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Donald Trump und der Kapitol-Sturm: Der große Manipulator


Die Macht der Worte
Jetzt hat Trump sich selbst demaskiert

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 22.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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"Ich möchte nicht sagen, dass die Wahl vorbei ist": Trumps Macht der Worte ist ungebrochen.Vergrößern des Bildes
"Ich möchte nicht sagen, dass die Wahl vorbei ist": Trumps Macht der Worte ist ungebrochen. (Quelle: imago-images-bilder)

Noch immer fällt es schwer, Donald Trump die Schuld am Sturm aufs Kapitol gerichtsfest nachzuweisen. Aber seine Worte sind eindeutig.

Die Worte einer jungen Frau offenbaren es schließlich: Was Donald Trump so mächtig und gefährlich macht, ist einerseits so einfach und andererseits so kompliziert. Denn es ist die Macht der Sprache. Auf seine Anhänger hat sie eine ungeheure Wirkung. Sie aber juristisch zu fassen, ist ungeheuer schwer.

Sarah Matthews, 27, war früher stellvertretende Pressesprecherin im Weißen Haus. Jetzt sitzt sie an diesem vorerst letzten Anhörungstag des Untersuchungsausschusses zum Sturm auf das US-Kapitol vor dem Komitee und erzählt von ihrem ehemaligen Chef.

Als der aufgebrachte Mob längst dabei war, das Kapitol zu stürmen, nutzte Trump am 6. Januar seine ganze Macht. Er setzte eine Nachricht zu seinem Vizepräsidenten über Twitter ab. "Mike Pence hatte nicht den Mut, das zu tun, was hätte getan werden sollen." Die wütende Menge grölte: "Hängt Mike Pence, hängt Mike Pence!" Selbst die Sicherheitsleute von Pence sollen um ihr Leben gebangt und sich bereits von ihren Familien verabschiedet haben.

"Das war das Letzte, was wir in diesem Moment brauchen konnten", erinnert sich Sarah Matthews. Mit ein paar wenigen Worten habe Trump mit seinem Tweet denjenigen, die das Kapitol stürmten, grünes Licht gegeben. Er habe ihnen damit signalisiert, dass ihr gewalttätiges Verhalten berechtigt sei. "Das hätte er nicht tun sollen. Er hätte diesen Menschen sagen müssen, dass sie heimgehen sollen. Er hätte die Gewalt verurteilen müssen", so Matthews. Trump aber tat nichts. 187 Minuten lang ignorierte er selbst das Flehen seiner Parteikollegen und Familienmitglieder.

Die Manipulation der Massen

Sarah Matthews kennt Trump und seine Wortgewalt. Sie reiste mit ihm einst durchs ganze Land, erlebte seinen Wahlkampf und seine Auftritte vor Tausenden Menschen hautnah. "Ich habe gesehen, welche Wirkung seine Worte auf seine Anhänger haben", sagt Matthews. "Sie klammern sich wirklich an jedes Wort, das er sagt, an jeden Tweet." Was Trump an diesem 6. Januar 2021 getan hat, war ihrer Ansicht nach: "Benzin ins Feuer gießen und es noch viel schlimmer machen."

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Wie sorgsam Trump seine Worte wählt, um die eigenen Pläne nicht zu gefährden, machen an diesem Tag vor dem Ausschuss auch bislang nicht gezeigte Videos bemerkenswert deutlich. Es sind Szenen, die den damaligen Präsidenten am 7. Januar dabei zeigen, wie er eine Rede an das amerikanische Volk aufnimmt. Es sind Szenen, die nie gezeigt werden sollten. "Diese Wahl ist jetzt vorbei. Der Kongress hat die Ergebnisse bestätigt", hört man Trump von einem Teleprompter ablesen. Dann unterbricht er und sagt: "Ich möchte nicht sagen, dass die Wahl vorbei ist."

