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Bürgergeld: SPD hofft auf Kompromiss in diesem Monat


Vor Abstimmung im Bundesrat
Bürgergeld: SPD hofft auf Kompromiss in diesem Monat

Von t-online, rtr, dpa, afp
14.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (Archiv): Beim Bürgergeld soll eine schnelle Einigung erzielt werden.Vergrößern des BildesDie rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (Archiv): Beim Bürgergeld soll eine schnelle Einigung erzielt werden. (Quelle: IMAGO/Political-Moments)
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Im Streit um das Bürgergeld deutet sich eine Blockade der Union im Bundesrat an. Bei den Ampelparteien herrscht Unverständnis.

Die SPD strebt ein schnelles Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat bis Ende November an, um einen Kompromiss zum Bürgergeld zu finden. "Wenn das Gesetz am Montag durch die Union blockiert wird, geht es in den Vermittlungsausschuss", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer der "Rheinischen Post" laut Vorabbericht vom Sonntag.

"Ich wünsche mir, dass dann in den Verhandlungen Parteitaktik zur Seite gelegt wird und es zu einer Lösung kommt, die für sehr viele Menschen ab Januar in einer schweren Zeit Entlastung bringen könnte. Wir brauchen Klarheit bis zur Bundesratssitzung am 25. November, damit die Arbeitsagentur noch alles vorbereiten kann, um das Bürgergeld ab Januar auszuzahlen", so die SPD-Politikerin.

Der Bundestag hatte zuletzt die Umwandlung der Hartz-IV-Grundsicherung in ein Bürgergeld beschlossen. Damit wird das 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II ersetzt, sofern auch der Bundesrat zustimmt. Die Länderkammer berät darüber am Montag in einer Sondersitzung. CDU und CSU haben allerdings eine Blockade angekündigt. Die Union fordert Nachbesserungen.

Dreyer: Arbeitslosigkeit kann jeden treffen

"Ich kann nicht verstehen, warum die Union mit dieser Härte verhindern will, dass Menschen, die gerade nicht auf der Sonnenseite stehen, Unterstützung erhalten", erklärte Dreyer. "Wir können sehr glücklich sein, dass wir trotz aller Krisen Rekordbeschäftigung haben. Darüber sollten wir jedoch nicht vergessen, dass Arbeitslosigkeit jeden und jede treffen kann", argumentierte die Ministerpräsidentin.

Mit der Sozialreform soll das bisherige Hartz-IV-System ab dem neuen Jahr Schritt für Schritt umgestellt werden. CDU und CSU lehnen das Vorhaben der Regierung vehement ab, unter anderem weil es aus ihrer Sicht die Motivation senkt, eine Arbeit anzunehmen. Die Ampelparteien der Bundesregierung weisen das zurück.

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"Auch mit dem Bürgergeld wird es weiterhin Kontrollen geben, Verletzungen der Regeln oder Missbrauch werden sanktioniert", erklärte Dreyer. Das sei wichtig. "Ich halte es aber auch für richtig – menschlich und ökonomisch – dass Weiterbildungsmaßnahmen stärker gefördert werden sollen", teilte die rheinland-pfälzische Regierungschefin mit. Sie befürworte es auch, dass Menschen, die während eines langen Arbeitslebens Geld für ihre Altersvorsorge oder die eigenen vier Wände angespart hätten, dieses nicht gleich verlören, wenn sie arbeitslos würden.

Haßelmann appelliert an CDU und CSU

Die Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, warnte vor einer Blockade. Sie appelliere an alle Akteure, diese wichtige Sozialreform konstruktiv kritisch zu begleiten, sagte Haßelmann der Deutschen Presse-Agentur. "Eine Blockade des Bürgergelds hätte einschneidende Konsequenzen für die betroffenen Menschen und ist angesichts der Verantwortung für die soziale und kulturelle Teilhabe aller in Zeiten von Fachkräftemangel und Wirtschaftskrise nicht zu verantworten."

