Kommentar: Diese Wahl wird mein Deutschland verändern

Wir können stolz sein auf Deutschland. Nicht auf die dunkle Vergangenheit, aber auf das danach Erreichte. Deutschland ist heute stark und gut. Doch wird es das auch bleiben?

Ein Kommentar von Carsten Werner

Deutschland, das war für mich immer eines der besten Länder der Welt. Eines, auf das man zurecht stolz sein kann. Und ich war stolz, auf unsere Demokratie, unsere Weltoffenheit, unsere starke Wirtschaft und unser Bestreben, nach der düsteren Vergangenheit des Nationalsozialismus weltweit nur noch das Gute zu verkörpern. Ich war überzeugt, wenn wir immer wieder an die Schrecken der Geschichte erinnern, würden sich diese nicht wiederholen.

Natürlich ist Deutschland nicht perfekt. Auch bei uns gibt es Armut, Ungerechtigkeiten, Hass und Ressentiments. Und doch scheint unser Land vieles besser zu machen als andere. Deutschland ist mächtig und wird geachtet. Wir wollen die Welt mitgestalten und verbessern. Wir wollen helfen und reichen anderen die Hand. Wir stehen für Freiheit, Recht und Demokratie. Wir grenzen uns von denen ab, die den Fortschritt aufhalten wollen. Das ist mein Deutschland – bisher.

In einigen Tagen schlägt sie wieder, die große Stunde der deutschen Demokratie. Millionen Menschen werden entscheiden, wer künftig unser Land lenken soll. Das Ergebnis scheint bereits festzustehen. Natürlich wird die Union gewinnen und die einst so große SPD, meine Partei, ein großes Debakel erleben. Ich kann damit leben, es ist nicht unverdient. Anders ist es mit dem zu erwartenden Erfolg der "Alternative für Deutschland". Jeder Fünfte könnte dieser rechtspopulistischen Partei seine Stimme geben. Das erschüttert mein Bild vom guten Deutschland.

Ob Björn Höckes Geschwafel vom tausendjährigen Reich oder André Poggenburgs Chat-Aussage "Deutschland den Deutschen": Ich hatte gehofft, diese Zeiten seien für immer vorbei. Doch ich habe mich getäuscht. Rechtsextremisten, Rassisten und Geschichtsleugner sollen nach Meinung vieler Deutscher über die Zukunft unseres Landes mitentscheiden. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung hat sich intensiv mit den Kandidaten der AfD befasst. Ihre Vorstellung von einem "alternativen" Deutschland erfüllt mich mit Abscheu und Sorge. Wie viele Menschen lassen sich noch von Populisten ködern? In welchem Land werden meine Kinder einmal leben?

Für meine beiden Söhne ist die Welt derzeit noch in Ordnung. Sie wird bestimmt von Familie, Schule, Freunde. Das große Ganze ist für sie noch ziemlich klein. Wenn sie selbst einmal groß sind, sollen sie stolz sein können auf ihr Land, weil Deutschland gut ist und Dinge besser macht als viele andere. Weil alle Menschen sich hier wohlfühlen können. Und weil es hilft, wo immer es kann. Welchen Weg wird Deutschland einschlagen? Wir haben es selbst in der Hand.