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Horst Seehofer: Heimatministerium oder Heimatmuseum?


Horst Seehofer
Heimatministerium oder Heimatmuseum?

Von dpa
Aktualisiert am 05.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Heimatminister Horst Seehofer (Archiv): Vorbild BayernVergrößern des BildesHeimatminister Horst Seehofer (Archiv): Vorbild Bayern (Quelle: Tobias Hase/dpa-bilder)
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Horst Seehofer wird künftig als Heimatminister regieren. Droht jetzt Trachtenzwang? Was bald passieren könnte, zeigen Seehofers Amtskollegen in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Sogar der Bundesinnenminister vertut sich: "Ich hab' das Heimatmuseum, äh, das Heimatministerium, das Heimatministerium in Bayern gegründet" – so beschreibt Horst Seehofer (CSU) seinen Exportschlager. Denn nun soll in Berlin das Innenministerium mit dem Bereich Heimat erweitert werden. Das soll für Geborgenheit sorgen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die Lebensverhältnisse in Deutschland angleichen. Doch was heißt das eigentlich?

Für jene, die sich für die Kommunen einsetzen, ist klar, was geschehen muss. "Die Schere zwischen armen und reichen Städten und Regionen geht trotz der insgesamt guten wirtschaftlichen Lage immer weiter auseinander", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. "Hier erwarten wir klare Lösungsansätze des neuen Heimatministeriums." Schließlich lebten 70 Prozent der Deutschen in Regionen oder in ländlichen Räumen.

Sein Kollege vom Deutschen Städtetag, Helmut Dedy, freut sich ebenfalls über die "Renaissance des Heimatbegriffs". Die zeige, wie sich Globalisierung und Digitalisierung auf die Gesellschaft auswirken würden. Der Innen- und Heimatminister solle deshalb "als Anwalt der Kommunen in der Bundesregierung" agieren, fordert Dedy.

Heimatministerien bereits in Bayern und Nordrhein-Westfalen

In Bayern existiert ein Heimatministerium seit mehreren Jahren. Es war 2014 als Teil des Finanzministeriums gegründet worden. Aufgabe des Ressorts ist es unter anderem, gleichwertige Lebensverhältnisse zu fördern. Darüberhinaus soll sich der bayerische Heimatminister darum kümmern, dass die digitale Infrastruktur ausgebaut wird. Zumindest damit wird sich der neue Bundesheimatminister kaum befassen müssen. Der Breitbandausbau ist in Berlin Aufgabe des Verkehrsministeriums.

So wird sich zeigen müssen, wie sehr sich Seehofer an dem bayerischen Vorbild orientieren kann. Kaum vorstellbar, dass er wie einst sein Heimatminister in Bayern, Markus Söder, durch die Republik reisen und Förderbescheide verteilen wird.

Auch in Nordrhein-Westfalen wurde im vergangenen Jahr Heimat Teil eines Ministeriums. So kümmert sich die CDU-Politikerin Ina Scharrenbach um die Bereiche Kommunales, Bau, Gleichstellung und – Heimat. Mit ihrer Arbeit wolle sie Menschen in einer globalisierten Welt Halt und Orientierung geben, sagte Scharrenbach zuletzt. Ihre Aufgabe, so die CDU-Politikerin, sei es, die Situation der Kommunen zu verbessern und ein Lebensumfeld zu schaffen, in dem sich Menschen geborgen fühlen.

Heimat als Schicksal

Dafür darf sie in dieser Amtszeit etwa 113 Millionen Euro ausgeben. Mit denen sollen unter anderem Heimat-Preise, Heimat-Fonds und Heimat-Werkstätten finanziert werden. "Heimat grenzt nicht aus, sondern verbindet. Heimat ist für alle da", sagt Scharrenbach. Sie will auch muslimische Initiativen fördern.

Doch warum überhaupt solch ein vager Wohlfühlbegriff für ein Ministerium, das ganz konkrete Probleme lösen soll? Eine Soziologin der TU Darmstadt, Cornelia Koppetsch, sagt, dass dabei auch das Versprechen mitschwinge, "dass man den Status von Gruppen in strukturell benachteiligten Regionen erhalten möchte, indem man ihre kulturelle Identität respektiert". Denn es gebe einen Konflikt zwischen jenen, die mobil sind und von der Globalisierung profitieren können und jenen, "deren Fähigkeiten und Wissen eher lokal verankert sind, die oftmals weniger mobil sind und die Heimat häufig als Schicksal begreifen".

Ein "bayerischer Löwe" für die Kommunen

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Kerstin Kassner aus Mecklenburg-Vorpommern findet den Namen "ein bisschen antiquiert". Sie schlägt vor, das Ressort Innen- und Kommunalministerium zu nennen. Doch unterm Strich sei das neue Ressort eine gute Sache, sagt sie. Vom neuen Heimatminister Seehofer verlangt Kassner: "Er muss liefern und darf sich nicht nur auf Bayern konzentrieren."

Ein politisches Schwergewicht wie Seehofer sei schon einmal ein Plus, meint der kommunalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Christian Haase: "Wir haben Herrn Seehofer ja in der Vergangenheit als starken bayerischen Löwen erkannt, und wenn wir den an unserer Seite haben als Kommunen, dann fühlen wir uns gut aufgehoben."

Doch noch fehlt dem "Löwen" der Stab. Ziel sei es, "den neuen Bereich Heimat so schnell wie möglich arbeitsfähig zu machen", erklärt das Ministerium. Inhaltliche, konzeptionelle und "personalwirtschaftliche" Vorarbeiten liefen "mit Hochdruck". Erste Stellenausschreibungen seien veröffentlicht, weitere in Vorbereitung. Ein Staatssekretär und knapp hundert Mitarbeiter sollen sich nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums künftig der Heimat widmen.

Bis es so weit ist, gehört das Feld weiter den Satirikern. Das innerhalb kürzester Zeit höchst populäre Twitter-Konto "Heimatministerium" rät: "Das #Heimatministerium empfiehlt heute einen Spaziergang im deutschen Wald. Lauschen Sie den Vögeln, halten Sie inne und spüren Sie ihre Heimatverbundenheit."

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