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Rechtsextremismus bei der AfD: Halemba-Fall nun doch für Parteichefs relevant?


Rechtsextremist Halemba
Der Wind dreht sich in der AfD

  • Annika Leister
Von Annika Leister

Aktualisiert am 03.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Verherrlichung der NS-Zeit: Dieses Video zeigt den verbotenen Hitlergruß vor der Teutonia Burschenschaft in Würzburg. (Quelle: t-online)

Stramm rechtsextrem, große Probleme mit der Justiz – und doch für die AfD im Landtag: Bisher störte der Fall Halemba die AfD-Spitze nicht. Nach einem t-online-Report bewegt sie sich nun.

Zu zweifelhafte Methoden in der Partei, zu offen rechtsextrem – und nun zu wenig demütig: Der Fall Daniel Halemba, gegen den wegen Volksverhetzung ermittelt wird, ruft Unruhe in der AfD hervor. Nach einem Bericht von t-online, der Halembas dubiose Methoden auch innerhalb der Partei offenlegte, wird jetzt der AfD-Bundesvorstand um Tino Chrupalla und Alice Weidel aktiv. Er fordert eine schriftliche Aufklärung von Halemba, dem Landesvorstand Bayern, der Jungen Alternative Bayern und dem Bezirksvorstand Unterfranken.

Auch die Spitze der AfD Bayern distanziert sich zunehmend vom jüngsten AfD-Abgeordneten im Landtag. Der 22-Jährige habe bisher eine starke Unterstützung genossen, vor allem unter jungen Mitgliedern. "Aber dieser Rückhalt schwindet", heißt es aus Kreisen des Landesvorstands. Manch einer dürfte spüren, dass der Wind sich drehen könnte, und sich selbst in Sicherheit bringen wollen. Bisher nämlich konnte Halemba auf einflussreiche Stützen in Landesvorstand wie Landtagsfraktion bauen.

Waffen, Himmler und "Sieg Heil"

Wer verstehen will, warum und wie sich der Wind nun dreht, muss zunächst verstehen, wie massiv die Vorwürfe gegen Halemba sind – und wie problematisch für die gesamte AfD. Denn sie taugen dazu, die AfD noch stärker als ohnehin schon ins Visier des Verfassungsschutzes zu rücken.

Bei einer Razzia im September wurden Waffen und NS-Devotionalien im Haus der Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag gefunden, bei der Halemba sowie weitere Mitglieder der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Mitglied sind. In Halembas Zimmer soll ein SS-Befehl von Himmler an der Wand gehangen haben, im Gästebuch soll der Hitlergruß "Sieg Heil" mit seinem Namen unterschrieben worden sein.

Wegen Verdunkelungsgefahr erging ein Haftbefehl gegen Halemba – es gab die Befürchtung, er könnte Zeugen beeinflussen. Halemba aber entzog sich der Justiz und tauchte zunächst unter. Am Tag der konstituierenden Sitzung des Landtags wurde Halemba dann kurzzeitig verhaftet, die Ermittlungen gegen ihn laufen. Halemba aber sitzt seither im Parlament.

In den Tagen nach seiner Verhaftung gerierte er sich in Videos auf sozialen Medien als Opfer einer ungerechten Justiz, die Junge Alternative forderte Solidarität für ihn und rief in Würzburg zu einer Kundgebung für ihn auf. Erst auf Druck des Landesvorstands sagte die JA die Demonstration kurzfristig doch ab.

Den Parteispitzen und manchen älteren Parteimitgliedern in der Region geht das Gebaren der jungen Rechten zunehmend gegen den Strich. Zwar werden rechtsextreme Tendenzen bei jungen Parteimitgliedern in der AfD selbst von eher Konservativen oft als "Jugendsünden" oder "wilde Phase" belächelt. Dass Halemba vor der Justiz floh und so offensiv uneinsichtig auftritt, ist für viele nun aber doch ein Problem.

Wie Recherchen von t-online offenlegten, war Halemba parteiintern außerdem bereits zuvor auffällig geworden: Seine Kandidatur für die Landtagswahl sicherte er mit dubiosen Methoden ab, indem er als AfD-Kreisvorsitzender in Würzburg die Aufnahmepapiere für neue Parteimitglieder unterzeichnete, die ihn bei der Aufstellungsversammlung unterstützten. Tatsächlich aber lebten zwei dieser Neumitglieder nicht in Würzburg und hätten deswegen in einem anderen Kreisverband aufgenommen werden müssen.

