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Digitalpakt Schule 2.0 | Stark-Watzinger: So kann das Vorhaben gelingen


Bildungsministerin Stark-Watzinger
"Die Länder müssen zu ihrer Verantwortung stehen"

MeinungEin Gastbeitrag von Bettina Stark-Watzinger

21.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Mit dem Digitalpakt Schule sollen fünf Milliarden Euro vom Bund an die Länder fließen.Vergrößern des Bildes
Mit dem Digitalpakt Schule sollen fünf Milliarden Euro vom Bund an die Länder fließen. Aber das "Wie" ist noch ungeklärt. (Quelle: Carmen Jaspersen./dpa)

Der Streit um die Fortführung des Digitalpakts Schule eskaliert. Im Gastbeitrag bekennt sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu dem Vorhaben – und nennt Bedingungen, damit die harten Verhandlungen gelingen.

In der digitalen Bildung hat Deutschland großen Aufholbedarf. Der Digitalindex der EU "DESI" etwa verortet die Verbreitung wenigstens grundlegender digitaler Kompetenzen in Deutschland im europäischen Vergleich auf Platz 22 von 27. Auch andere Technologienationen wie Israel oder Kanada sind weiter als wir. Das kann und darf uns nicht zuletzt aus drei Gründen nicht zufriedenstellen:

Erstens: Die Schule muss jungen Menschen das beste Rüstzeug für ein selbstbestimmtes Leben und die Ausschöpfung ihres Potenzials vermitteln. Ein Kernbestandteil dieses Rüstzeugs sind digitale Kompetenzen. Studien zeigen, dass bei der Jobsuche digitale Kompetenzen von Bewerberinnen und Bewerbern immer wichtiger werden – und zwar in allen Qualifizierungsniveaus.

Das zeigt: Ohne die Vermittlung digitaler Kompetenzen werden Schülerinnen und Schüler unzureichend auf Ausbildung, Studium und Job vorbereitet. Mehr digitale Kompetenzen bringen dagegen mehr Chancen auf individuellen Aufstieg.

Digitale Konzepte machen den Unterricht besser – und spannender

Zweitens: Die Corona-Pandemie hat drastisch aufgezeigt, wie entscheidend digitale Bildung für die Vermittlung von Bildung insgesamt sein kann. In diesem Extremfall war die Alternative zu digitalen Lehr- und Lernmethoden häufig: gar keine Bildung. Der Zusammenhang zwischen guter digitaler Bildung und guter Bildung zeigt sich aber nicht nur in Extremfällen oder beim Distanzunterricht.

Von KI-Anwendungen über digitale Lernwelten für gemeinsames Arbeiten von Schülerinnen und Schülern bis zu multimedialen Inhalten zur Auseinandersetzung mit Lernstoff: Digitale Konzepte und Formate bieten riesige Chancen, Unterricht spannender, individueller und lehrreicher zu machen.

Drittens: Eine aktuelle Ifo-Studie zeigt, dass Fachkräftemangel zu den vier größten negativen Einflussfaktoren auf die Attraktivität des Standorts Deutschland gehört. 70 Prozent der europäischen Unternehmen wiederum geben an, dass die Verfügbarkeit von Fachkräften mit digitalen Kompetenzen ein wesentlicher Einflussfaktor auf Investitionsentscheidungen ist.

Der aktuellen Wachstumsschwäche Deutschlands müssen wir durch eine Wirtschaftswende begegnen. Die Stärkung der digitalen Bildung wäre ein gewichtiger Beitrag. Er würde nicht nur Investitionsimpulse etwa in Infrastrukturen, IT und Ausbildungskapazitäten für Lehrkräfte und Schüler mit sich bringen, sondern die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig stärken.

Digitalpakt 2.0 darf keine Kopie des ersten sein

Aktuell verhandeln Bund und Länder über einen Digitalpakt 2.0 ab dem kommenden Jahr. Für die Bundesregierung und für mich persönlich hat die Stärkung der digitalen Bildung aus den genannten Gründen sehr hohe Priorität. Deshalb engagieren wir uns weit über die eigentlichen Zuständigkeiten des Bundes hinaus mit der Einrichtung von Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Lernen. Und deshalb wollen wir die Länder bei ihrer bildungspolitischen Aufgabe mit einem Digitalpakt Schule 2.0 fortgesetzt unterstützen.

