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Protest gegen Jens Spahn: Vater schiebt Rollstuhl von Hamburg nach Berlin


Protest gegen Jens Spahn
Vater schiebt Rollstuhl von Hamburg nach Berlin

Sara Orlos

Aktualisiert am 07.04.2018Lesedauer: 3 Min.
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Schnittger mit Rollstuhl auf einem verschneiten Waldweg: Es ist nicht Schnittgers erster Marsch, um Öffentlichkeit zu bekommen.Vergrößern des Bildes
Schnittger mit Rollstuhl auf einem verschneiten Waldweg: Es ist nicht Schnittgers erster Marsch, um Öffentlichkeit zu bekommen. (Quelle: Blog "inwendig-warm")

Arnold Schnittger schiebt den Rollstuhl seines Sohnes von Hamburg nach Berlin. Er protestiert so gegen Gesundheitsminister Jens Spahn – und hofft auf ein Treffen.

Seit zwei Wochen schiebt Arnold Schnittger einen Rollstuhl durch Schnee, Regen und Gewitter. Von Hamburg nach Berlin. 280 Kilometer, im Schnitt 20 Kilometer pro Tag, viele Stunden Wanderung. Einmal blockieren Wildschweine den Weg. In dem Rollstuhl sitzt normalerweise Schnittgers pflegebedürftiger Sohn Nico. Während der Wanderung liegt dort nur ein Plakat: "Herr Spahn, wir müssen reden", steht darauf.

Schnittger wandert, weil er findet, dass die Politik Menschen wie ihn nicht genug unterstützt – und weil er nicht viel vom neuen Gesundheitsminister Jens Spahn hält. Trotzdem möchte er mit ihm sprechen.

"Ich möchte Ihnen meinen Sohn nicht anvertrauen"

Am 11. März, drei Tage vor der Vereidigung der Kanzlerin und der neuen Minister, veröffentlicht Schnittger auf seinem Blog einen offenen Brief an Jens Spahn. Darin kritisiert er die Gesundheitspolitik im Allgemeinen und den Gesundheitsminister Spahn im Besonderen: "Ich möchte Ihnen meinen Sohn nicht anvertrauen, wenn er alt ist". Schnittger schreibt weiter: "Wir sollten reden! Ich komme auf einen Kaffee bei Ihnen vorbei".

Knapp zwei Wochen später macht er sich auf den Weg von Hamburg nach Berlin.

Schnittger hat einen Sohn, Nico, der 23 Jahre alt ist, längst erwachsen also, der aber nicht sprechen und laufen kann und deshalb rund um die Uhr auf Pflege angewiesen ist. Schnittger bekam fast nichts, als er seinen Job als Fotograf aufgab, um sich noch mehr um seinen Sohn zu kümmern. Heute ist er Rentner. Er findet, wer Angehörige pflegt, müsse deutlich mehr Geld bekommen als bisher. Er fordert eine Grundsicherung und darüber hinaus eine bessere Bezahlung für Pflegekräfte.

Spott gegen Spahn

Auf seinem Blog dokumentiert Schnittger seinen Weg mit Fotos, Beiträgen und Gedichten. Immer wieder notiert er auch spöttische Kommentare über Spahn: "Heute sind die Autofahrer ausgesprochen ekelhaft zu mir. Wollen mich wohl platt fahren. Vielleicht von Herrn Spahn gekauft?", schreibt er einmal. Ein andermal schlägt er Spahn vor, einen Tag lang seinen Sohn zu versorgen. "Wenn Sie mit ihm Essen gehen, geben Sie bitte nicht mehr als 4,27 € aus. Das ist er so gewohnt." Der Groll gegen Spahn wirkt echt.

Und doch geht es Schnittger offensichtlich um mehr als nur um Kritik an einem Minister, der erst wenige Tage im Amt war, als er seinen Protestmarsch begann.

Nicht der erste Marsch nach Berlin

Schnittger ist früher schon einmal von Hamburg nach Berlin gelaufen. Damals aus Protest gegen die Behandlung von Eltern mit behinderten Kindern durch den damaligen Hamburger Senat. Er hat den Verein "Nicos Farm" gegründet. Ziel des Projektes ist es, barrierefreie Wohnmöglichkeiten für 20 Familien zu schaffen. Und Aufmerksamkeit zu erzeugen – immer wieder auch mit öffentlichkeitswirksamen Wanderungen, wie ein Blick ins Archiv der Website zeigt.

Diesmal geht es konkret um den Pflegenotstand in Deutschland und vor allem um die Frage: Was wird aus pflegebedürftigen Kindern, wenn die Eltern nicht mehr leben? Noch kann sich Schnittger um seinen Sohn kümmern. Aber in 20 Jahren, wenn er alt geworden ist und womöglich selbst Hilfe braucht?

Am Freitagnachmittag wurde Arnold Schnittger mit seinem Sohn vor dem Brandenburger Tor in Empfang genommen.

Verwendete Quellen
  • Offener Brief auf Schnittgers Blog "inwednig-warm"
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