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Anne-Will-Talk: Ist der Wahlkampf bereits entschieden?


Wahlkampf-Talk bei "Anne Will"
"Da kommt mir die SPD denkfaul vor"

t-online, David Heisig

Aktualisiert am 18.09.2017Lesedauer: 4 Min.
Die Gäste bei Anne Will: Frank Richter (l-r), Theologe und ehemaliger Leiter der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft, Thea Dorn, Philosophin und Publizistin, Moderatorin Anne Will, Theo Waigel (CSU) und Gesine Schwan (SPD).Vergrößern des BildesDie Gäste bei Anne Will: Frank Richter (l-r), Theologe und ehemaliger Leiter der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft, Thea Dorn, Philosophin und Publizistin, Moderatorin Anne Will, Theo Waigel (CSU) und Gesine Schwan (SPD). (Quelle: Wolfgang Borrs/NDR/dpa)
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Eine Woche vor der Bundestags-Wahl nahm sich Anne Will mit ihrer Runde der Frage an, ob Politiker ihre Wähler verstehen. Eine klare Antwort bekam sie nicht.

Die Gäste

• Gesine Schwan (SPD), Politologin
• Thea Dorn, Philosophin
• Theo Waigel, Ehrenvorsitzender der CSU
• Frank Richter, ehemaliger Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen
• Bernhard Pörksen, Medien- und Kommunikationswissenschaftler

Das Thema

Glaubt man Wahlprognosen, scheint die Bundestagswahl gelaufen zu sein. Die Parteien haben sich auf den „Wohlfühlwahlkampf“ zurückgezogen. GroKo oder Jamaica – für eins von beidem wird es schon langen. Nicht ganz in dieses entspannte Bild passen die Wähler, die der Bundeskanzlerin im Osten der Republik ihre Wut entgegen schreien. Auch das schwere Wähler-Pfund der Unentschlossenen macht das Bild sehr unwägbar. Will machte zu Beginn die Rechnung auf, dass 40 Prozent noch nicht wissen, wen sie wählen sollen. Warum dem so sei, eröffnete sie den Fragereigen? Die Aufstellung ihrer Runde erschien gut geeignet, diese Fragen diskutieren zu können. Mit stark vertretener Wissenschaft und zwei Politikerstimmen, die bis dato ob ihrer Gesetztheit nicht allzu lautstark im Wahlkampfmodus schreien mussten.

Die Fronten

Pörksen analysierte, die Unentschiedenheit der Wähler sei Resultat „eines Wahlkampfs, der von Stimmungen regiert wurde“. Hacker-Angst, Schulz-Hype und absurdes TV-Duell. Sein Vorwurf an die Parteien der Mitte: die Visionen fehlten. Dem Wähler wären programmatische Alternativen nicht mehr sichtbar. Aufschrei von Schwan und Waigel Fehlanzeige. Eher beidseitige Zustimmung. „Jeden Tag eine Meinungsumfrage alles sei entschieden: das ärgert die Menschen“, so der CSU-Mann. Die Politik-Ur-Gesteine einer Meinung? Jein. Dem natürlichen Lauf der Politikdinge geschuldet, verteilten beide die Schuld an der Misere jeweils anders. Merkel mache Politik, der Herausforderer Wahlkampf, so der CSU-Mann. Schulz müsse angreifen. Dass Merkel weiter ihr Ding mache, dürfe man ihr nicht vorwerfen.

Vor allem bezüglich Europa habe die SPD keine Vision. Um ein Vakuum zu verhindern, das radikale Parteien ausnützten, müsse eine Volkspartei wieder in die Opposition, so Waigel. Wen er da nur gemeint haben mag? Schwan indes machte das von ihr fest gestellte Glaubwürdigkeitsproblem ihrer Partei an der GroKo fest. Die mache es schwer zu beweisen, dass „man eigentlich was anderes will“. Die von Pörksen angemahnten Visionen, nannte sie Strategien, wie man zukünftigen Problemen der Gesellschaft begegnen wolle. Gerade die Union habe solche Strategien nicht. Pörksen ergänzte, die Parteien müssten unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe prägen.

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Aufreger des Abends

Die SPD habe ihre Chance verpasst, vor allem bei Fragen des Arbeitsmarkts sozialdemokratische Kante zu zeigen, so Dorn. „Da kommt mir die SPD denkfaul vor“, so die Philosophin. Die Lunte war gelegt. „Drauf los“ wäre gegangen, so Schwan, aber ohne weite Teile der Partei. Dorns Vorwurf sei unfair, da sie den Politikbetrieb nicht kenne. Ein wenig beleidigt schob sie nach, dass man in der Europapolitik Unterschiede herausgearbeitet habe. Merkel setze hier auf Wettbewerb, die SPD auf Solidarität. Dorn legte nach. Die Kehrseite der zufriedenen Mitte sei, dass die Politik das Wahlvolk in trügerischer Ruhe wähne. Etwa bei der Frage, welches Menschenbild in der Bildung in Zukunft gelehrt werden solle. Vom Menschen, der „verwertbar im Betrieb“ sei oder ein humanistisches. Diese Themen kämen nicht vor. Schwan ging die Hutschnur hoch. „Das stimmt ja einfach gar nicht“, echauffierte sie sich. Bildung, Gesundheit seien Themen für die Jungen, die man im SPD-Wahlprogramm nachlesen könne. „Haben sie das Wahlprogramm gelesen?“, ärgerte sie Dorn. Vor allem die Kanzlerin wische mit ihrem Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit das humanistische Menschenbild weg, versuchte sie Dorns SPD-Schelte ins Schwarze zu kehren.

Als Dorn schlussendlich den Vorwurf brachte, man habe mit der Aussage von Staatssekretärin Aydan Özoguz (SPD), es gebe über die deutsche Sprache hinaus keine gemeinsame deutsche Kultur, der AfD das Feld überlassen, war es um Schwans Puls geschehen. Sie hätte Özoguz mit einer Reise von der Ostseeküste, über die Anna Amalia-Bibliothek zum Oktoberfest gezeigt, dass es deutsche Kultur gebe, legte Dorn noch einen drauf. Schwan nahm es persönlich. Sie lasse es sich nicht gefallen, dass Dorn sage, sie wisse nicht was deutsche Kultur sei, so Schwan übel gelaunt. „Sie können doch nicht ernsthaft wollen, dass ich ihnen eine Formel des deutschen Wesens präsentiere“, so Dorn gereizt.

Will-Moment

Will konnte sich zurücklehnen, die Diskussion lief ohne viel Zutun ihrerseits. Das hielt sie aber nicht davon ab, zu schäkern und zu kitzeln. Etwa als sie Waigel fragte, ob „die Union über die Zukunft überhaupt noch nachdenken“ wolle, wenn „Deutschland mit 40 Prozent der Wähler über 60 ein zu altes Land“ sei. Der zog die Augenbraue hoch und verstand es erst falsch. „Wir sind so alt wie wir sind“, kokettierte er mit seinem eigenem Alter. Will stellte klar, es ginge ihr um seine Partei. Waigel betonte, alle Parteien diskutierten zu wenig über die junge Generation. Was auf diese alleine an implizierter Staatsschuld zukomme, sie enorm. Will legte nach: „Sie finden Angela Merkel so toll“, spielte sie auf seine Wählerinitiative für die Kanzlerin an. Warum Merkel ihren Wählern da nicht mehr zumute, fragte sie den Bayern. Den ließ es kalt und verwies auf Klima-Meriten der Kanzlerin.

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