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Thüringen-Eklat: SPD attackiert Union vor Krisentreffen im Kanzleramt


Spitzentreffen im Kanzleramt
SPD attackiert CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer

Von dpa, afp, ds

08.02.2020Lesedauer: 4 Min.
Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer: Vor dem Treffen der Koaltionsspitzen hagelt es Attacken der SPD gegen die Unions-Spitze.Vergrößern des BildesKanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer: Vor dem Treffen der Koaltionsspitzen hagelt es Attacken der SPD gegen die Unions-Spitze. (Quelle: imago-images-bilder)
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Der Eklat in Thüringen hat auch in der großen Koalition für neue Spannungen gesorgt – nun kommt es zum Krisentreffen in Berlin. Verbal setzt der Koalitionspartner der CDU schon mal ein Zeichen.

Mehrere SPD-Spitzenpolitiker haben CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach der umstrittenen Ministerpräsidentenwahl in Thüringen Führungsversagen vorgeworfen. "Sie hat das Chaos noch größer gemacht", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Er forderte die CDU auf, rasch für klare Verhältnisse in Thüringen zu sorgen. "Was bleibt ist, dass es auch drei Tage nach dem Skandal noch keine nennenswerten Ergebnisse gibt", sagte Klingbeil.

Die Spitzen von Union und SPD beraten an diesem Samstag im Koalitionsausschuss. Die SPD hatte um das Krisentreffen bei Angela Merkel im Kanzleramt gebeten, nachdem die CDU im Thüringer Landtag zusammen mit der AfD den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt hatte. Die Sozialdemokraten dringen auf Neuwahlen in Thüringen – die dortigen Christdemokraten wollen dies jedoch vermeiden.

Auch andere führende SPD-Politiker nahmen vor dem um die Mittagszeit anberaumten Treffen Kramp-Karrenbauer ins Visier. Von einer Autorität der CDU-Bundesvorsitzenden sei "derzeit nicht viel zu erkennen", sagte Carsten Schneider, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, der "Welt". "Erst hat sie in der CDU Thüringen alles laufen lassen, dann hat sie sich nicht durchsetzen können mit ihrer Forderung nach Neuwahlen." SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte am Freitag, im Koalitionsausschuss müsse Kramp-Karrenbauer erklären, welche Rolle sie bei den Vorgängen in Thüringen gespielt habe. Die SPD wirft der CDU vor, der AfD wissentlich in die Falle gegangen zu sein.

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Drohungen mit einem Aus der Koalition vermied die SPD allerdings. Sie taktierten nicht, betonte Co-Parteichefin Saskia Esken. Das Vertrauensverhältnis in der GroKo sei aber beschädigt. Die SPD erwarte von CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer, "dass sie dafür sorgt, dass die CDU in Thüringen verantwortungsvoll agiert". Das Ergebnis des Treffens will die SPD am Sonntag bei einer Vorstandsklausur beraten.

Schäuble: Personaldebatten helfen nicht

Kramp-Karrenbauer dagegen sieht auch die SPD am Zug. Sie will den Koalitionspartner beim Spitzentreffen davon überzeugen, selbst einen Ministerpräsidenten-Kandidaten in Thüringen aufzustellen. Grüne und SPD im Land hatten diesen Vorschlag prompt abgewehrt und der CDU vorgeworfen, Rot-Rot-Grün spalten zu wollen – die drei Parteien wollten in Thüringen eine Minderheitsregierung unter dem vorherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) bilden. Esken bezeichnete Kramp-Karrenbauers Vorstoß als "realitätsfremd".

Hintergrund ist, dass die Thüringer CDU einen neuen Urnengang vermeiden will – obwohl auch die CDU-Bundesspitze Neuwahlen für den klarsten Weg hält, um stabile Verhältnisse zu erreichen, wie Kramp-Karrenbauer am Freitag sagte. Wie es nun in Thüringen weitergeht, ist unklar. "Die parteipolitischen Querelen und die Fixierung auf Personaldebatten, die jetzt wieder angestrengt werden, helfen niemandem", sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) der "Rheinischen Post". "Alle Seiten stehen jetzt in der Pflicht, anstelle parteipolitischer Ränke ihre staatspolitische Verantwortung zu übernehmen, damit die parlamentarische Demokratie nicht weiter Schaden nimmt".

Kemmerich hatte sich am Mittwoch im dritten Wahlgang überraschend gegen Ramelow durchgesetzt. Das stellte den Wahlausgang vom 27. Oktober auf den Kopf. Damals hatte die Linke 31 Prozent geholt, die rechtsgerichtete AfD 23,4 Prozent und die CDU nur 21,7 Prozent. Die SPD war auf enttäuschende 8,2 Prozent gekommen. Grüne (5,2) und FDP (5,0) schafften den Einzug in den Landtag nur knapp.

Kemmerich hatte nach dem Proteststurm zwar seinen Abgang als Ministerpräsident angekündigt. Doch jetzt solle erstmal der Ältestenrat des Landtags klären, wie eine "schnelle, geordnete Amtsübergabe" funktionieren könne, sagte er am Freitag. Für eine Neuwahl bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die derzeit nicht in Sicht ist. Der FDP-Mann könnte auch eine Vertrauensfrage stellen – wenn er diese verliert, könnte der Landtag einen neuen Regierungschef wählen.

Auch FDP-Chef Lindner weiter unter Druck

Hierfür wirbt Ramelow – der wieder das Ruder übernehmen möchte. Vor einer sofortigen Neuwahl warnte er dagegen in einem Interview des MDR: Dies bedeute, dass es mindestens 70 Tage eine "regierungslose Zeit" gebe – weil Thüringen derzeit keine Minister hat. Doch die vertrackten Kräfteverhältnisse haben sich nicht geändert: Rot-Rot-Grün allein hat keine Mehrheit, Ramelow wäre also auf Unterstützung oder Enthaltungen anderer Abgeordneter angewiesen. Es laufen Gespräche mit CDU-Abgeordneten – doch ein Parteitagsbeschluss der Christdemokraten untersagt eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.

Auch in der FDP rumort es weiter. Parteichef Christian Lindner steht weiter unter Druck – auch wenn der Parteivorstand ihm am Freitag klar sein Vertrauen ausgesprochen hatte. Der stellvertretende Bundestags-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer sagte der "Augsburger Allgemeinen", es brauche eine Diskussion über den Führungsstil von Lindner, "der zunehmend einsam agiert". Der FDP-Politiker und ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum warf Lindner "Führungsversagen" vor. "Ob er in der Lage ist, an der Parteispitze zu bleiben, wird die Hamburg-Wahl zeigen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In der Hansestadt wird am 23. Februar neu gewählt, und die FDP muss laut einer Umfrage vom Donnerstag um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa, AFP
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