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Thüringen | Gericht entscheidet: AfD-Mitglied darf Waffen besitzen


Richter kritisieren Verfassungsschutz
Gericht entscheidet: Thüringer AfD-Mitglied darf Waffen besitzen

Von t-online, sje

14.08.2023Lesedauer: 3 Min.
AfD-Parteitag (Archivbild): Der Thüringer Verfassungsschutz stuft den Landesverband als rechtsextremistisch ein, bundesweit gilt die Partei als Verdachtsfall.Vergrößern des BildesAfD-Parteitag (Archivbild): Der Thüringer Verfassungsschutz stuft den Landesverband als rechtsextremistisch ein, bundesweit gilt die Partei als Verdachtsfall. (Quelle: dts Nachrichtenagentur/imago-images-bilder)
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Ein AfD-Mitglied sollte seine Waffen abgeben, legte Widerspruch ein – und bekam nun recht. Die Kritik der Richter reicht jedoch noch weiter.

Wende im Fall um einen AfD-Politiker: Das Mitglied des Thüringer Landesverbands hatte seine Waffen und Waffenerlaubnisse abgegeben müssen, weil der Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft worden war. Er legte Widerspruch ein – und bekam nun recht. Das Verwaltungsgericht entschied das in einem Eilverfahren am Montag. Der Mann kann nun zumindest vorläufig seine Waffen zurückerhalten.

Im April 2023 hatte die Waffenbehörde des Saale-Orla-Kreises dem AfD-Mitglied seine Waffenerlaubnisse und Schusswaffen entzogen, die er als Sportschütze besaß. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hatte bereits Mitte vergangenen Jahres betont, den Waffenbesitz von Extremisten in Thüringen unterbinden zu wollen. Weil der Landesverband entsprechend eingestuft wird, wurde die Regelung auch auf Thüringer AfD-Mitglieder angewendet.

Richter kritisieren pauschalen Extremismusverdacht

Der Landkreis verwies zur Begründung des Waffenentzugs auf die Einstufung der AfD im Verfassungsschutzbericht aus dem März 2021 und einen Vermerk des Verfassungsschutzes aus dem Mai 2022. Aus beiden ergäben sich "nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte" für eine "fehlende waffenrechtliche Zulässigkeit des Antragsstellers als Mitglied der AfD".

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Die Richter kritisierten nun aber die die Ausweitung des Extremismusverdachts auf sämtliche Thüringer Parteimitglieder. Weder aus dem Verfassungsschutzbericht noch aus dem Vermerk folge "mit der erforderlichen Sicherheit die Verfassungsfeindlichkeit des gesamten Landesverbandes der AfD Thüringen". Somit seien die Voraussetzungen für einen Widerruf der Waffenerlaubnisse "bislang nicht tragfähig nachgewiesen."

Gericht: Nicht von Landessprecher auf gesamten Verband folgern

Schwerpunkt des Vermerks des Thüringer Verfassungsschutzes seien die "Äußerungen des 'einen Landessprechers' der AfD Thüringen". Tatsächlich hat der Landverband zwei Sprecher und damit Landesparteichefs: Björn Höcke und Stefan Möller.

Die Äußerungen der Landessprecher seien zwar "gewichtige Indizien" für die Gesamtausrichtung des Parteiverbands. "Mit Blick auf die Größe des Landesverbandes der AfD sowie die regelmäßig komplexen Strukturen politischer Parteien könne eine entsprechende Schlussfolgerung jedoch nicht schematisch erfolgen", heißt es in der Mitteilung weiter über die Entscheidung der Richter.

Um feststellen zu können, ob tatsächlich eine systematische Verletzung und Missachtung von bestimmten Verfassungsgrundsätzen vorliege, bedürfe es weiterer Untersuchungen des Landesverbands. In der Mitteilung des Gerichts ist die Rede von einer "Absicherung durch eine eingehende und ausführliche Analyse der entsprechenden programmatischen Aussagen der Partei sowie der Aussagen einer ausreichenden Vielzahl von Funktionären, Mitgliedern oder sonstigen Personen, die der Partei zugerechnet würden".

Richter: Beispiel Sesselmann widerlege Pauschalisierung

Des Weiteren habe der Antragsteller "zu Recht" darauf hingewiesen, dass das "Prüfungsergebnis des Thüringer Landesverwaltungsamts (...) zur bejahten Verfassungstreue des neu gewählten Landrats des Landkreises Sonneberg (...) gegen die Annahme spricht, es existiere in diesem Landesverband nur eine einzige, alle anderen dominierende politische Grundausrichtung", heißt es in dem Beschluss des Gerichts.

Ende Juni war im Landkreis Sonneberg AfD-Politiker Robert Sesselmann zum Landrat gewählt worden. Die Überprüfung von Amtswegen war auf Grundlage des Thüringer Kommunalwahlgesetzes erfolgt. Darin steht, dass nicht zum Landrat gewählt werden darf, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt".

Sesselmann bestand den Check. Doch schon nach der Entscheidung des Landesverwaltungsamts hatte es Befürchtungen gegeben, AfD-Mitglieder könnten diese dafür nutzen, die Einstufung als rechtsextremistisch seitens des Verfassungsschutzes anzufechten.

Richter kritisieren Interpretation "in bestimmte politische Richtung"

Außerdem kritisieren des Richter, dass der Thüringer Verfassungsschutz die programmatischen Forderungen im Wahlprogramm des AfD-Landesverbands aus dem Jahr 2019 "in eine bestimmte politische Richtung" interpretiert habe, ohne dies in dem Vermerk "hinreichend plausibel" gemacht zu haben. So sei beispielsweise an zwei Stellen den Forderungen einschränkend hinzugefügt worden, dass man nur die "rechtlich bestehenden Möglichkeiten" nutzen wolle. "Dass es sich hierbei um bloße 'Lippenbekenntnisse' handele, werde in dem Vermerk nicht weiter belegt", hieß es in der Mitteilung des Gerichts.

Auch werde dem AfD-Mitglied nicht vorgeworfen, als Einzelperson Bestrebungen zu verfolgen oder verfolgt zu haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet seien. Es gebe keine Hinweise auf "irgendwelche waffenrechtlich erhebliche Gefahren". Der Beschluss, dass der Mann seine Waffen wieder erhalten kann, ist noch nicht rechtskräftig.

Darauf verweist auch das Thüringer Innenministerium. Dort prüft man nach eigenen Angaben "die Entscheidungsgründe der noch nicht rechtskräftigen Eilentscheidung". "Andere Verwaltungsgerichte haben zu der Frage der Unzuverlässigkeit eines AfD-Mitglieds im Sinne des WaffG eine andere Rechtsauffassung vertreten", teilte ein Ministeriumssprecher mit. Auch prüfe man, ob Rechtsmittel eingelegt werden sollen und welche Auswirkungen die Entscheidung auf andere Fälle haben könnte.

Verwendete Quellen
  • verwaltungsgerichte.thueringen.de: "Verwaltungsgericht gibt Eilantrag eines AfD-Mitglieds gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs waffenrechtlicher Erlaubnisse statt"
  • zdf.de: "Sesselmann besteht Demokratie-Check"
  • Nachrichtenagentur dpa
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