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Kanada, USA und Europa: Wie rechte Trittbrettfahrer die Trucker-Proteste befeuern


Kanada, USA und Europa
Wie rechte Trittbrettfahrer die Trucker-Proteste befeuern

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

11.02.2022Lesedauer: 5 Min.
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Kein Durchkommen in die USA: Truckerfahrer in Kanada protestieren mit einer Blockade gegen die Impfpflicht für ihre Berufsgruppe. (Quelle: Reuters)

Noch protestieren nur in Kanada die Trucker. Doch nach t-online-Informationen wollen die Organisatoren den Straßen-Widerstand auf die USA und Europa ausdehnen. Angefacht werden sie von großzügigen Spendern und rechtskonservativen Kräften.

Immerhin: Das Geld für die protestierenden Lkw-Fahrer in Kanada fließt deutlich schneller, als der seit vielen Tagen blockierte Verkehr an den Grenzen zu den USA. Auf einer christlich-konservativen Spendenplattform mit dem Namen "GiveSendGo" lässt sich derzeit per Liveticker verfolgen, wie groß und international die finanzielle Unterstützung für diesen sogenannten Freedom Convoy ist.

Von rechts nach links laufen per Spruchband die Namen der Spender ein: "Anonymous hat gerade 10 Dollar an 'Freedom Convoy 2022' gespendet", "Familie Dean hat gerade 100 Dollar an 'Freedom Convoy 2022' gespendet".

Was nach kleinen Beträgen klingt, ist im Sekundentakt auf "GiveSendGo" zu einem Betrag von umgerechnet fast 8 Millionen Euro angewachsen. 16 Millionen sollen es noch werden. Auch andere Seiten wie "Adopt a Trucker" werben um Geldspenden und materielle Unterstützung.

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Auf ihren Social-Media-Kanälen feiern die Fans den Protest als historisch. Es sind inzwischen tatsächlich viele Tausend riesige Trucks, Zehntausende Demonstranten, noch mehr Sympathisanten und viele Millionen an Spendengeldern aus der ganzen Welt.

Die seit zwei Wochen andauernde Trucker-Großblockade des "Freedom Convoy" in der Hauptstadt Ottawa und mehreren Grenzgebieten zu den USA gegen Covid-19-Restriktionen stellt damit längst kein Problem mehr dar, das allein die Regierung und die Bürger von Kanada beschäftigt. Die Proteste treffen auf eine pandemiemüde Bevölkerung. Sie weiten sich aus, blockieren die Lieferketten und haben damit mittlerweile auch eine wirtschaftliche Dimension.

Sorge vor Massenprotesten in den USA und Europa

Ähnliche Proteste haben mit Paris und Brüssel inzwischen auch Städte in Europa erreicht. An diesem Samstag soll nach Informationen von t-online auch in den USA ein großer Trucker-Protestzug anrollen – ausgehend von der Westküste in Los Angeles bis in die US-Hauptstadt Washington. Ankommen wollen die Organisatoren dort am 1. März, pünktlich zur Rede an die Nation von US-Präsident Joe Biden.

In zahlreichen Telegram-Gruppen, auf Instagram und Facebook tauschen sich Organisatoren und Unterstützer zu Zehntausenden bereits seit vielen Tagen aus. "Bildet Facebook-Gruppen und verbreitet das Datum 12. Februar. Aber diskret, um zu verhindern, dass sie sofort gesperrt werden", lautete etwa ein Aufruf, der t-online vorliegt.

Inzwischen werden weitere Trucker-Protestzüge angekündigt. Einer mit dem Namen "The Peoples Convoy" soll offenbar am 4. März starten. Der Name soll die Botschaft transportieren: Nicht mehr nur Trucker, sondern Menschen aus der gesamten Bevölkerung dürfen mitfahren.

Ob es aber wirklich zu all dem kommen wird, ist derzeit unklar. Die Organisatoren scheinen noch Schwierigkeiten zu haben, sich zu koordinieren. Die US-Behörden, darunter das Innenministerium, warnen allerdings vor den möglichen Protesten und befinden sich bereits in erhöhter Alarmbereitschaft. An diesem Wochenende findet in Los Angeles auch das Super-Bowl-Finale im American Football statt.

Der Polizeichef von Ottawa, Peter Sloly, gab unterdessen bekannt, dass "bedeutende Elemente" aus den USA an den Protesten teilgenommen, sie finanziert und mitorganisiert hätten. "Sie haben sich in unserer Stadt zusammengeschlossen, und sie haben weitergehende Pläne", so Sloly.

Unterstützung durch die Republikaner

Die Proteste in Kanada sind nicht erst dadurch zu einem Politikum, auch in den USA, geworden. Hier erklären sich seit Tagen zahlreiche Politiker der Republikaner solidarisch mit den Lkw-Fahrern, die sich gegen eine Impfpflicht für den Grenzübertritt nach Kanada und andere Covid-19-Regeln stellen. Unter ihnen auch Ex-Präsident Donald Trump.

Alaskas Senator Dan Sullivan sprach in einem Interview davon, dass man die Lastwagenfahrer, die während der Pandemie für volle Ladenregale gesorgt hätten, nicht per verordneter Impfpflicht mit Arbeitsplatzverlust bedrohen dürfe. Nicht ohne Stolz formulierte er: "Mit ihrer mutigen Haltung gegen Impfpflichten machen auch Trucker aus Alaska gerade Schlagzeilen, gemeinsam mit ihren kanadischen Kollegen."

