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Landgericht Magdeburg: Tagesmütter nach Missbrauchsvorwürfen freigesprochen


Anklage schnurrt zusammen
Tagesmütter nach Missbrauchsvorwürfen freigesprochen

Von dpa, afp, t-online
24.04.2015Lesedauer: 2 Min.
Tagesmütter vor Gericht: Keiner der Anklagepunkte konnte ausreichend bewiesen werden.Vergrößern des BildesTagesmütter vor Gericht: Keiner der Anklagepunkte konnte ausreichend bewiesen werden. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Anklage wog schwer: Zwei Tagesmütter sollen die ihnen anvertrauten Kinder misshandelt haben. Demnach mussten die Kleinen Erbrochenes essen, ihnen wurden volle Windeln ins Gesicht gedrückt. 89 Vorfälle klagte die Staatsanwaltschaft an, am Ende blieb nichts übrig. Die beiden Frauen wurden freigesprochen - und stehen trotzdem vor den Scherben ihrer beruflichen Existenz.

Dreieinhalb Jahre mussten die Frauen mit den Missbrauchsvorwürfen leben. Wie viel nach so langer Zeit der Vermutungen und Anschuldigungen, des persönlichen und beruflichen Absturzes von ihnen abgefallen ist, ließen die beiden während der Urteilsverkündung kaum durchblicken. Mutter (54) und Tochter (30) saßen am Freitag recht regungslos auf der Anklagebank - wie fast immer während der 23 Verhandlungstage.

Zu viel "Stille Post"

Bewiesen wurde am Ende aus Sicht des Gerichts nichts - zumindest nichts strafrechtlich Relevantes. Wie konnte es so weit kommen? Richterin Claudia Methling sagt: "Es ist schon viel von Stiller Post geredet worden. So muss man es wohl auch bezeichnen."

Urheberin der Anschuldigungen, so hat es das Gericht ermittelt, ist eine Praktikantin, die kurz bei den Tagesmüttern in der Magdeburger Altstadt nahe der Elbe arbeitete. Sie erzählte ihrer Mutter, die selbst Tagesmutter ist, von Misshandlungen in der Einrichtung. Kinder würden geschlagen, fielen kopfüber, bekämen volle Windeln gegen den Kopf gehauen und müssten sehr lange auf dem Töpfchen sitzen.

Das Jugendamt, das regelmäßig unangemeldet in der Tagespflege auftauchte, erfuhr allerdings erst über eine Reihe weiterer "Stille Post"-Stationen von den angeblichen Misshandlungen. Zwei Vertreterinnen der beiden Tagesmütter schlossen sich den Vorwürfen an. Allerdings enthielten ihre Aussagen mal mehr, mal weniger Anschuldigungen.

Ein erster Prozessanlauf wurde abgebrochen, das Gericht bestellte ein Glaubwürdigkeitsgutachten. Heraus kam: Die Grenze zwischen Erlebtem und Übertreibungen ist unklar.

Im ihrem Plädoyer schließlich rückte Staatsanwältin Cordula Neubauer von den 89 Tatvorwürfen ab, übrig blieben vier. Das Gericht sah schließlich keinen Anklagepunkt für so erwiesen an, dass es für eine Verurteilung gereicht hätte.

Tagesmütter-Ausbildung ausreichend?

In der Urteilsbegründung warf das Gericht aber die Frage auf, ob eine rund sechswöchige Ausbildung eine Frau tatsächlich befähige, fünf Kinder gleichzeitig zu betreuen. Da werde schon sehr auf die mütterlichen Instinkte vertraut. Die Ausbildung solle eher aufgestockt werden, um Tagesmütter fit für kritische Situationen zu machen.

Dass der Erziehungsstil der beiden Tagesmütter streng war und wohl auch nicht mehr in die Zeit passt, wurde an verschiedenen Stellen des Prozesses deutlich. Richterin Methling sagte, den Eltern sei bewusst gewesen, dass die Kinder schnell trocken werden, schnell laufen lernen und sauber essen können sollen - viele hätten die Methoden nicht hinterfragt. Manchen hätten sie missfallen - wie auch den Vertretungs-Tagesmüttern, die die Vorwürfe vorbrachten.

Am Ende des Prozesses steht nun ein Freispruch mit einem hohen Preis: Der Ruf der beiden Tagesmütter ist ruiniert. "Die Tagesstätte wird nicht wieder eröffnet", sagte eine Verteidigerin der Frauen nach der rund einstündigen Urteilsbegründung. Die beiden Freigesprochenen verließen das Gericht wortlos.

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