"Blockade um der Blockade willen, wie sie einzelne Unionspolitiker in den letzten Wochen demonstriert haben, ist weder konstruktiv noch verantwortliche Politik inmitten dieser Krise." Neben der Erhöhung der Regelsätze setze man auf "kooperative Beratung und eine Qualifizierungsoffensive, damit Menschen schnell und vor allem dauerhaft Arbeit finden", und sorge zusätzlich für den Abbau von Bürokratie.

Söder drängt auf grundsätzliche Nachbesserungen

Die Union hat in dem Streit indes ihre Ablehnung bekräftigt. "Das Bürgergeld ist sozial ungerecht und unfair", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der "Bild am Sonntag". Nur bei grundsätzlichen Nachbesserungen könne es eine Zustimmung geben. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich zuvor offen für Änderungen gezeigt.

"Die Ampel muss grundsätzlich nachbessern: bei Sanktionen, bei Schonvermögen, beim Leistungsprinzip", sagte Söder. "Nur unter diesen Bedingungen kann es eine Zustimmung geben."

Zuvor hatte er bereits der "Augsburger Allgemeinen" gesagt, die Regierung gebe das Prinzip "Fördern und Fordern" auf, das sei ein Fehler. "Wer nicht arbeiten kann, verdient die volle Solidarität der Gesellschaft", sagte Söder. "Wer aber nicht arbeiten will, sollte motiviert werden können, einen Job anzunehmen."

Merz: "Da sind Kompromisse schwierig"

CDU-Generalsekretär Mario Czaja schloss sich an. "Das sogenannte Bürgergeld ist in Wirklichkeit eine Bürger-Blockade", sagte er der "Bild am Sonntag". Statt arbeitslosen Menschen von Anfang an bei der Jobsuche zu helfen, schaffe die Regierung "falsche Anreize und schmälert die Motivation".

Ähnlich äußerte sich CDU-Chef Friedrich Merz in der "Welt am Sonntag". "Die Bundesregierung vollzieht mit diesem Gesetz einen vollständigen Systemwechsel in der Arbeitsmarktpolitik", sagte er. "Da sind Kompromisse schwierig." Ziel erfolgreicher Arbeitsmarktpolitik müsse es sein, Arbeitslosigkeit schnell zu beenden und Menschen in Arbeit zu bringen. "Dieses Prinzip gibt die Ampel auf."

"Man kann über alles verhandeln", sagte Lindner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Wochenende zu einem möglichen Kompromiss. "Wir gehen offen in ein Vermittlungsverfahren." Es wäre zum Beispiel "sehr gut, wenn wir beim Hinzuverdienst noch was verbessern können". Die Arbeitsaufnahme sei ein Schritt in die dauerhafte Unabhängigkeit von einer Sozialleistung: "Das muss belohnt und nicht bestraft werden."

Linke will sich nicht an Blockade beteiligen

Indes verteidigte er die geplanten Regeln zum Schonvermögen. Es wäre "inhuman", wenn ein Mensch, der sein ganzes Leben gearbeitet habe und mit Ende 50 wegen eines Schicksalsschlags nicht mehr arbeitsfähig sei, sofort sein gesamtes Erspartes aufbrauchen müsste. "Wir geben ihm zwei Jahre Zeit, um die Lebenskrise zu überwinden und sich zu qualifizieren", sagte Lindner.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Mediengruppe Bayern, er erwarte, dass die Union "ihre Rolle als konstruktive Opposition ernst nimmt und dem Bürgergeld im Bundesrat zustimmt". Niemand werde durch die Reform benachteiligt und es sei eine "Lüge", dass durch das Bürgergeld Nichtarbeiten lukrativer werde als Arbeiten. Vielmehr führe die Reform dazu, "dass mehr Leistungsbezieher ermutigt werden, einer Arbeit nachzugehen und Schritt für Schritt in eine Vollzeitbeschäftigung zu kommen".

Auch die Linke meldet grundsätzlich Kritik an dem Gesetz an. Wie sie am Wochenende erklärte, werde sie sich aber "nicht an dem rückwärtsgewandten Blockadeversuch des Bürgergeldgesetzes durch die unionsgeführten Länder beteiligen".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, dpa und AFP
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