Texas' Senator, der Republikaner Ted Cruz, hat derweil Untersuchungen gegen eine andere US-Spendenplattform mit dem Namen "GoFundMe" gefordert. Der Grund: Dort sammelten die Unterstützer der Proteste schon zuvor die Gelder. Auch hierbei kamen umgerechnet bereits fast 8 Millionen Euro für die Trucker zusammen. Doch diese Aktion wurde von den Plattformbetreibern zuerst gesperrt. Danach wurden die einzelnen Spendenbeträge den Geldgebern zurücküberwiesen.

"GoFundMe" lässt dazu auf seiner Webseite wissen: Man unterstütze "friedliche Proteste" und man glaube auch, "dass dies die Absicht der Spendenaktion 'Freedom Convoy 2022' war, als sie ursprünglich ins Leben gerufen wurde". Man habe nun aber Beweise der Strafverfolgungsbehörden, "dass die zuvor friedliche Demonstration zu einer Besetzung geworden ist". Es gebe Polizeiberichte "über Gewalt und andere rechtswidrige Aktivitäten".

Für Ted Cruz und andere Republikaner ist das ein Grund, rechtlich gegen die Plattform "GoFundMe" vorzugehen. Der Multimilliardär und Tesla-Chef Elon Musk scheint diese Sicht zu teilen. In einem Post äußerte er mit einem Bild die Meinung, bei "GoFundMe" würde es sich um "professionelle Diebe" handeln.

Aus der inzwischen nicht mehr einsehbaren Spendenhistorie dort geht hervor, dass bereits bei dieser Sammelaktion große Geldbeträge von Firmen und Privatpersonen aus den USA nach Kanada fließen sollten. Darunter nach t-online-Informationen Speditionen, Bauunternehmen und zahlreiche anonyme Spender. Eine der Hauptorganisatorinnen der Spendenaktionen ist die kanadische Politikerin Tamara Lich, die bis vor Kurzem der separatistischen Maverick Partei angehörte.

Tatsächlich befinden sich längst nicht mehr nur Trucker unter den Demonstranten, Blockierern und Unterstützern. Politische Trittbrettfahrer von den Republikanern, extreme Rechte, Verschwörungsideologen von QAnon und Neonazis mischen sich unter die Protestierenden und versuchen in vielen Ländern, die Menschen anzustacheln.

Für Deutschland übernimmt diesen Part etwa die AfD-Politikerin und EU-Parlamentarierin Christine Andersen. Mit Unterstützungs-Tweets und Angriffen gegen den kanadischen Premier macht sie seit Tagen Stimmung.

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Gezielte Verbreitung in konservativen Kanälen

Zu großer Bekanntheit in konservativen Kreisen in den USA gelangte der Trucker-Protest in Kanada unter anderem auch, weil der bekannte Fox News-Moderator Tucker Carlson einen der kanadischen Organisatoren in seiner Sendung interviewt hatte. Benjamin Dichter bedankte sich anschließend überschwänglich. Dies sei "wundervoll und mehr als hilfreich" gewesen.

Kurz darauf legte Tucker Carlson noch nach: "Das ist ein friedlicher Protest, nicht al Qaida", sagte er an den kanadischen Premierminister Justin Trudeau gerichtet. Auf Fox News und vielen anderen Kanälen ist der kanadische Trucker-Protest Dauerthema. Während Kritiker Zustände wie beim 6. Januar befürchten, sprechen Befürworter von friedlichen Bürgern.

Nachdem zwischenzeitliche Gerüchte vonseiten der kanadischen Regierung dementiert wurden, man wolle notfalls das Militär gegen die Blockierer einsetzen, macht nun die US-Regierung Druck auf den Nachbarn. Denn wegen der Grenzblockade müssen bereits Autohersteller in beiden Ländern ihre Produktion einstellen. Das Weiße Haus teilt mit, dass der US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas und der Verkehrsminister Pete Buttigieg mit ihren kanadischen Amtskollegen gesprochen und sie aufgefordert hätten, bei der Lösung zu helfen.

Derweil will Kanada jetzt Verstärkungen der Royal Canadian Mounted Police in die Städte Windsor, Ottawa und Coutts sowie nach Alberta schicken, wo weitere Grenzblockaden stattfinden. Medienberichten zufolge werden jetzt auch weitere Optionen erwogen, um den Protest zu beenden.

In den USA fällt unterdessen auf, dass nicht nur New York, sondern auch andere von den Demokraten regierte Bundesstaaten dabei sind, zumindest ihre Maskenpflichten aufzuheben. Offizieller Grund sind die sinkenden Infektionszahlen. Angesichts des wachsenden Drucks anhaltender und sich ausweitender Protestbewegungen, sowie der politischen Angriffe der Republikaner will man offenbar im Jahr der Zwischenwahlen aber auch schnell etwas Luft aus dem Kessel lassen.

Brian Brase, einer der Hauptorganisatoren der US-Kopie des kanadischen Trucker-Protests kündigte auf seiner zwischenzeitlich gesperrten Facebook-Seite vor kurzem an: "Kanada, vertrau mir, wir kommen. Bleib stark!...Ich kann es nicht erwarten! Bis bald, Kalifornien!"

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