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#MeToo in Washington: Die große Abrechnung


Sexuelle Belästigung durch US-Politiker
Die große Abrechnung

t-online, Fabian Reinbold

17.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Leeann Tweeden: Ihre Vorwürfe befeuern die Sexismusdebatte in den USA.Vergrößern des BildesLeeann Tweeden: Ihre Vorwürfe befeuern die Sexismusdebatte in den USA. (Quelle: KABC-TV/ap-bilder)
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Fälle von sexueller Belästigung erreichen den US-Senat. Politiker müssen sich auch für Übergriffe erklären, die lange zurückliegen. Eine überfällige Debatte, die jedoch auch politisch instrumentalisiert wird.

Eine Analyse von Fabian Reinbold

Es gibt verschiedene Arten, wie Politiker auf Vorwürfe sexueller Übergriffe reagieren können. Sie können sie als Lügen abtun, sie können schweigen – oder sie können den Vorwürfen Glauben schenken und dann Tat und Täter kritisieren.

Donald Trump wendet alle drei Arten an.

Als ihm selbst von insgesamt 16 Frauen Übergriffe vorgeworfen wurden, erklärte er die Frauen zu Lügnerinnen. Die beiden anderen Varianten zeigt der US-Präsident bei den zwei großen Fällen, die die Debatte in Amerika momentan prägen.

Mehrere Frauen haben angegeben, dass sie Ende der 70er Jahre vom konservativen Senatskandidaten Roy Moore belästigt worden seien. Sie waren damals noch minderjährig. Moore, der damals Anfang 30 und Staatsanwalt war und sich im Dezember für die Republikaner im Bundesstaat Alabama in den US-Senat wählen lassen will, streitet alles ab und spricht von einer Kampagne. Der Fall beschäftigt die US-Medien und Politik seit einer Woche. Nur Trump schweigt bislang eisern, Fragen von Reportern ignorierte er mehrfach.

Das geschmacklose Foto des Senators

Ganz anders ist der Präsident mit den jüngsten Vorwürfen gegen den Senator Al Franken umgegangen. Am Donnerstag hatte Leeann Tweeden, eine Radiomoderatorin und früheres Model, schwere Vorwürfe erhoben. Franken soll ihr im Jahr 2006 Küsse aufgezwungen haben. Es gibt sogar ein Foto, in dem Franken der schlafenden Tweeden scheinbar an die Brüste greift. Trump kommentierte auf seine ganz eigene Art, in dem er per Tweet „Al Frankenstien“ attackierte und darüber sinnierte, was dieser wohl noch mit der Frau getan haben mag.

Die Fälle Al Franken und Roy Moore sind in vielerlei Hinsicht interessant und wichtig. Sie zeigen, dass die große Debatte über Sexismus und sexuelle Übergriffe im Zentrum der amerikanischen Politik angekommen ist. Losgetreten wurde sie vor einem Monat durch Vorwürfe gegen den Hollywood-Mogul Harvey Weinstein und wurde im Internet unter dem Schlagwort #Metoo geführt.

Die Debatte wird auch zur Munition in den politischen Grabenkämpfen in Washington. Denn Trump bezog eben nur im Fall des Demokraten Franken, der ein wortgewaltiger Gegner des Präsidenten ist, explizit Stellung. Im Fall Moore, der ein politischer Verbündeter ist, schweigt der Präsident.

Verjährung gilt in der öffentlichen Debatte aktuell nicht. Frankens Geschichte spielt im Jahr 2006, als dieser noch kein Politiker, sondern ein Comedy-Star war. Gemeinsam mit Tweeden war er auf einer Reise nach Afghanistan, um dort stationierte US-Soldaten zu unterhalten.

Die Vorwürfe an Moore betreffen vor allem das Jahr 1979. Auch die angeblichen Übergriffe des früheren US-Präsidenten Bill Clinton werden wieder Thema. Die demokratische Senatorin Kirsten Gillibrand sorgte am Donnerstag für Aufsehen, als sie sagte, ihr Parteifreund Bill Clinton hätte damals zurücktreten sollen.

Verschieben sich gerade die Maßstäbe in der Politik? Einerseits haben die Belästigungsanschuldigungen gegen Trump ihm vor einem Jahr nicht den Wahlsieg gekostet. Andererseits scheint es momentan, als ob es auch für mächtige Politiker schwieriger wird, Vorwürfe von sexueller Belästigung zu überstehen.

Politiker beider Parteien gehen mit den zwei Senatoren hart ins Gericht. Der Vorsprung Moores im Wahlkampf im eigentlichen erzkonservativen Alabama schmilzt seit Bekanntwerden der Vorwürfe dahin. Und Senator Franken sah sich genötigt, einer ersten etwas flapsigen Entschuldigung am frühen Freitag eine ausführlichere hinterher zu schicken, in der er selbst eine Untersuchung der Ethikkommission der Senats in seinem Fall anregte.

Kongress soll neues Meldesystem zu Übergriffen bekommen

Vier Abgeordneten haben ein Gesetz eingebracht, das die Weise, auf die sexuelle Übergriffe im Kongress gemeldet werden können, reformiert würde. Aktuell müssen Betroffene Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnen und sich zu einer Mediation bereit erklären, bevor die Beschwerde offiziell wird. Teilweise müssen sie darauf mehrere Monate warten.

Zukünftig, so wollen es die vier Abgeordneten, sollen Beschuldigte selbst entscheiden können, ob sie anonym bleiben wollen. Solche Maßnahmen könnten die Position der Opfer stärken und für weitere Transparenz beim Thema Politik sorgen.

Besonders aktiv dabei ist die Demokratin Gillibrand, deren Äußerungen zu Bill Clinton Schlagzeilen machten. Die Senatorin aus New York hatte sich zuvor bereits für Opfer sexueller Übergriffe in Militär und Hochschulen eingesetzt. Nun scheint in der Politik selbst der dringlichste Verbesserungsbedarf zu bestehen. Gillibrand sagte bereits mehrfach, dabei habe man bislang nur die Spitze des Eisbergs gesehen.

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