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Der große Plan liegt offen

Mit diesem Video schließt sich gewissermaßen ein Kreis. Denn der Plan von Trump und seinen Anhängern war und ist es bis heute, die Wahl nicht anzuerkennen. Die Lüge von der gestohlenen Wahl soll um jeden Preis weiterhin verbreitet werden. Schließlich dient sie ihm und seinen Anhängern als Rechtfertigung, sogar mit Gewalt gegen den politischen Gegner vorzugehen. "Mein einziges Ziel war es, die Wahl zu sichern", sagt Trump.

Eine vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit gelangte Tonaufnahme des ehemaligen Trump-Beraters Steve Bannon belegt diesen Plan eindrucksvoll. Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen im November 2020 sprach Bannon am 31. Oktober zu Vertrauten. "Trump wird seinen Wahlsieg verkünden. Das wird nicht heißen, dass er der Gewinner ist. Er wird nur verkünden, dass er der Gewinner ist."

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Man wusste, dass deutlich mehr Wählerinnen und Wähler der Demokraten per Briefwahl abstimmen und deren Stimmen etwas später ausgezählt würden. Diese Chance wollte Trump nutzen und einen frühen Wahlsieg auf Grundlage der Nicht-Briefwahlstimmen verkünden. Ein erfundener massenhafter Wahlbetrug per Briefwahl sollte den Demokraten zugeschoben werden. "Wenn ihr am Mittwochmorgen [nach der Wahl] aufwacht, wird ein Feuersturm losbrechen", kündigte Bannon an. Wenn Trump seinen Wahlsieg verkünden würde, würden die Antifa, die Medien, Demokraten und die Gerichte vollkommen verrücktspielen.

Trumps ungebrochene Macht

Die Beweise für einen von langer Hand geplanten Staatsstreich, so scheint es zumindest, sind erdrückend. Aber so lange das amerikanische Justizministerium sich nicht imstande sieht, eine wasserdichte Anklage gegen Donald Trump, Steve Bannon und viele weitere politische Verschwörer zu formulieren, so lange können der Ex-Präsident und seine Worte weiter wirken.

Auf seinem eigenen sozialen Netzwerk, das er nicht ohne Grund "Wahrheit" nennt, verbreitet Trump weiterhin Nachrichten an seine vielen Millionen Unterstützer. Den Untersuchungsausschuss bezeichnet er auf "Truth" seit Wochen durchgängig als "The Unselected". Das parlamentarische Gremium der "Nicht-Ausgewählten" soll damit delegitimiert werden. Nur Demokraten und verräterische Republikaner wie Liz Cheney und Adam Kinzinger würden dort sitzen.

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Einmal mehr verdreht Trump damit wirkmächtig mit seinen einfachen Worten die Wahrheit. Egal, wie sehr die Demokraten den Ausschuss auch politisch instrumentalisieren mögen. Es war die übergroße Mehrheit der Republikaner, die ihrerseits die Mitarbeit an der Aufklärung der Hintergründe vom 6. Januar verweigert hat.

Im September sollen weitere Anhörungen des Untersuchungsausschusses folgen. Ein Abschlussbericht soll Ende des Jahres fertiggestellt sein. Wann, wie und ob das Justizministerium zur Tat schreiten wird, ist unklar. Donald Trump wird weiter Wahlkampf machen, um seine Getreuen bei den Zwischenwahlen im November im Kongress und an entscheidenden Stellen der Macht zu installieren. Als Nächstes tritt er am Freitagabend im Swing State Arizona auf, um die radikale Kari Lake zu unterstützen.

Vieles spricht derzeit dafür, dass die Republikaner im November die Mehrheit zumindest im Repräsentantenhaus erlangen werden. Möglicherweise wird dann der bisherige Minderheitsführer Kevin McCarthy der Sprecher des Hauses. Das ist ein Mann, der kurz nach den Ereignissen vom 6. Januar den Rücktritt von Trump forderte und keinen Zweifel an dessen Verantwortung für den Sturm auf das Kapitol ließ. Kurz darauf schien all das aber wieder vergessen. Trumps Macht, sie reicht nach wie vor weit hinein in die Grand Old Party.

Verwendete Quellen
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