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TV-Kritik zu "Hart aber fair": Der Wolf im Schafspelz


Die Natur im Plasberg-Talk
Prinz empört sich über Bäume liebenden Förster

t-online, Von Marc L. Merten

Aktualisiert am 24.01.2017Lesedauer: 4 Min.
Franz Prinz zu Salm-Salm glaubt nicht an "Baummütter".Vergrößern des BildesFranz Prinz zu Salm-Salm glaubt nicht an "Baummütter". (Quelle: WDR/Dirk Borm)
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Mensch raus, Wolf rein: Wie viel Naturschutz verträgt unser Land? Frank Plasberg ließ bei "hart aber fair" über den Umgang in Deutschland mit der Natur diskutieren. Ein lehrreicher Abend, der an Absurditäten nicht sparte.

Die Gäste

  • Peter Wohlleben, Förster und Autor
  • Barbara Hendricks, SPD-Bundesumweltministerin
  • Franz Prinz zu Salm-Salm, Waldbesitzer
  • Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland
  • Roland Tichy, Journalist

Das Thema

Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen darüber zu diskutieren, wer ihn verdrängen könnte. In Deutschland werden nun wieder Ängste geschürt – nicht nur vor Flüchtlingen, sondern auch vor Wölfen. Schon soll noch eine weitere Obergrenze her. Doch bei Frank Plasberg hatte das Thema Naturschutz versus Menschenschutz viele Facetten.

Die Fronten

Baumbestände schützen oder Forstbetriebe fördern, Klimawandel verhindern oder Wälder als Wirtschaftsfaktor betrachten, Energie aus Windrädern fördern oder Vogelarten dadurch im Bestand bedrohen, Lebensräume auch für Kleintiere bewahren oder Umgehungsstraßen bauen, um die Bürger zu entlasten: In diesem Spannungsfeld bewegt sich seit Jahren die Diskussion zwischen Natur und Menschen, zwischen der Arroganz der sich überlegen fühlenden Spezies, die das darwinistische Denken nach dem Gesetz des Stärkeren auslebt oder versucht im Einklang mit der Natur auch andere Lebewesen zu schützen. Der Plasberg-Talk war keine Ausnahme und schaffte es, viele Bereiche anzusprechen.

Aufreger des Abends

Es waren keine fünf Minuten vorüber, da fiel das Wort "postfaktisch". Es wurde sehr schnell klar, dass sich der Adelsträger Franz Prinz zu Salm-Salm eher wie die Axt im Walde verhalten wollte, wenn es um Peter Wohlleben ging, einen Förster, der mit einem Buch über das Leben der Bäume berühmt wurde. Es schien etwas Persönliches zu sein, so, wie der Prinz das erwähnte Buch als Lüge abkanzelte und Wohlleben unterstellte, jene Großgeräte im Wald zum Forsten zu benutzen, die dieser als naturschädigend bezeichnet hatte. Salm-Salm bezeichnete Wohlleben zudem als "Bestatter", weil dieser unter anderem Waldgebiete zur Urnenbestattung freigegeben hat. Wohlleben wiederum warf Leuten wie Salm-Salm vor, Forstarbeiten zu betreiben "wie Massentierhaltung für Bäume". Grundverschiedene Auffassungen, die aufeinander trafen, Salm-Salm, der die Wälder in Deutschland als Mittel zum Erwerbszweck ansieht, und Wohlleben, der über seine Liebe für den Wald selbst sagte, es klinge manchmal wie im Film "Avatar", wenn er von "Baummüttern" spreche, die ihre Zöglinge im Wald erkennen und mit ernähren könnten.

Der Moderator

Zwischen den Diskutanten stand an diesem Abend ein eigentlich gut aufgelegter Plasberg, der charmant das Thema behandelte und doch schon bei seiner Anmoderation vor Ironie triefend zu erkennen gab, dass er so manches Argument der Naturschützer nicht ernst nehmen würde. "Es gibt offenbar eine tief schlummernde Liebe der Deutschen zum Wald", sagte Plasberg mit einem schiefen Lächeln, und es erweckte den Eindruck, als könne er selbst es nur schwer nachvollziehen, wie man "so schön leidenschaftlich über seine Lieblingsbäume streiten kann". Man muss ihm zugute halten, dass er an den richtigen Stellen die Ernsthaftigkeit nicht vermissen ließ.

Der Wolf im Schafspelz

So beim Thema der Wölfe. Insgesamt 130 erwachsene Wölfe leben aktuell nachgewiesen in Deutschland, wahrscheinlich mehr. Eine Tierart, die schon einmal ausgestorben war in deutschen Landen, ist zurück. Und bewegt die Menschen. Journalist Roland Tichy will Wölfe erschießen lassen. Solle etwa eher der Mensch verschwinden als der Wolf? Es war eine ausgemacht selbstverliebte Argumentation, die im Prinzip die Ausrottung einer Tierart in Aussicht stellte, aus Angst, dass Wölfe Menschen anfallen könnten. Wer denn dafür die Verantwortung übernehmen würde?

Umweltministerin Barbara Hendricks wies dagegen darauf hin, dass Wölfe im Grunde menschenscheue Tiere wären. Wohlleben erklärte, dass nur 0,5 Prozent der Opfer von Wölfen Nutztiere seien, beispielsweise Schafe. Von Übergriffen auf Menschen ganz zu schweigen. Naturschützer Olaf Tschimpke erklärte, Wölfe gehörten "zum allgemeinen Lebensrisiko" genauso dazu wie Straßenverkehr.

Doch am Ende erinnerte die Diskussion der über die Wälder. Wir Deutsche sind gut darin, anderen Ländern vorzuschreiben, wie sie bitte ihren Regenwald oder die Leoparden-Population zu schützen haben. Aber selbst etwas dafür im eigenen Land tun? Da passte es ins Bild, dass Salm-Salm und auch Hendricks von einer "Obergrenze" für Wölfe sprachen.

Absurdität des Abends

Die Rolle der Bundesministerin Barbara Hendricks. Denn einerseits steht sie dem Umweltamt vor, andererseits dem Bauamt. Wohl kein anderer Politiker steht derart zwischen den Stühlen wie Hendricks, die mit sich selbst ausmachen muss, ob nun Vogelarten zu schützen seien oder eine Umgehungsstraße Vorrang habe. Menschen tendieren dazu, sich selbst allzu wichtig zu nehmen. Diesen Eindruck hinterließ Hendricks am Montagabend angenehmerweise nicht. Doch ihr Versuch zu erklären, warum das ungewollte Stiefkind der Deutschen, die Windenergie, gut für Deutschland sei, misslang.

Was offen bleibt

In Deutschland regiert der Zeigefinger. Manchmal erhoben, um anzumahnen. Manchmal, um auf Schuldige zu zeigen. Es wäre wünschenswert – und hier kommt der erhobene Zeigefinger – mit dem Finger auf Beispiele zu zeigen, wie Naturschutz und Wirtschaft Hand in Hand gehen können. Im südlichen Afrika beispielsweise versuchen private Reservate die ursprünglichen Umgebungen, wie sie vor langer Zeit existierten, wiederherzustellen. Durch Umsiedlung von Tieren, durch Neuanpflanzung von Vegetation, wie sie früher einmal dort herrschte, durch Schutz der Natur mittels Wissenschaft und Geld, das durch Öko-Tourismus eingenommen wird. Dabei helfen viele Deutsche und Schweizer, die nach Afrika auswandern, weil sie dort größere Chancen sehen, ihre Ziele zu verwirklichen: den Schutz des Vermächtnisses, das wir Menschen unseren Nachfahren hinterlassen wollen.

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