Gleichzeitig steht für mich allerdings fest: Der Digitalpakt 2.0 darf keine Kopie des ersten sein. Wir müssen aus der Erfahrung mit dem ersten Digitalpakt lernen, um nachhaltige Fortschritte für die digitale Bildung in Deutschland zu erreichen. Der Digitalpakt 2.0 wird unter drei Voraussetzungen eine Erfolgsgeschichte:

Ein länderübergreifendes Gesamtkonzept: Der Bundesrechnungshof hat in seiner Beurteilung des Digitalpaktes zu Recht festgestellt, dass man sich im Digitalpakt 1.0 zu sehr an den Zahlen im Haushalt, nicht aber an dem Kompetenzgewinn der Schülerinnen und Schüler orientiert hat. Erst auf Grundlage eines solchen Konzepts, das insbesondere auch die Fragen der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften, der Vereinheitlichung von digitalen Standards und der technischen Administration umfasst, kann seriös eingeschätzt werden, welche Mittel erforderlich sind.

Eine Bestellliste für Technik reicht nicht aus. Das sagt uns auch die Wissenschaft. Es muss daher ein gemeinsames Verständnis von verbindlichen, einheitlichen und messbaren Qualitätskriterien geben. Und es muss regelmäßig überprüft werden, ob diese auch erreicht werden. Das heißt mitnichten, dass der Bund die einheitlichen Kriterien vorgeben soll. Im Gegenteil: Einige Länder sind schon weiter als andere. Es ist sicher nicht zu viel verlangt, dass sich alle Länder an den Fortschritten messen lassen.

Ein "Weiter-so" darf es nicht geben

Ein unbürokratisches Fördersystem: Bei den Verhandlungen für den ersten Digitalpakt ist viel Energie in die notwendige Änderung des Grundgesetzes und die Überzeugung einiger Länder unter Zuhilfenahme zusätzlicher Bundesmittel geflossen. Zu wenig Energie wurde für ein unbürokratisches Fördersystem aufgebracht. Darunter leiden insbesondere die Schulträger sowie Schulen und Lehrkräfte. Ein Indiz dafür ist, dass die Mittel aus dem Digitalpakt nur sehr langsam abfließen. Zwar hat das Tempo zugenommen, aber so fällt das Aufholen schwer. Bund und Länder sollten deshalb schon jetzt gemeinsam das Bekenntnis ablegen, beim Digitalpakt 2.0 weniger Bürokratie zu wagen.

Zusätzliche Investitionen der Länder in die digitale Bildung: Die Länder müssen zu ihrer bildungspolitischen Verantwortung stehen. Das sind sie den Kindern, den Eltern, den Lehrkräften und der Zukunftsfähigkeit unseres Landes schuldig. Vor dem Hintergrund der oben genannten gesamtstaatlichen Bedeutung bekenne ich mich klar zum Digitalpakt 2.0. Die Länder müssen aber ebenfalls zusätzlich zu ihren bisherigen Finanzplanungen in die digitale Bildung investieren und sicherstellen, dass insbesondere die Kommunen als Schulträger nicht stärker belastet werden.

Die jüngsten Pisa-Ergebnisse zeigen, dass es in der deutschen Bildungspolitik kein "Weiter-so" geben darf. Vor uns liegt eine große Chance, denn wir können aus dem ersten Digitalpakt unsere Lehren ziehen. So wird der Digitalpakt 2.0 nach dem Startchancen-Programm nicht nur der zweite große Beitrag zu einer dringend notwendigen bildungspolitischen Trendwende. Sondern auch eine große Erfolgsgeschichte und ein zentraler Impuls zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands und unserer Schülerinnen und Schüler.

Verwendete Quellen
  • Gastbeitrag der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger
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