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Tagesanbruch: Der Rechtsextremismus bedroht unsere Freiheit und Sicherheit


Was heute wichtig ist
Es reicht jetzt

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 18.06.2019Lesedauer: 5 Min.
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Quelle: imago images

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Gerade mal ein Jahr ist vergangen, seit Beate Zschäpe und vier Unterstützer der NSU-Terrorgruppe verurteilt wurden. Jetzt sehen wir mit Entsetzen: Rechtsextremisten erstarken in Deutschland nicht nur, sie sind offenbar immer noch zu Morden fähig. Noch harrt die Gewalttat gegen den CDU-Politiker Walter Lübcke der genauen Aufklärung. Aber die Ermittler vermuten, dass der Anschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten einen rechtsextremen Hintergrund hat. Der 45-jährige Stephan E. sitzt wegen dringenden Mordverdachts in Untersuchungshaft, er zählte zur Kasseler Neonazi-Szene und beging bereits mehrere schwere Straftaten. Bei der Auswertung seines Smartphones entdeckten die Ermittler laut NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" zahlreiche Hasskommentare, die er in sozialen Netzwerken hinterließ. Bei YouTube soll er unter dem Aliasnamen "Game Over" geschrieben haben: "Entweder diese Regierung dankt in Kürze ab oder es wird Tote geben."

Die Bedrohung unserer Freiheit und Sicherheit durch den Rechtsterrorismus ist das eine. Dass Polizei und Verfassungsschutz Ermittlungen gegen militante Neonazis viel zu lange vernachlässigt haben, ist das zweite. Das dritte ist das schleichende Gift der Sprache, das eine Atmosphäre schafft, in der Gewalttäter sich ermutigt fühlen. Natürlich tragen Politiker keine Mitschuld an Morden. Aber sie tragen ebenso wie einige Boulevardmedien eine Mitverantwortung dafür, dass das gesellschaftliche Diskussionsklima verroht. "Bis zur letzten Patrone" wolle man sich dagegen wehren, "eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme zu bekommen", rief Horst Seehofer vor einigen Jahren auf einer CSU-Veranstaltung (hier können Sie die Szene sehen). Wer solche Sprüche klopft oder ihnen applaudiert, verhält sich niederträchtig. Wenn demokratisch gewählte Politiker die menschenverachtenden Parolen von Extremisten wiederkäuen, machen sie sich zu Steigbügelhaltern der Hassprediger – in der realen Welt genauso wie in der digitalen.

"Wo die Sprache verroht, ist die Straftat nicht weit", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gestern. "Die Verächtlichmachung eines Menschen, der einer Gewalttat zum Opfer gefallen ist, darf uns nicht nur empören. Sondern sie fordert uns heraus, alle Mittel des Rechtsstaats zu nutzen, um Herabwürdigung und Gewalt auch in den sozialen Medien zu ahnden."

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Recht hat er. Aber die Strafverfolgungsbehörden haben das Problem nicht im Griff. Das Internet ist voll von Hass, Verleumdungen, Lügen und Morddrohungen. Facebook, Twitter und die Google-Tochter YouTube tun allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz viel zu wenig dagegen. Auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist ein stumpfes Schwert. So zersetzt das Gift unsere Gesellschaft. Warum, so fragt man sich, gibt es eigentlich keine bundesweite Soko "Facebook/Twitter/YouTube"? Und warum gibt es keinen Aufschrei von uns allen, die wir täglich googeln, auf Facebook und Twitter posten, Filme auf YouTube angucken? Was wäre, wenn wir uns kollektiv gegen den Hass im Web wehrten? Wissen Sie was? Ich fange einfach mal damit an. Vielleicht macht ja jemand mit.


WAS STEHT AN?

Der Hass im Netz treibt auch Steinmeiers Vorgänger Joachim Gauck um. Als ich ihn vor zweieinhalb Jahren zum Interview traf, zeigte er sich aber überzeugt: "Wer hasst, wird in diesem Land nicht die Mehrheit erringen." Fand ich damals gut, den Satz. Gauck schreckt allerdings auch nicht vor Kontroversen zurück. "Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich", hatte er angesichts der Zuwanderung von zigtausend Flüchtlingen gesagt. Das wurde als Kritik an Angela Merkel verstanden.

