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Befreiungsschlag? Angela Merkels Kabinett wird jünger und weiblicher


Jüngeres und weiblicheres Kabinett
Mit neuen Gesichtern versucht Merkel den Befreiungsschlag

dpa, Jörg Blank

Aktualisiert am 26.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel bei der Vorstellung ihrer Kabinettsliste: Kann sie mit neuen Gesichtern ihre Kritiker ruhigstellen?Vergrößern des BildesAngela Merkel bei der Vorstellung ihrer Kabinettsliste: Kann sie mit neuen Gesichtern ihre Kritiker ruhigstellen? (Quelle: imago-images-bilder)
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Jünger und weiblicher will die CDU-Chefin ihr Kabinett und ihre Partei machen. Intern steht sie unter Druck. Kann die Kanzlerin ihre Kritiker mit ihrer Kabinettsliste besänftigen?

Angela Merkel versucht den Befreiungsschlag. Mit Jens Spahn bindet die CDU-Chefin einen ihrer größten internen Kritiker ins Kabinett ein. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer wird eine erfolgreiche und in der Partei beliebte Ministerpräsidentin Generalsekretärin. Und als künftige Bildungsministerin präsentiert die Kanzlerin am Sonntag die 46 Jahre alte Anja Karliczek. Vor allem jünger und weiblicher sollten Regierungsmannschaft und Partei werden, hatten die Kritiker von der Kanzlerin nach dem Desaster bei der Bundestagswahl verlangt. Merkel hat geliefert.

Ist Merkel auf die Partei zugegangen oder nicht?

Als die CDU-Chefin dann am Abend vor dem Hintergrund der Personalie Spahn darauf angesprochen wird, dass sie einen großen Schritt auf die Partei zugegangen sei und sich für konservativere Positionen öffne, antwortet sie trocken. Sie würde sich "den Terminus" nicht zu eigen machen, dass sie einen Schritt auf die Partei zugegangen sei.

Und auch auf die Frage, ob sie als Plan B bereit sei, eine Minderheitsregierung anzuführen, falls der SPD-Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag scheitere, gibt sich Merkel schmallippig: "Nein, bin ich nicht." Sie setze darauf, dass die intensive Werbung der SPD-Spitze für eine große Koalition erfolgreich sein werde. Punkt.

Wahl von Kramp-Karrenbauer wird Gradmesser

Ob Merkels Befreiungsschlag gelingt, dürfte sich schon an diesem Montag zeigen. 1001 Delegierte sollen dann den Koalitionsvertrag mit der SPD absegnen. Gradmesser für Merkel werden zwei Prozentzahlen sein. Bei der Wahl von Kramp-Karrenbauer wird in der CDU-Spitze mit einem Ergebnis von gut über 90 Prozent gerechnet – die 55 Jahre alte Saarländerin sollte von den Delegierten mit einem Vertrauensbeweis ausgestattet werden. Anders könnte es aussehen, wenn die Delegierten dem Koalitionsvertrag zustimmen sollen.

Die Parteitagsregie hat deshalb zwischen beide Abstimmungen eine Art Brandmauer gelegt: Über das Papier zur Zusammenarbeit mit der SPD soll direkt nach der Aussprache über Merkels Rede abgestimmt werden. Erst im Anschluss wird die neue Generalsekretärin gewählt. Im Klartext: Fällt die Zustimmung zum Koalitionsvertrag relativ gering aus – Insider tippen auf 80 bis 90 Prozent – könnte das Ergebnis für Kramp-Karrenbauer umso besser werden.

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Dass Merkel nun ihren größten Kritiker Spahn ins Kabinett einbinden will, hat sich seit Tagen abgezeichnet. Dass der 37-Jährige, der als Zukunftshoffnung der Konservativen gilt, Gesundheitsminister wird, ist inhaltlich konsequent. Bevor Spahn Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium wurde, war er von 2009 bis 2015 gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Ob sich allerdings Anhänger und Verbündete Spahns wie der Mittelstandspolitiker Carsten Linnemann oder JU-Chef Paul Ziemiak durch Merkels Entscheidung zufriedenstellen lassen, ist offen.

Bei ihrer Entscheidung für die weitgehend unbekannte gelernte Hotelfachfrau und Bundestagsabgeordnete Karliczek als Bildungs- und Forschungsministerin orientierte sich Merkel wohl vorrangig daran, eine junge Frau zur Ressortchefin zu machen. Dabei war vor der Verkündung noch zu hören, es stehe ein großer Wurf an, der die Entscheidung der Kanzlerin für Spahn aus den Montagsschlagzeilen verdrängen werde. Das ist dann doch nicht so gekommen.

Merkels schmerzliche Entscheidung bei Hermann Gröhe

Als Merkel am Abend gefragt wird, ob es ein Manko sei, dass sie keine ausgewiesene Wissenschaftsexpertin für das Bildungsressort habe präsentieren können, antwortet sie recht entspannt: Als sie als junge Frau Umweltministerin im damaligen Kabinett Kohl wurde, habe es auch große Zweifel gegeben. Es gehe aber darum, dass ein Minister charakterlich geeignet sei und die Fähigkeit habe, Neues aufzunehmen. So wie ein Verteidigungsminister nicht erst alle soldatischen Laufbahnen durchlaufen müsse, müsse eben auch "eine Wissenschaftsministerin ein offenes Herz für die Wissenschaft haben, aber sie muss nicht selber Wissenschaftlerin gewesen sein".

Die Entscheidung für Karliczek ist vor allem für den bisherigen Gesundheitsminister Hermann Gröhe bitter. Wohl auch wegen des Regionalproporzes – beide kommen aus Nordrhein-Westfalen – musste der Neusser an seinem 57. Geburtstag zur Kenntnis nehmen, dass er im nächsten Kabinett Merkel nicht mehr vertreten sein wird. Dabei galt der Ex-CDU-Generalsekretär lange als Vertrauter der Kanzlerin – von einer schmerzlichen Entscheidung spricht die CDU-Chefin.

Bei Spahn bleibt Merkel gelassen

Zeichnet sich mit Merkels Entscheidungen für Kramp-Karrenbauer und Spahn nun ein jahrelanger Machtkampf um ihre Nachfolge ab? Sie gilt als Kronprinzessin, er für etliche als Reservekanzler. Hört man sich in der CDU um, gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Manche glauben, dass es sich der als ungeduldig geltende Spahn kaum verkneifen werde, immer wieder mal ein profilbildendes Gerangel mit der neuen Parteimanagerin zu suchen. Andere halten ihn für klug genug, sich mit Querschüssen zurückzuhalten – schließlich unterliege er nun der Kabinettsdisziplin.

Die Kanzlerin selbst gibt sich mit Blick auf Spahn gelassen. Beim Gespräch um dessen Ministerposten habe man außer über die fachliche Dimension natürlich auch über die Erwartung gesprochen, "was bedeutet Zusammenarbeit in einem Kabinett", berichtet sie. "Aber das ist mit jedem so, da brauchte ich keine besondere Gesprächsführung zu betreiben." Es sei ja okay, dass es mal kritische Anmerkungen gebe. Trotzdem gebe es auch den Auftrag, für Deutschland etwas Gutes zu bewegen, sagt Merkel. "Und das, glaube ich, will er. Genauso wie alle anderen Kabinettsmitglieder auch."

Verwendete Quellen
  • dpa
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