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"Maischberger": So wurde Filiz Celiks Sohn zum Dschihadisten


"Ich sah es in seinem Gesichtsausdruck"
So wurde Filiz Celiks Sohn zum Dschihadisten

t-online, mmh

Aktualisiert am 25.11.2015Lesedauer: 4 Min.
Filiz Celik (rechts) beschreibt in Sandra Maischbergs Show den Weg ihres Sohnes in den Dschihad.Vergrößern des BildesFiliz Celik (rechts) beschreibt in Sandra Maischbergs Show den Weg ihres Sohnes in den Dschihad. (Quelle: ARD)
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"Es ist ein sehr persönliches Thema, denn es geht um ihren Sohn", so kündigt Sandra Maischberger in ihrer ARD-Sendung "Menschen bei Maischberger" das Gespräch mit Filiz Celik an. Eine Frau, die ihren Sohn an die Terrormiliz Islamischer Staat verloren hat. Im Herbst 2013 soll er mit 25 Jahren getötet worden sein.

Der Zoff um Parolen und politische Machogehabe, um Antisemitismus und Ängste wird in der Sendung mit dem Titel "Die aufgewühlte Republik" nebensächlich, als die Moderatorin Filiz Celik in die Diskussionsrunde holt Denn jetzt geht es wirklich um Menschen bei Maischberger.

Beim Dschihad schrillte die Alarmglocke

Gökhan Celik wurde in Berlin geboren, seine Mutter sagt über ihn, "er war schon als Kind religiös und fasziniert vom Islam". Filiz Celik, die 1970 als Einjährige mit ihren Eltern nach Deutschland kam, wurde westlich erzogen. Sie selbst wurde früh Witwe und versuchte alleine ihr Kind ebenso normal zu erziehen. Sie erzählt, in enge Jeans und Denim-Hemd gekleidet, mit offenem Haar, wie ihr Sohn bei der Tagesmutter das regelmäßige muslimische Gebet und Kopftuch bei Frauen kennenlernte.

Von der Mutter distanziert

Aus der kindlichen Begeisterung wurde in der Jugend in Hamburg Radikalität. Er schloss sich Salafisten an. Sein Weltbild sah seitdem so aus: "Die Ungläubigen sind böse und kommen in die Hölle." Von seiner Mutter distanzierte er sich immer mehr. Bei der berüchtigten Straßenschlacht von Berlin, 2012, zwischen Salafisten und Rechtspopulsiten war Gökhan dabei. Zu der Zeit war er schon längst im Visier des Verfassungsschutzes. Im Juli 2013, als der IS erste militärische Erfolge erzielt, reiste er in das syrische Kriegsgebiet, im Dezember 2013 wird sein Tod gemeldet. Er wurde nur 25 Jahre alt.

Die Alarmglocken schrillten bei seiner Mutter, als er anfing über den Dschihad zu sprechen. Ein Blick in das Fotoalbum zeigt die Veränderung des süßen kleinen Jungen zum stylischen Teenager hin zum bärtigen Salafisten. "Ein komplett anderer Mensch", eine schleichende Veränderung über zwei Jahre. Die positiven Seiten daran: Er wurde ruhiger und respektvoller seine Mutter gegenüber.

Gehirnwäsche in Moschee und Sekte

Für Argumente war er dann nicht mehr zugänglich, holte sich Argumentationshilfen von anderen und warf seiner türkischen Familie vor, den Euro-Islam zu leben. Auch seine Mutter wollte er auf seine Seite ziehen, machte ihr Angst und drohte mit der Hölle. In ihrem Beruf als Friseurin sollte sie keine Männerhaare mehr schneiden.

Eine Moschee und die in Deutschland verbotene Millatu-Ibrahim-Sekte hätten ihn radikalisiert. Zu dieser Zeit hatte er in den Fußgängerzonen Koran verteilt.

Mutter zeigt eigenen Sohn an

Filiz Celik tat einen sehr schweren Schritt, sie zeigte ihr eigenes Kind an, in der Hoffnung, die Polizei könnte ihn abhalten "Ich hab es in seinem Gesichtsausdruck gesehen, dass er es ernst meint, als er vom Dschihad redete."

Mit diesem Argument hoffte sie, ihn zurückzuhalten: "Wer keinen Vater und keine Familie hat, aber eine alleinstehende Mutter, der darf nicht in den Dschihad." Das Gegenargument von Gökhans Einflüsterern: "Meine Freunde würden dich unterstützen."

Dann kam Besuch aus dem Innenministerium. In dem Gespräch stritt Gökhan alles ab. Es gab eine Razzia in ihrer Wohnung, nachdem Gökhan mit Waffen im Auto erwischt wurde. "Ich hatte immer Hoffnung", sagte seine Mutter. Immer wieder nahm sie Kontakt zu Sicherheitsdiensten auf. Ihr Sohn sagte ihr mit einem "Grinsen im Gesicht": "Mama, dir wird nicht geholfen. Deutschland hilft dir nicht."

Per WhatsApp in den Dschihad verabschiedet

Bevor er endgültig ging, hatte er sich von seiner Mutter für fünf Tage verabschiedet, er wollte mit einem Freund über den Islam sprechen. Am fünften Tag kam eine WhatsApp-Nachricht, dass er nicht mehr nach Deutschland zurückkehre, er wolle Assad in Syrien bekämpfen. Er wolle nie wieder nach Deutschland. Rund ein Monat hielt der Kontakt per Handy. Sogar an Selbstmord dachte sie, ihr Sohn sagte: "Mama, das ist Sünde, das weißt du".

Sie spricht von Gehirnwäsche. "Ich weiß nicht, wie diese Menschen jemanden so manipulieren können." Er sei noch naiv und sensibel gewesen. Auch fehlte ihm die berufliche Perspektive und das Gefühl, willkommen zu sein und dazuzugehören.

Wut und Hass mischen sich mit Mutterliebe

In Celiks Mutterliebe mischen sich Wut und Hass, weil sie sich angestrengt hätte, ihm eine Zukunft zu bieten und er dies nicht angenommen hätte.

Eine tragische, aber typische Geschichte, die sich in Deutschland, Frankreich, Belgien und Großbritannien wiederhole, sagt Terror-Experte Peter Neumann. Der Diskussionsteilnehmer ist Autor des Buchs "Die neuen Dschihadisten" und forscht als Politikwissenschaftler am Londoner King's College zu Radikalisierung und Islamisierung junger Menschen.

Viele Eltern würden damit hadern, zur Polizei zu gehen. Er verweist auf Elternberatungen, die genau für solche Fälle geschaffen, aber schlecht finanziert seien, beispielsweise www.wegweiser-duesseldorf.de.

"Dann haben wir verloren"

"Wenn es stimmt, dass diese Leute nach Gemeinschaft, Ordnung und Struktur suchen, dann müssen wir das anbieten, das können wir auch. Wenn die ersten Leute, die das anbieten, Extremisten sind, dann haben wir verloren", so mahnte Neumann eindringlich.

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