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Graichen-Affäre: "Professionelles Krisenmanagement sieht anders aus"


Habecks Staatssekretär muss gehen
"Es scheint dort mehr als einen Drahtzieher zu geben"

Von t-online, dpa, lib, job

Aktualisiert am 17.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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"Fehler sind unterschiedlich gravierend": So begründet Habeck die Entlassung von Staatssekretär Graichen. (Quelle: reuters)
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Wirtschaftsminister Robert Habeck will seinen Staatssekretär Patrick Graichen in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Der Opposition reicht das nicht.

Nach wochenlanger Kritik muss Staatssekretär Patrick Graichen, ein enger Vertrauter von Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne), seinen Posten räumen. Hier lesen Sie die Details. Ist damit alles gut? Die Meinungen in der Politik gehen auseinander.

Pascal Meiser, Obmann im Wirtschaftsausschuss für die Linksfraktion, findet, dass der Schritt zu spät kommt. "Man fragt sich, warum Wirtschaftsminister Habeck eine Debatte, die zunehmend zu einer Belastung für die gesamte Arbeit an der Energiewende und für den Klimaschutz geworden ist, so lange hat laufen lassen", sagte der Oppositionspolitiker t-online. "Professionelles Krisenmanagement sieht anders aus."

Auch sei es damit nicht getan: Habecks Ministerium müsse "jetzt auch bezüglich der möglichen Befangenheit von Staatssekretär Philipp bei der Fördermittelvergabe für vollständige Transparenz sorgen", fordert Meiser.

Staatssekretär Udo Philipp ist im Wirtschaftsministerium unter anderem für die deutsche Start-up-Szene verantwortlich, aber soll gleichzeitig selbst an mehreren Start-ups beteiligt sein. Das legt eine Recherche von "Business Insider" nahe.

FDP sieht Zeitplan für Heizungsgesetz in Gefahr

Michael Kruse, Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, hingegen sagte t-online: "Es ist nachvollziehbar, dass Robert Habeck den Posten des Staatssekretärs nun neu besetzt und damit einen ersten wichtigen Schritt macht, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen." Die Hintergründe der Entscheidung sollten zeitnah transparent gegenüber dem Parlament dargestellt werden, so Kruse. Wirtschaftsminister Habeck sagte dazu am Mittwoch, neue Informationen hätten zur Entlassung Graichens geführt. Hier lesen Sie mehr zu Habecks Begründung.

Der FDP-Abgeordnete sieht durch den Schritt allerdings ein "Machtvakuum in der Führungsspitze des Ministeriums", welcher auch den Zeitplan für das Gebäudeenergiegesetz infrage stelle. So sieht das auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP): Wenn die Erklärung stimmen sollte, dass Patrick Graichens Expertise für die Energiewende "unersetzlich" sei, "dann dürfen wir bedauerlicherweise daran zweifeln, dass das Parlament eine zügige Entscheidungsfindung vornehmen kann", sagte Kubicki dem "Spiegel".

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen hat zurückhaltend auf Habecks Entscheidung reagiert, sich von seinem Staatssekretär zu trennen. Er sei "heute" darüber informiert worden und habe das zur Kenntnis genommen, sagte Scholz am Mittwoch am Rande des Gipfeltreffens des Europarats in der isländischen Hauptstadt Reykjavik auf Nachfrage.

"Mit Herrn Graichen selbst habe ich gut zusammengearbeitet und ich gehe davon aus, dass der Wirtschaftsminister jetzt seine Arbeit mit voller Kraft fortsetzt." Auf weitere Nachfrage, ob der Schritt zu spät gekommen sei, ging der Kanzler nicht ein.

Kühnert erwartet, "dass nun wieder Sachpolitik in den Mittelpunkt rückt"

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat die geplante Entlassung begrüßt: "Wir haben Robert Habecks Personalentscheidung mit Respekt zur Kenntnis genommen", sagte Kühnert dem "Tagesspiegel". "Mit dem Schlussstrich des Ministers unter eine wochenlange Debatte über sein Haus verbinden wir die Erwartung, dass nun wieder Sachpolitik in den Mittelpunkt rückt."

Die Hoffnung der Opposition, die Debatte über die Klima- und Energiepolitik nicht inhaltlich, sondern rein personalpolitisch führen zu können, habe sich "nun zerschlagen", sagte Kühnert: "Es wird Zeit, dass wir wieder um die richtigen Wege ringen, gerechten Klimaschutz zu organisieren."

Die Union hingegen sieht wegen des Ausscheidens Graichens auch Habeck selbst beschädigt – und in der Verantwortung. "Herr Graichen geht. Das kann aber nur der Anfang sein. Es geht um mehr als den Fehler eines Staatssekretärs, sondern um ein System", sagte Gitta Connemann, Chefin der Mittelstandsunion (MIT) und CDU-Bundestagsabgeordnete, dem "Spiegel".

Es stehe fest, dass das Wirtschaftsministerium mit einem Netzwerk überzogen sei. "Und es scheint dort mehr als eine Spinne oder Drahtzieher zu geben. Graichen und Co. haben an den strategischen Stellen ihre Leute platziert." Habecks Rolle sei nach wie vor ungeklärt. "Was wusste der Minister? Oder wo hat er wieso weggesehen? Die Möglichkeiten reichen von schlimmstenfalls Beteiligung bis bestenfalls Überforderung."

Habeck müsse Klarheit schaffen, fordert Connemann. "Sonst ist er dauerhaft ebenso wenig zu halten wie sein Staatssekretär."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • businessinsider.de: "Geheime Investments in Startups: Nächster Staatssekretär bringt Habeck in Erklärungsnot"
  • tagesspiegel.de: "Habecks Staatssekretär Graichen muss gehen – wegen eines weiteren Verstoßes"
  • Spiegel-Vorabmeldung
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