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Taliban-Auftritt in Köln: Die Probleme sind längst bekannt | Kommentar


Taliban-Vertreter in Deutschland
Wieder hat keiner etwas gewusst

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

20.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Abdul Bari Omar: Der Taliban-Vertreter war in einer Moschee in Köln zu Gast.Vergrößern des Bildes
Abdul Bari Omar: Der Taliban-Vertreter war in einer Moschee in Köln zu Gast. (Quelle: twitter.com/Zabihullah Mujahid)

Der Aufschrei nach dem Auftritt eines Taliban-Vertreters in Deutschland ist groß. Der Vorfall zeigt: Probleme im Umgang mit Extremisten sind seit Jahren bekannt und werden trotzdem nicht angegangen.

Wenn irgendetwas gehörig aus dem Ruder läuft, verwenden Politiker oder Behörden gerne die immer gleichen Worthülsen: "Die zuständigen Behörden gehen dem Fall intensiv nach", heißt es dann. Oder man prüfe "in engem Austausch" mit Partnern weitere Maßnahmen. Und natürlich: Man verurteile, was vorgefallen ist, "aufs Schärfste."

All diese Worthülsen waren am Wochenende vom Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt zu hören. In Köln war ein Vertreter der Taliban-Regierung in Afghanistan, Abdul Bari Omar, in einer Kölner Moschee des muslimischen Dachverbandes Ditib aufgetreten: Dort rief er unter anderem dazu auf, für die Islamisten zu spenden, und pries deren "Erfolge" seit ihrer Machtübernahme im August 2021.

Foto mit Gesundheitsminister

Die Empörung darüber, dass das möglich war, ist seitdem zu Recht groß. Besonders ärgerlich ist dabei jedoch, dass die Missstände, die der Vorfall offenbart, alles andere als neu sind. Sie werden seit Jahren einfach ignoriert.

Die Ditib hat sich zwar – verbal – vom Auftritt des Taliban-Mannes distanziert. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Veranstaltung einreiht in eine lange Liste der Verfehlungen der Organisation: Den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel verurteilte sie nur in einer recht dürren Erklärung. Aber wie soll das auch möglich sein für eine Vereinigung, die aus der Türkei gesteuert und finanziert wird? Dort bezeichnet Präsident Erdoğan Israel regelmäßig als "Terrorstaat" und die Hamas als "Befreiungsorganisation".

Ein ähnlich schlechtes Licht wirft der Vorfall auf die Sicherheitsbehörden: Die Einreise eines hochrangigen Taliban-Mitgliedes blieb offenbar zunächst den niederländischen Behörden verborgen, wo Omar zuvor an einer Tagung der Weltgesundheitsorganisation WHO in Den Haag teilgenommen hatte. Gesundheitsminister Ernst Kuipers ließ sich dort sogar mit dem Islamisten ablichten – offenbar ohne zu wissen, wer da neben ihm stand.

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In ihrer Unwissenheit stehen die deutschen Behörden ihren niederländischen Kollegen allerdings in nichts nach: Von der Weiterreise habe weder das Außen- noch das Innenministerium in Berlin etwas gewusst, hieß es. Ausgestattet mit einem Schengen-Visum und ohne Grenzkontrollen mag das grundsätzlich mittlerweile auch schwieriger geworden sein. Allerdings muss man hier auch einmal die Frage stellen: Was berechtigt einen hochrangigen Taliban-Anhänger überhaupt, ein solches Visum zu erhalten?

Ein großes Geheimnis war Omars Reise zudem nicht: Aktivisten aus Afghanistan sollen die deutschen Behörden bereits Ende September davor gewarnt haben, dass Vertreter der Taliban in Deutschland Besuche planen. Omar selbst veröffentlichte dann etliche Aufnahmen von seinen Aufenthalten in Den Haag und Köln auf der Kurznachrichtenplattform X (ehemals Twitter). Andere Nutzer griffen die Inhalte auf, darunter der offizielle Sprecher des Talibanregimes in Afghanistan.

Ende der Worthülsen

Solche Posts mögen der breiten Öffentlichkeit zunächst nicht auffallen. Allerdings werden Analysten der Geheimdienste unter anderem dafür bezahlt, solche Inhalte zu finden und die entsprechenden Personen im Auge zu behalten.

Damit es nicht bei Worthülsen bleibt, muss nun endlich reagiert werden: Bund und Länder sollten die Zusammenarbeit mit Ditib endlich auf den Prüfstand stellen und sie beenden, wenn der Verband weiter derart unberechenbar bleibt. Und die Geheimdienste müssen sich EU-weit besser vernetzen, um mögliche Gefahrenherde auch grenzübergreifend zu begleiten.

Nur so lässt sich verhindern, dass radikale Kräfte die bestehenden Sicherheitslücken ausnutzen. Denn beim nächsten Mal könnte es nicht nur um radikale Predigten gehen, sondern um Terroranschläge.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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