahren unter anderem für Integration, Chancengleichheit und Frauenrechte und gegen Islamismus.

Bei der Veranstaltung in Berlin wird sie direkt vor dem Auftritt des Ex-US-Präsidenten an der Podiumsdiskussion teilnehmen, die zum Rahmenprogramm des "Evening with Barack Obama" gehört. Geld bekommt sie nach eigenen Angaben nicht, um auf dem Panel zu sitzen. Dafür bezahlt habe sich auch nicht. "Ich bin vom Veranstalter direkt gefragt worden", sagt sie zu t-online. Die Obama Foundation habe aber alles geprüft und dann zugestimmt.

Ihre Teilnahme begründet sie so: "Das mag jetzt pathetisch klingen. Aber ich halte viel von der positiven Macht der Begegnung. Wir leben in einer Zeit von großer Negativität." Obama sei nach wie vor inspirierend. "Mir wird zu wenig geträumt in Deutschland. Aber wir haben das Recht auf Träumen", sagt Tekkal. Der Kampf um die Freiheit sei mit Obama nicht in Rente gegangen. "Dieser Kampf muss immer wieder neu gekämpft werden. Und dafür muss man vom Sofa aufstehen."

Formate wie das mit dem Ex-Präsidenten können Menschen dazu motivieren, dass Veränderung wirklich möglich ist. Darum wird Tekkal auch Teilnehmerinnen ihres Bildungsprojekts "Háwar Help" für junge Frauen mitbringen, damit diese inspiriert werden. "Die sogenannte German Angst nervt mich. Ich kann dem Motto 'German Dream – Einfach machen' viel mehr abgewinnen", sagt Tekkal. Diesen Traum gebe es überall. Er begegne ihr täglich.

Die Aufgaben sind groß

Die Faszination von Obama scheint nach dessen Präsidentschaft zwar dies- und jenseits des Atlantiks abgenommen zu haben. Auch weil er für manche als Präsident eine Enttäuschung war, der die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Einige sehen in ihm sogar einen Grund für den Erfolg seines Nachfolgers Donald Trump.

Wer seine Reden und Auftritte bis heute verfolgt, bekommt allerdings eine Ahnung, warum noch immer so viele auf ihn setzen – ob Joe Biden im Wahlkampf, Angela Merkel beim Abendessen, Olaf Scholz beim Mittagessen oder Veranstalter, die sich damit schmücken können, Obama auf ihre Bühnen geholt zu haben.

Der Stress, Obama nach Europa zu holen, ist groß. Das ließ der Veranstalter Nader Korayeim von Streetlife International in einem Interview zuletzt durchblicken. "Wir müssen alles minutiös mit dem Büro von Präsident Barack Obama abstimmen. Das braucht Zeit", sagte er der "Schweizer Illustrierten" vor Obamas Auftritt in Zürich.

Tatsächlich haben die Amerikaner hohe Erwartungen. Der Secret Service ist nach wie vor zuständig für die Sicherheit des ehemaligen US-Präsidenten. Alle Panelisten und Journalisten, die am Mittwoch dabei sein werden, mussten sich vorab einem großen Sicherheitscheck unterziehen. Das Obama-Team verbietet es, zu fotografieren oder sonstige Aufnahmen mit dem Smartphone zu machen. Obama selbst hält sich auffällig bedeckt. Nicht einen Tweet oder Beitrag auf Instagram hat er zu seinen Auftritten abgesetzt.

Im Hotel Adlon, wo Barack Obama übernachtet, gibt man sich indessen entspannt. Zu Verkehrsbehinderungen wegen Sicherheitsmaßnahmen soll es rund um das Hotel nicht kommen. "Nur, wenn die Klimakleber kommen", sagt ein Mann. Das wäre aber vielleicht dann ganz im Sinne von Obamas Nachhaltigkeitszielen. Der politische Privat- und Geschäftsmann fliegt anschließend zurück in die USA. Offenbar mit einem Privatjet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • obama.org: Annual Report 2021 (englisch)
  • Telefongespräch mit Düzen Tekkal
  • Schriftliche Anfrage im Büro der Bundeskanzlerin a. D.
  • hawar.help: Projektseite von Düzen Tekkal
  • youtube.com: President Obama joins a call with Obama Leaders from across Europe (englisch)
  • schweizer-illustrierte.ch: Das wissen wir vom Obama-Auftritt in Zürich
  • bz-berlin.de: Obama und Merkel beim Nobel-Italiener in Schöneberg
  • eventim.de
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