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Weil Gift abläuft: Acht Hinrichtungen in zehn Tagen in Arkansas


Gift-Haltbarkeitsdatum läuft ab
Noch schnell acht Menschen hinrichten

afp, Sébastien Blanc

Aktualisiert am 03.04.2017Lesedauer: 3 Min.
Der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson.Vergrößern des BildesDer Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson. (Quelle: dpa-bilder)
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Es wäre einmalig in der US-Geschichte: Im April sollen im US-Bundesstaat Arkansas binnen zehn Tagen acht Todeskandidaten hingerichtet werden. Die Begründung für die "Hinrichtungen am Fließband" bezeichnen Kritiker als "grotesk".

Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wäre es die größte Hinrichtungswelle in den USA seit mehr als 40 Jahren. Der Grund für die Eile ist das Haltbarkeitsdatum der Vorräte an Midazolam, das bei Hinrichtungen als Betäubungsmittel verabreicht wird. Es läuft Ende April ab.

Der republikanische Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, hat deshalb per Dekret angeordnet, bis Ende des Monats binnen zehn Tagen acht Verurteilte hinrichten zu lassen. Betroffen sind acht Männer, die im Schnitt seit 20 Jahren im Todestrakt sitzen.

Gegner der Todesstrafe verweisen darauf, dass Arkansas seit 2005 kein Todesurteil mehr vollstreckt hat. Gouverneur Hutchinson plant nun jedoch gleich vier Doppelhinrichtungen in zehn Tagen: Er will jeweils zwei Verurteilte am 17., 20., 24. und 27. April hinrichten lassen.

Ein historischer Höchstwert

Nach Angaben des Death Penalty Information Center (DPIC) wurden seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 in keinem Bundesstaat acht Menschen innerhalb von zehn Tagen hingerichtet. Nur in Texas seien 1977 einmal acht Verurteilte in einem Monat hingerichtet worden.

Auch Doppelhinrichtungen seien äußerst "ungewöhnlich", erklärte das DPIC. In den vergangenen 40 Jahren seien in den USA nur zehn Mal zwei bis drei Menschen am selben Tag hingerichtet worden. Mehrere Doppelhinrichtungen in einer Woche habe es noch nie gegeben.

Betäubungsmittel steht in der Kritik

Der Grund für die Hinrichtungswelle in Arkansas ist profan: In den USA werden die tödlichen Substanzen für die Giftspritzen knapp, weil sich viele europäische Pharmafirmen weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern. Midazolam steht bereits seit langem in der Kritik, weil es offenbar nicht stark genug ist, um Schmerzen der Todeskandidaten zu vermeiden.

Im April 2014 hatte der qualvolle Tod eines verurteilten Mörders bei einer Hinrichtung im Bundesstaat Oklahoma weltweit für Entsetzen gesorgt: Der Todeskampf von Clayton Lockett hatte nach einer Giftinjektion mit Midazolam 43 Minuten gedauert. Dabei wand er sich vor Schmerzen.

Todeskandidaten klagen vor Gericht

Die Hinrichtungen in Arkansas wurden durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Februar ermöglicht. Die Richter wiesen eine Klage gegen das dort übliche Verfahren für Exekutionen mit der Giftspritze ab.

In der vergangenen Woche reichten die betroffenen Häftlinge eine neue Klage ein: Die beschleunigte Vollstreckung ihrer Todesurteile gebe ihnen nicht genügend Zeit, um ihren Widerspruch vorzubereiten, erklärten die Männer. Durch den "wilden Hinrichtungszeitplan" werde jedem Kläger "irreparables Leid" zugefügt, schrieben sechs der acht Betroffenen in ihrer Klage.

Republikanische Hochburg

Hutchinson sagte, er wünsche sich eigentlich eine Verlängerung des Haltbarkeitsdatums für Midazolam "um mehrere Monate oder Jahre". Die Situation sei aber nunmal nicht so. Zudem sei "unsicher", ob die Behörden ein anderes Mittel beschaffen könnten, erklärte der Gouverneur.

Die Hinterbliebenen der Opfer der Straftaten sollten nach jahrzehntelangen Verfahren nun aber nicht länger "mit Ungewissheit leben müssen". Die konservativen Wähler in Arkansas dürften die Hinrichtungswelle unterstützen: Der Heimat-Bundesstaat des demokratischen Ex-Präsidenten Bill Clinton ist seit Jahren fest in republikanischer Hand.

Scharfe Kritik an Entscheidung

Außerhalb des landwirtschaftlich geprägten Staats im Süden der USA regt sich jedoch Protest. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, nannte das "Eiltempo" bei den Hinrichtungen "grotesk". Die "New York Times" kritisierte Hutchinsons Begründung in einem Leitartikel als "absurd": Der Gouverneur rechtfertige eine "staatlich sanktionierte Mordserie" mit dem "Haltbarkeitsdatum auf einer Flasche".

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