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Lindner ist wie der FCB: Scheitern, scheitern – und sei es an sich selbst


Parallele zwischen FDP und FC Bayern
Alle blöd, außer ich

MeinungVon Christoph Schwennicke

30.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Parteichef Lindner: Irgendwann steht man sich selbst im Weg.Vergrößern des Bildes
Parteichef Lindner: Irgendwann steht man sich selbst im Weg. (Quelle: Christoph Soeder/dpa/dpa-bilder)

Und wenn mal was schiefgeht? Dann sind die andern schuld. Die FDP kopiert aktuell ein Rezept des FC Bayern. Über eine erstaunliche Parallele zwischen dem Sport und der Politik.

Das Jahr ist noch ziemlich jung, aber die Kür zum komischsten Satz 2023 kann schon jetzt vorgenommen werden. Der Preis wird vorzeitig verliehen an Thomas Tuchel. Nach einer seiner zahlreichen Niederlagen seit Amtsbeginn, sagte der hektisch eingesetzte neue Trainer des FC Bayern München, er weigere sich, "das Ergebnis in den Mittelpunkt zu stellen".

Wie auch die Plätze zwei und drei an den bei seinen Sinnsprüchen immer so herrlich verhärmt-philosophisch dreinblickenden Fußball-Coach gehen. Nach einer weiteren Schlappe gestand Tuchel, dass er sich während des Spiels in seine Mannschaft verliebt habe. Schließlich meinte er bei anderer trauriger Gelegenheit: "Zwei Dinge konnten das Niveau heute nicht halten: der Rasen und leider der Schiedsrichter."

Ein Kanzler, dessen Herz eigentlich mehr für die FDP schlägt

Alle blöd, außer ich: Die Performance und die Erklärungsmuster des FC Bayern in der Bundesliga erinnern zurzeit frappant an die glücklose FDP in der Ampelkoalition. Da sind es nicht der Rasen und der Schiedsrichter, die der Fortune der Liberalen im Wege stehen, sondern der überschießende Elan der Grünen beim Klimaschutz und die mangelnde Unterstützung des Kanzlers, dessen Herz doch eigentlich mehr für die FDP schlägt.

Dabei blicken die Gelben milde über einen Umstand hinweg, der auch dem Management der Bayern aus dem Blickfeld geraten ist: dass sie selbst mit heißem Bemühen und schlafwandlerischer Sicherheit am eigenen Unglück bauen.

Das Motto dabei: Was schon einmal schiefgelaufen ist, wird doch wohl auch noch ein zweites Mal in die Hose gehen. Es ist noch nicht lange her, dass die FDP in ihrem Einsatz für das Verbrennerauto der Koalition die längste Krisen-Nachtsitzung bescherte, welche die deutsche Politik seit Langem erlebt hat.

Von irgendwoher hatte die FDP den Auftrag für diese Mission bekommen – nur keiner wusste so recht, von wo. Denn nicht einmal die deutsche Autoindustrie wünschte sich das Überleben der rollenden Heizung (nichts anderes ist der Verbrenner im Vergleich zum energieeffizienten E-Motor) über das Jahr 2030 hinaus. Das Festhalten am röhrenden Auspuff taufte die FDP "Technologieoffenheit". Darauf wird zurückzukommen sein.

"Das klingt positiv, nach heller Zukunft!", hat man sich wohl gedacht

Das Spektakel um den Verbrenner im Motorraum wiederholt die FDP nun beim Austausch der Verbrenner in den deutschen Haushalten. Man kann zu Recht Kritik daran anbringen, wie halbgar und gleichzeitig ungeduldig-ungestüm der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck die Revolution in den Heizungskellern schon für das Jahr 2024 eingeläutet hat.

Aber unterboten wird dieses mäßig glänzende politische Werkstück Habecks noch von der Reaktion der FDP. Um nicht abermals eine über zwei Tage und eine Nacht reichende Sitzung zu provozieren, hat die FDP dieses Mal den Entwurf passieren lassen. Aber zugleich den Zusatz drangeheftet, dass das alles ja nicht so bleiben könne. Und im weiteren Prozess in Bundesrat und Bundestag in grundsätzlichen Punkten gekippt werden müsse.

Auch hier tauchte der Begriff wieder auf, der schon beim Auto-Streit von der FDP auf die Flagge geschrieben wurde: Technologieoffenheit!

Dieses Wort kommt direkt aus der Marketingabteilung der Parteizentrale. Was müssen sie dort glücklich über diese Wortschöpfung gewesen sein. Man sieht sie förmlich vor sich, die hauptberuflichen Wortschmiede: "Technologie, ja, das ist es! Klingt nach Fortschritt und Avantgarde. Und Offenheit, das ist super! Das klingt positiv, das klingt nach heller Zukunft! Perfekt."

Sie wird zum Quell der Querulanz

Wie so oft bei Begriffen, die aus Wortblech gedengelt worden sind, raubt schon ein kleiner Gegencheck allen Zauber: Ist denn hier jemand technologieverschlossen, die Grünen gar, die doch eben neue Technologien wie die Wärmepumpe und den Wasserstoff ins Spiel bringen wollen, um Wohnungen zu heizen, ohne dabei Kohlendioxid zu produzieren? Die Wahrheit ist vielmehr, dass sich die FDP beim Auto wie bei der Heizung für eine Verlängerung der Verbrenner-Vergangenheit starkmacht. Und nicht für die Zukunft.

Und so ist es bei der Heizungswende 2024 wie bei der Autowende 2030: Die FDP reitet wie seinerzeit der "Ritter von der traurigen Gestalt" auf seiner Rosinante in einen Kampf gegen Riesen, die es gar nicht gibt. Und der deshalb auch keine Erfolge zeitigt. Einer Insa-Umfrage zufolge teilen nicht einmal die FDP-Anhänger in der Mehrheit den gewählten Ansatz der Parteiführung in der Heizungsfrage. In den Umfragen gewinnen die Liberalen auch keinen Millimeter nach oben. Stattdessen verfestigt sich ihr Image, Opposition jener Regierung zu sein, die sie selbst stellen. Sie will Hort der Hoffnung sein. Und wird jedes Mal zum Quell der Querulanz.

Immerhin, es gibt einen ersten Schimmer der Einsicht, der sich am Horizont abzeichnet: Die Liberalen haben die Vorsitzende der innerkoalitionären Opposition, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zur Spitzenkandidatin der anstehenden Europawahl gemacht. Man kenne ja den Spruch "Hast Du einen Opa, schick' ihn nach Europa", hat die Liberale mit dem straff gebürsteten Silberhaar bei "Maischberger" ihre Mission ironisch kommentiert und damit die Abschiebekomponente dieser ehrenvollen Aufgabe selbst benannt.

Mal sehen, was dem FC Bayern für Olli Kahn einfällt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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