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Trump im Vergleich zu anderen US-Präsidenten: Wie schlimm ist er wirklich?


Schlechtester Präsident aller Zeiten?
An diesen Männern muss sich Donald Trump messen lassen

Von Marc von Lüpke

05.11.2020Lesedauer: 5 Min.
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Donald Trump und seine Vorgänger Abraham Lincoln und John F. Kennedy: Im Gegensatz zu ihnen wird Trump wahrscheinlich nicht als "guter" Präsident in die Geschichte eingehen.Vergrößern des Bildes
Donald Trump und seine Vorgänger Abraham Lincoln und John F. Kennedy: Im Gegensatz zu ihnen wird Trump wahrscheinlich nicht als "guter" Präsident in die Geschichte eingehen. (Quelle: Getty Images/iStockphoto/imago-images-bilder)

Einige haben gelogen und betrogen, wahre Heilige finden sich selten unter den früheren US-Präsidenten. Obwohl: Manch Staatsoberhaupt wird bis heute verehrt. Wie lässt sich aber Donald Trump beurteilen?

Sein Verhältnis zur Wahrheit ist bestenfalls fragwürdig, er tut alles, um seinen Willen durchzusetzen. Sein Mundwerk ist dabei völlig ungezügelt: Mit unflätigsten Schimpfwörtern bedenkt er seine Mitmenschen, wovon das mit dem "A..." schon eines der höflicheren darstellt. Von dieser Seite mussten die Amerikaner ihren Präsidenten kennenlernen. Nein, die Rede ist nicht von Donald Trump, dem 45. Staatsoberhaupt der USA.

Völlig losgelöst von Moral, Anstand und nicht zu guter Letzt Vernunft, agierte bereits nach Meinung vieler US-Bürger die Nummer 37 im Weißen Haus: Richard Milhous Nixon (1969–1974), der im August 1974 in Schimpf und Schande sein Präsidentenamt nach dem Watergate-Skandal niederlegte. Kurz vor der Amtsenthebung.

Moralische Katastrophe im Weißen Haus

Aufgeheizt ist die Stimmung auch heute wieder: Galt Richard Nixon schon als moralische Katastrophe im höchsten Staatsamt, setzte Donald Trump seit 2017 in dieser Hinsicht ebenfalls Maßstäbe. Es naht mittleweile auch die Zeit der Bewertung der Amtszeit Trumps. In den USA ist es geradezu Volkssport, die Männer, die im Weißen Haus regiert haben, zu beurteilen. Wer waren die Besten? Wer waren im Umkehrschluss wiederum die Schlechtesten?

2017 veröffentlichte etwa der US-Sender C-Span nach der Wahl Donald Trumps ein traditionelles Ranking, basierend auf dem Urteil zahlreicher Experten. Letztgenannter erscheint nicht in der Wertung, erst nach Ablauf einer Amtszeit wird diese begutachtet. Trotzdem lässt sich Trumps Politik mit der seiner Vorgänger vergleichen – wobei der derzeitige Mann im Weißen Haus Parallelen zu den am schlechtesten Bewerteten aufzeigt. Und mit den besten in keiner Weise mithalten kann.

Ikone der Republikanischen Partei

Mit bequemem Vorsprung präsidiert etwa ein Mann an der Spitze der entsprechenden Gesamtwertung, dessen Denkmal seit 1922 eine Pilgerstätte für Millionen in Washington, D.C. darstellt: Abraham Lincoln (1861–1865), 16. Präsident der USA und zugleich der Mann, dessen Wahl 1860 Anlass für die größte Krise war, die die USA im 19. Jahrhundert durchlebt haben: die Sezession der sklavenhaltenden Südstaaten und der folgende Bürgerkrieg. Vier Jahre lang führten Nord- und Südstaaten einen blutigen Konflikt gegeneinander, am Ende siegte die Union unter Lincoln. Und nicht zuletzt die Menschenrechte triumphierten, denn der 13. Zusatz zur US-Verfassung verbietet seit 1865 die Sklaverei.

Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar: Lincoln war der erste US-Präsident aus den Reihen der Republikaner, derselben Partei, die 2017 Donald Trump ins Weiße Haus entsandte. Der sich wiederum mit aller Kraft windet, um sich von rechtsextremen Rassisten in den USA nicht allzu sehr distanzieren zu müssen. Und immer wieder gegen Minderheiten hetzt, zuletzt gegen Latinos und Afroamerikaner, wie der Historiker Stephan Bierling es in seinem Buch "America First" beschreibt.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Wie Lincoln würde sich auch manch anderer früherer Bewohner des Weißen Hauses wahrscheinlich wundern, welchen politischen Schwenk nach ganz weit rechts die Republikaner mittlerweile vollzogen haben. Theodore Roosevelt (1901–1909) etwa, nach dem ersten Präsidenten der USA, George Washington (1789–1797) der Viertplatzierte im C-Span-Ranking, fuhr einen harten Kurs in der Außenpolitik, war im Inneren aber als Reformer und Naturschützer beliebt. 1906 erhielt er als erster Amerikaner überhaupt den Friedensnobelpreis für seine Vermittlung im Russisch-Japanischen Krieg.

Kim Jong Un spielte nicht mit

Auch Donald Trump schielte auf den Friedensnobelpreis, nicht zuletzt, weil sein Vorgänger Barack Obama (2009–2017) von den Demokraten ebenfalls mit diesem geehrt worden ist. Entspannung mit Nordkorea sollte ein Mittel für Trump werden, nobelpreiswürdig zu werden. Dumm, dass Nordkoreas Diktator Kim Jong Un nicht das gewünschte Entgegenkommen zur nuklearen Abrüstung zeigte.

