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Polizeigewalt in Lützerath: Aufklärung oder Rücktritt


Räumung von Lützerath
Diese Polizeigewalt muss aufgearbeitet werden

MeinungVon Tobias Eßer

Aktualisiert am 16.01.2023Lesedauer: 2 Min.
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Räumung von Lützerath: Während des Polizeieinsatzes gingen die Beamten stellenweise mit großer Brutalität vor.Vergrößern des Bildes
Räumung von Lützerath: Während des Polizeieinsatzes gingen die Beamten stellenweise mit großer Brutalität vor. (Quelle: IMAGO/Jochen Tack)

Die Räumung in Lützerath ist vorbei. Jetzt muss der Polizeieinsatz aufgearbeitet werden. Der war von Beginn an mit überzogener Gewalt verbunden.

Nur fünf Tage hat es gedauert, bis die Polizei das kleine Dorf Lützerath am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler geräumt hatte. Die Geschwindigkeit, mit der die Beamtinnen und Beamten bei ihrem Einsatz vorgingen, überraschte viele Beobachter.

Ebenso überraschend für manche Berichtenden vor Ort war die teilweise überzogene Gewalt, mit der die Polizei gegen die Besetzerinnen und Besetzer des Ortes vorging. Diese schien von Beginn an zum Einsatzkonzept der Polizei in Lützerath zu gehören – und zwar ungerechtfertigt.

Am 10. Januar räumte die Polizei Barrikaden von der Zufahrtsstraße des Dorfes. Teilweise setzten sich Aktivistinnen und Aktivisten davor, um deren Räumung zu verhindern. Ohne Vorwarnung wandte die Polizei dabei direkt sogenannte Schmerzgriffe an – einem Blockierer verdrehten die Beamtinnen und Beamten den Hals so stark, dass Umstehende Angst hatten, sie würden ihm das Genick brechen.

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Mit Beginn der eigentlichen Räumung des Dorfes änderte die Polizei ihre Taktik nicht. Als Beamtinnen und Beamten Hallen am Nordrand von Lützerath räumten, musste die Presse draußen warten. Aus den Hallen drangen Schreie. Da keine Presse bei der Räumung anwesend war, ist nicht genau bekannt, was in den Hallen passierte. Die Festgenommenen hatten anschließend Platzwunden und Blutergüsse.

Gewalt gegen friedliche Demonstranten

Ja, auch einige Besetzerinnen und Besetzer des Ortes setzten Gewalt ein. Manche schossen mit Feuerwerkskörpern auf anrückende Polizeikräfte. Es flogen Steine und ein Molotowcocktail. Die Polizei reagierte darauf allerdings, indem sie auch die friedlichen Menschen im Ort unter Generalverdacht stellte und brutal gegen sie vorging.

Die in Lützerath anwesenden Rettungskräfte berichten ebenfalls von Verletzungen. Ungewöhnlich viele Kopfwunden hätten sie versorgt – und das schon vor der Demonstration am Sonntag, bei der die Einheiten der Polizei jede Hemmung verloren und mit massiver Gewalt gegen friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten vorgingen. Diese hatten nur ihr Recht auf gewaltfreien, zivilen Ungehorsam wahrgenommen. Sanitäterinnen und Sanitätern zufolge wurden dabei einige Menschen schwer verletzt, Bilder und Videos von der Demo stützen diese Behauptungen.

Lückenlose Aufklärung oder Rücktritt

NRWs Innenminister Herbert Reul (CDU) lobte die Arbeit der Polizei am Sonntagabend bei "Anne Will" als "hochprofessionell und sehr gut". Die Deutsche Polizeigewerkschaft sprach von einem "schulbuchmäßigen" Einsatz.

War er das wirklich? Es drängen sich Zweifel auf. Die Verletzungen einiger Aktivisten deuten eher darauf hin, dass Reul und die Gewerkschaft so auch Knochenbrüche und Platzwunden rechtfertigen. Der Einsatz wirkt eher wie ein Sinnbild für die Gewaltkultur, die in Teilen der Polizei zu herrschen scheint. Schon im Jahr 2018 tauchte ein Geheimpapier auf, demzufolge die Polizei in Nordrhein-Westfalen "gewaltfähig" werden sollte. Mehr dazu lesen Sie hier.

Gewaltfähig war die Polizei in Lützerath ohne jeden Zweifel. Der Einsatz muss nun von einer unabhängigen Stelle aufgeklärt werden, damit sich solche Gewaltausbrüche bei zukünftigen, legitimen Aktionen zivilen Ungehorsams nicht wiederholen. Sollte diese Aufarbeitung nicht gelingen oder gar nicht erst angestoßen werden, muss Herbert Reul als Innenminister Nordrhein-Westfalens Konsequenzen ziehen – bestenfalls auch persönlich.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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