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So regeln Deutschland und die EU das Asylrecht


Einreise
So regeln Deutschland und die EU das Asylrecht

Von Nathalie Rippich

14.06.2018Lesedauer: 3 Min.
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Flüchtlinge auf der Balkanroute im September 2015: Hunderttausende Flüchtlinge hofften auf eine Zukunft in der EU.Vergrößern des Bildes
Flüchtlinge auf der Balkanroute im September 2015: Hunderttausende Flüchtlinge hofften auf eine Zukunft in der EU. (Quelle: dpa-bilder)

Die Große Koalition diskutiert: Darf chancenlosen Asylsuchenden die Einreise nach Deutschland verweigert werden? Es gibt dazu zwei Rechtsauffassungen. Was das deutsche und das europäische Recht dazu sagen, lesen Sie hier.

Was ist europäisches Recht?

Wesentlich für den Umgang mit Asylsuchenden in der Europäischen Union ist die sogenannte Dublin-Verordnung. Dieser Richtlinie nach ist jener Staat, in dem ein Asylsuchender zuerst registriert wird für die Bearbeitung des jeweiligen Asylverfahrens zuständig. Für die Länder an den EU-Außengrenzen ist das eine enorme Belastung: Malta, Italien, Kroatien, Spanien und Griechenland werden durch Fluchtrouten über den Seeweg oft zum Einreiseland, Ungarn über die Balkanroute. Zwar bilden Bulgarien und Rumänien die östliche Außengrenze, beide Mitgliedsstaaten gehören jedoch nicht zum europäischen Schengen-Raum, innerhalb dessen keine Passkontrollen durchgeführt werden.

Was sagt das deutsche Recht?

Deutschland gehört weltweit zu einem der wenigen Länder, die in ihrer Verfassung ein gerichtlich durchsetzbares Grundrecht auf Asyl verankert haben. Asylrecht haben demnach Menschen, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden. Welche Länder als sicher oder unsicher gelten, wird per Gesetz unter Zustimmung des Bundesrates festgelegt. Kommt ein Asylbewerber aus einem Land, in dem nicht davon ausgegangen wird, dass er dort verfolgt wird, muss er dies belegen können. Da Deutschland mitten in der Europäischen Union liegt, ist es unwahrscheinlich, dass Menschen auf dem Land- oder Seeweg zuerst hier registriert werden. Durch die vermehrten Zuströme von Asylsuchenden in den vergangen Jahren wurden jedoch auch innerhalb des Schengen-Raums wieder Grenzkontrollen eingeführt. Etwa an der deutsch-österreichischen Grenze.

Welches Recht gilt?

Aus dem Grundgesetz, der Verfassung Deutschlands, geht hervor, dass die Regelungen der Europäischen Union maßgeblich sind. Gleich im zweiten Satz nach der Verankerung eines Asylrechts ist dort verfasst, dass sich nicht mehr darauf beziehen kann, wer aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union einreist. Eine Einschränkung ist gleichwohl festgehalten: Die „Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ soll in diesen Ländern sichergestellt sein. Grundsätzlich gelten also die Europäischen Richtlinien als übergeordnet, die nationale Umsetzung kann sich aber von Land zu Land unterscheiden.

Ist eine nationale Regelung rechtlich möglich?

Darüber herrscht Uneinigkeit. Es wurden zwar in der Vergangenheit bereits Personen ohne gültige Ausweispapiere oder entsprechende Visa abgewiesen. Asylsuchenden wurde der Zutritt bisher jedoch stets gewährt. Ob Menschen, deren Wunsch nach Asyl als aussichtslos bewertet oder bereits abgelehnt wurde, an der Grenze abgewiesen werden dürfen, ist nicht ganz klar. Rechtswissenschaftler vertreten dazu unterschiedliche Meinungen. Mit Blick auf das deutsche Asylrecht scheint dieses Verfahren möglich, da davon ausgegangen werden kann, dass ein Asylsuchender, der nicht per Flugzeug ins Land kommt, vorher über einen anderen Staat in die EU eingereist ist. Klar wird das Dilemma mit Blick auf die Grenze zu Österreich. Ein Asylsuchender hat nach dieser Logik auch nicht im Nachbarland zuerst EU-Boden betreten. Wahrscheinlicher ist, dass er etwa über Italien eingereist ist. An der Grenze zu Deutschland kann er nach Meinung vieler Rechtsexperten deshalb nicht abgewiesen werden, weil Österreich Transitland und nicht Einreiseland ist. Der Asylsuchende müsste nach dieser Lesart der Dublin-Verordnung zunächst aufgenommen, überprüft und dann per Antrag zurück in das Einreiseland gebracht werden. Klappt diese Rückführung nicht binnen sechs Monaten, ist Deutschland in der Verantwortung für das Asylverfahren.

Was für Härtefälle gab es bisher?

Im September 2015 entschied Kanzlerin Angela Merkel tausenden Asylsuchenden, die in Ungarn festsaßen, die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Und das obwohl Deutschland laut Dublin nicht für diese Menschen verantwortlich war. Es war eine humanitäre Entscheidung, denn die Menschen saßen unter prekären Verhältnissen tagelang fest. Merkel handelte laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in diesem Fall nicht nach den EU-Regelungen. Das wird bis heute oft kritisiert. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs macht jedoch deutlich, dass sie trotzdem nicht im Unrecht war. Denn es gibt ein „Selbsteintrittsrecht“ um in Notfällen andere Staaten zu entlasten. Dem Urteil war ein Streit zwischen Kroatien, Slowenien und Österreich. Über die Balkanroute gelangen Hunderttausende Flüchtlinge über Kroatien in die Europäische Union. Das Land an der Adria fühlte sich vom Ansturm überlastet und ermöglichte die Weiterreise der Asylsuchenden nach Slowenien und Österreich. Beide Länder sahen jedoch nach Dublin-Verordnung Kroatien in der Pflicht – und bekamen Recht. Der Ausnahmezustand begründet keine Aushebelung der Verordnung.

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