Seit Gauck als Bundespräsident abtrat, ist es stiller um ihn geworden. Jetzt hat er ein neues Buch vorgelegt: "Toleranz. Einfach schwer", heißt es, und wieder scheut er keine Kontroverse. Dem "Spiegel" sagte er, man müsse toleranter mit Rechten sein. Prompt fing er sich scharfe Kritik ein. Wie reagiert er darauf? Zum heutigen Erscheinungstag seines Werkes hat der Altbundespräsident mit meinen Kollegen Tatjana Heid und Jonas Schaible seine Vorstellung von Toleranz diskutiert und erläutert, warum Zugewanderten keine Sonderrechte gewährt werden sollten. Schwer ist das Interview nicht. Aber spannend.


In der vergangenen Legislaturperiode vermittelte CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt den Eindruck, von der Einführung der Pkw-Maut hinge Deutschlands Schicksal ab. Nach der Bundestagswahl wechselte Dobrindt das Pöstchen, seither ist sein Interesse an der Maut abgeflaut. Die wurde zwar ins Gesetzbuch eingebaut, aber die Umsetzung hat sich niemand so recht angeschaut. Die "FAZ" hat sich aber aufgeschlaut: Durch die Maut wird womöglich weniger eingenommen als auf den Kopf gehaut! Heute urteilt der Europäische Gerichtshof, ob sie überhaupt für Europa taugt. Falls nicht, ist Dobrindts Nachfolger Andreas Scheuer hoffentlich derjenige, der die Maut in die Tonne haut. Ob er sich traut?


Der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky macht heute Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Steinmeier seine Aufwartung. Das ist der Mann, den viele Medien ständig als "ehemaligen Komiker" bezeichnen, was der überhaupt nicht mehr komisch findet. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer darf ihm auch die Hand schütteln. Vielleicht findet er ja wenigstens das komisch.


In der Debatte über Europas Zukunft horchen wir die ganze Zeit nach Berlin und Paris. Heute lauschen wir mal einer Stimme aus Warschau: Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz hält die Berliner Humboldt-Rede und erklärt, wie sich sein Land die EU künftig vorstellt. Bin gespannt.


In Dortmund beginnt der Evangelische Kirchentag, mehr als 100.000 Teilnehmer werden erwartet. Zentrales Thema ist die Bewahrung der Schöpfung, sprich: der Klimaschutz. Dazu gibt es tatsächlich eine ganze Menge zu sagen.


An der Universität Stuttgart-Hohenheim beginnt das Forschungsprojekt "Landwirtschaft ohne Spritzmittel". Die Wissenschaftler aus 20 Fachgebieten wollen einen Plan für eine ertragreiche Landwirtschaft entwickeln, die komplett ohne Chemie auskommt. Das wäre eine Revolution, also viel Erfolg!


WAS LESEN?

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Für den Klimaschutz hat Greta Thunberg wochenlang die Schule geschwänzt. Ihre Gegner unterstellten ihr Faulheit und verunglimpften sie. Jetzt hat die Aktivistin ihr Schulzeugnis bekommen. "Und was für eins", schreibt der Kollege Claus Hecking.


In wenigen Jahren ist Huawei vom Außenseiter zur Nummer zwei auf dem Smartphone-Markt aufgestiegen. Jetzt droht der Handelskonflikt zwischen Washington und Peking, den chinesischen Konzern vom Markt zu fegen. Der Deutschlandchef der Traditionsmarke Nokia, Eric Matthes, erklärt im Interview mit meiner Kollegin Laura Stresing, warum sich nicht einmal die Konkurrenten darüber freuen können.


WAS AMÜSIERT MICH?

Wie heißt es so schön? Totgesagte leben länger.

Ich wünsche Ihnen einen quicklebendigen Tag.

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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