So düster manchen Beobachtern die Amtszeit Trumps und die dadurch zum Ausdruck kommende Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft erscheint, so glorreich ist vielen John F. Kennedy (1961–1963) in Erinnerung geblieben: ein junger Präsident, gut aussehend, mit einer attraktiven Frau verheiratet, aus schwerreichem Elternhaus, dazu auch noch ein Kriegsheld ... Angesichts dieser Attribute blickten auch viele sehr religiöse Protestanten darüber hinweg, dass Kennedy Katholik war. Und sein Vater Joseph in der Vergangenheit etwas zu viel Sympathie für die Nazis bekundet hatte.

Der Filius hingegen zeigte schon kurz nach Amtsantritt 1961, dass er Nerven hatte, im C-Span-Ranking belegt er den achten Platz. Schon ein Jahr darauf rang Kennedy der Sowjetunion den Rückzug von Atomwaffen auf Kuba ab. Den Dritten Weltkrieg verhindert zu haben, das rechneten ihm viele Amerikaner an. Wer alles andere als glücklich war, war die First Lady Jacqueline "Jackie" Kennedy. Ihr Mann betrog sie nach Strich und Faden, Kennedys Libido schien unstillbar. Nach den moralischen Maßstäben der USA war sein Verhalten unentschuldbar. Das geheime Leben ihres Präsidenten wurde vielen Amerikanern allerdings erst nach seiner Ermordung im November 1963 offenbar.

Trumps Gebaren und Einstellung in Bezug auf Frauen war hingegen schon viel früher publik geworden. "Du kannst sie überall anfassen", lautet ein Satz des heutigen US-Präsidenten aus einem älteren Video von 2005, das in seinem Wahlkampf bekannt geworden ist. Die Öffentlichkeit war empört, Trumps Anhänger hielten ihm die Treue. Die Krise war ausgestanden.

Gebeutelt von Affären

Derartiger Erfolg war vor allem Trumps als "schlecht" bewerteten Vorgängern nicht immer beschieden. Warren G. Harding (1921–1923), laut C-Span der viertschlechteste US-Präsident, hatte es durch die Stimmen der Frauen, die 1920 erstmals in den USA wählen durften, zum Präsidenten gebracht. Er selbst sah sich als relativ unbefähigt an, das Amt auszuüben, vertrieb sich die Zeit mit zahlreichen Affären. Einige seiner Minister und Vertrauten nutzten hingegen ihre Ämter, um sich auf Kosten des Staates hemmungslos zu bereichern. Harding starb bereits 1923, nach gut zwei Jahren im Amt.

Trotz aller Skandale unter Warren G. Harding gebührt die Rote Laterne aller US-Präsidenten bislang James Buchanan. 1857 kam er ins Amt, als die USA einen starken und zugleich ausgleichenden Präsidenten gebraucht hätten. Buchanan war weder das eine noch das andere. Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Sklaverei spitzte sich damals immer weiter zu. Buchanan, mit 67 Jahren ohnehin in einem relativ hohen Alter Präsident geworden, sah der Eskalation bis zum Ende seiner Amtszeit 1861 tatenlos zu.

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Nicht bei allen Präsidenten fällt die Beurteilung dermaßen leicht. Woodrow Wilson (1913–1921), der Demokrat, der die USA 1917 in den Krieg gegen Deutschland geführt hatte und die Welt später "safe for democracy" machen wollte, war ein überzeugter Anhänger der Rassentrennung. Gleichwohl rangiert er unter den Top 12 der besten US-Präsidenten.

"Wozu Trump unfähig erscheint"

Im unteren Mittelfeld rangiert hingegen Richard Nixon. Dieser Lügner? Ja, denn trotz aller Verfehlungen und seines Rücktritts (als einziges Staatsoberhaupt in der Geschichte der USA) gilt Nixon nicht als der schlechte Präsident par excellence. Außenpolitisch beendete er den Vietnamkrieg für die Vereinigten Staaten, sorgte zudem für Entspannung mit China. Innenpolitisch trieb er den Umweltschutz voran, setzte sich für verbesserte Bildungschancen für Afroamerikaner ein sowie für die Beendigung der Assimilierungspolitik der US-Behörden gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern.

In Zeiten von Donald Trump erscheint Nixons Rücktritt in den Augen mancher Amerikaner fast umso respektabler. "Bei all seiner Düsternis, all seinen Gesetzesverstößen und Fehlern, glaubte Nixon doch an die Verfassung", schrieb Pattie Davis, die Tochter Ronald Reagans in der "Washington Post", der Zeitung, die Nixon einst zu Fall gebracht hatte. "Er trat in Schande zurück und fühlte, nach allen glaubhaften Quellen, eine immense Schuld – wozu Trump unfähig erscheint."

Wir werden sehen, wie Donald Trump in einiger Zeit bewertet werden wird. Fest steht, dass Trump die Spaltung, statt die Einheit der Amerikaner vorantrieb und vorantreibt. Wir dürfen gespannt sein auf das kommende Präsidenten-Ranking von C-Span.

Denn wie die USA auf zahlreiche schlechte Präsidenten zurückblicken in ihrer Geschichte, so auch auf viele große wie etwa Franklin D. Roosevelt (1933–1945), der das von der Weltwirtschaftskrise gebeutelte Land nicht nur wieder stabilisierte, sondern die USA auch siegreich durch den Zweiten Weltkrieg führte.

Verwendete Quellen
  • Stephan Bierling: America First. Donald Trump im Weißen Haus, München 2020
  • Bernd Stöver: United States of America, München 2012
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