Gegen eine parteiinterne Kritikerin soll Halemba außerdem gemeinsam mit einem befreundeten Juristen, der ebenfalls Mitglied der Burschenschaft wie der JA ist, unwahre eidesstattliche Versicherungen eingeholt haben. Die Vorwürfe sind parteiintern seit Monaten bis hinauf zur Bundesspitze bekannt, die Kritik von einzelnen Mitgliedern ist groß, Aufarbeitung erfolgte demnach aber nie –, weil Halemba zum mächtigen rechtsextremen Flügel gehöre, dessen Mitglieder sich oft gegenseitig decken, so der Vorwurf.

Eine zentrale Figur dabei: Richard Graupner, Chef des AfD-Bezirksverbands Unterfranken und Abgeordneter im Landtag. Er hatte Halemba nach dessen Aufstellung als Kandidaten für den aussichtsreichen Listenplatz 2 für die Landtagswahl vorgeschlagen.

Bundesvorstand fordert Stellungnahme zu t-online-Recherche

Inzwischen aber kommt im Fall Halemba zu viel zusammen, als dass es noch ignoriert beziehungsweise verdeckt werden könnte. "Das geht zu weit", sagt ein Parteimitglied aus der Region, "das schadet der Partei massiv." Selbst Anhänger des rechtsextremen Flügels bezeichnen Halembas provokantes Auftreten angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe schlicht als "dumm". Aus der Partei seien Mitglieder schon wegen wesentlich weniger ausgeschlossen worden.

Im Bundesvorstand wird das inzwischen offenbar ähnlich gesehen, man bemüht sich dort nun zumindest auf dem Papier um Aufklärung und Distanzierung. Nach Informationen von t-online forderte die Parteispitze den AfD-Landesvorstand Bayern, den Bezirksvorstand Unterfranken, den Vorstand der Jungen Alternative sowie Daniel Halemba selbst auf, bis zum 30. November schriftlich Stellung zu dem t-online-Artikel "Halemba und der Putsch der Burschen" zu nehmen, wegen möglicher Verstöße gegen die Ordnung der Partei. Auch zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Halemba und seine Burschenschaft Teutonia Prag sollen die Adressierten Position beziehen.

"Natürlich trage ich zur Aufklärung dieser Vorwürfe bei", sagte Halemba t-online. Er habe dem Bundesvorstand pünktlich geantwortet, wolle sich aber zum Inhalt seines Schreibens nicht äußern.

Bayern-Chef trifft Fraktionsspitze – Protest im Bezirk

Ähnlich hält es AfD-Landeschef Stephan Protschka: Er sagte t-online, sein Vorstand habe dem Bundesvorstand nach "bestem Wissen und Gewissen" schriftlich geantwortet. Die Landesspitze habe die parteiinternen Vorwürfe gegen Halemba wegen Meldebetrug und der nicht satzungsgemäßen Aufnahme von Neumitgliedern geprüft, aber keine Belege dafür gefunden, sagt Protschka.

Bußgelder wegen Verstößen gegen das Meldegesetz wurden allerdings erst im April und Mai von der Stadt Würzburg verhängt – da hatte der Vorstand seine interne Prüfung laut Protschka schon beendet.

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Ob der Landesvorstand Bayern sich nun noch einmal Meldebescheinigungen einhole, noch einmal neu recherchiere? Dazu will sich Protschka nicht näher äußern, kündigt aber an: "Wir werden uns nächste Woche mit Mitgliedern des Fraktionsvorstands treffen und das Thema erörtern."

Der Protest in Halembas Bezirksverband Unterfranken bricht sich derweil schon jetzt sehr konkret Bahn: Für einen Bezirksparteitag der AfD Unterfranken am 9. Dezember war der "Fall Halemba" als eigener Tagesordnungspunkt beantragt. Mehrere mögliche Maßnahmen gegen Halemba sollten dort erörtert werden – unter anderem seine Amtsenthebung als stellvertretender Schatzmeister im Bezirksvorstand.

Die Anträge aber gingen einen Tag zu spät beim Vorstand ein und wurden nicht zugelassen. In der AfD Unterfranken sorgt das nun für Ärger. "Jetzt wird die Satzung bemüht, für Herrn Halemba aber wird sie seit Monaten ignoriert", kritisiert ein Mitglied des Bezirks im Gespräch mit t-online. Man sehe klar, auf wessen Seite Teile der Vorstände in Bezirk wie Land stünden. "Das Thema soll verhindert werden."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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