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Prigoschin in Russland: Militär-Experte über kriegsentscheidenden Moment


Prigoschins Einmarsch in Russland
Das ist der kritische Moment

  • Hanna Klein
Von H. Klein, A. Wölk, S. Loelke

24.06.2023Lesedauer: 1 Min.
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Militärexperte Ralph Thiele: Der Einmarsch Prigoschins könne ein kriegsentscheidender Moment sein.

Wagner-Söldner marschieren unter Führung Prigoschins in Russland ein. Der Machtkampf eskaliert. Das hat vielfältige Konsequenzen, warnt ein Militärexperte im Video.

Mitten in der Anfangsphase der ukrainischen Gegenoffensive ist ein Machtkampf zwischen russischer Militärführung und der Söldnertruppe Wagner eskaliert. Prigoschin besetzte mit seiner Truppe nach eigenen Angaben wichtige militärische Objekte in Rostow am Don im Süden Russlands.

Russlands Präsident Wladimir Putin sprach angesichts des bewaffneten Aufstands von "Verrat" und rief zur Ausschaltung der Drahtzieher auf.

Wer ist der Experte?

Ralph D. Thiele ist ein deutscher ehemaliger Oberst, Diplom-Kaufmann und Experte für politisch-militärische Angelegenheiten. Er ist der Vorsitzende der Politisch-Militärischen Gesellschaft e.V. (PMG) in Berlin, einer Organisation, die sich mit Fragen der Sicherheitspolitik und Verteidigung beschäftigt.

Der Gouverneur der russischen Region Rostow, die an die Ukraine grenzt, rief die Bevölkerung dazu auf, Ruhe zu bewahren und nach Möglichkeit die Häuser nicht zu verlassen. Auch in der Hauptstadt Moskau waren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden.

Videotranskript lesenEin- oder Ausklappen


Dann ist damit zu rechnen, dass das implodiert.

Die politische Situation in Russland spitzt sich zu. Truppen von Wagner-Chef Prigoschin sind in die russische Stadt Rostow am Don einmarschiert und kontrollieren wohl auch Militäreinrichtungen in Woronesch. Vermutlich ist er auch auf dem Weg nach Moskau.

Was das für den weiteren Verlauf im Ukraine-Krieg bedeutet, ordnet Militärexperte Ralph Thiele ein:

"Wir sind in einem möglicherweise kriegsentscheidenden Moment. Der Tanker russischer Streitkräfte muss jetzt umsteuern. Das passiert nicht im Augenblick, sondern das braucht etwas Zeit. Aber er muss jetzt sozusagen auf das wichtigere Ziel gehen, nämlich diese Intervention von außen zu beenden.
Dies könnte die Ukraine nutzen, jetzt diese neuen Brigaden, drei hat sie ja bereits im Einsatz von den Zwölfen, die sie sich da zurückgehalten hat, diese weiteren neun Brigaden in den Einsatz zu bringen und tatsächlich einen Durchbruch zu versuchen. Das ist der kritische Moment, in dem wir sind."

Russland muss nun schnell reagieren, denn sind die Truppen erst einmal in Moskau, ist die Lage schwerer zu kontrollieren, sagt Thiele.

Doch ganz so einfach sei es für Prigoschin nun auch wieder nicht:

"Nun sollte man die Bedrohung auch nicht übertreiben. Ihm fehlte eigentlich alles. Er hat ja im Grunde nur ein paar Spezialkräfte, sehr brutal. Aber er hat dieses ganze Drumherum, Artillerie, Drohnen, Luftstreitkräfte, das hat er alles nicht. Mein Verdacht ist, dass Moskau ihn daran hindern wird, auf der Autobahn, auf der er sich jetzt Richtung Moskau bewegt, dorthin zu kommen, koste es, was es wolle. Dann ist damit zu rechnen, dass das implodiert."

Es sei ein heikler Moment, der für beide Seiten nicht einfach zu bewältigen sei. Wie realistisch ist es, dass Prigoschin doch bis nach Moskau vorrückt?


"Es ist aus meiner Sicht eigentlich eher nicht wahrscheinlich, weil Russland natürlich über Kampfflugzeuge Kampfhubschrauber verfügt, die auch nicht wirklich bedroht werden im Einsatz gegen sie. Es wäre ein Zeichen großer politischer Schwäche, wenn Putin die einfach weiterfahren lässt. Also er hat die Mittel, sie zu stoppen. Er braucht nur die Entscheidung treffen, das zu tun und dann ist Ende."

Auch für den Westen sei diese noch nie dagewesene Situation äußerst brisant:

"Wenn so eine Weltmacht a la Russland mit diesen vielen Nuklearwaffen einen internen Kampf hat, dann stellt sich für uns natürlich sofort die Frage: Ist der Einsatz von Nuklearwaffen denkbar, auch von chemischen und anderen Waffen? Das ist sozusagen die Perspektive, die dahintersteht, wenn der Konflikt eskaliert."
Doch warum marschiert Prigoschin überhaupt in Russland ein? Die Entscheidung wirkt leichtsinnig, kann Putin doch mit recht einfachen Mitteln den Vormarsch unterbinden.
"Das ist häufig so, wenn sie Erfolg hatten. Und Prigoschin hatte jetzt Erfolg, er war mit kriegsentscheidend am Ende für die Einnahme von Bachmut. Das heißt, das kann ihm zu Kopf gestiegen sein und dann verliert man schon mal den Boden unter den Füßen. Das heißt, man sitzt auf Wolke sieben und denkt eigentlich “Ich kann fliegen”. Man muss ja die ganze Genese des Mannes sehen: Straftäter, Catering, dann Gründung einer Söldnertruppe mit viel Erfolg in Syrien, auch in Afrika übrigens und jetzt bis hin zu Bachmut."

Thiele wagt einen Blick in die nahe Zukunft:
"Das Ende für ihn dürfte tödlich sein. Selbst wenn er gefangen genommen wurde, denke ich nicht, dass er das überlebt."
Doch diese neue und noch unübersichtliche Lage, die den Machtkampf im Kreml deutlicher als je zuvor zeigt, kann für zumindest eine Partei von Vorteil sein:
"Es ist ein Moment, der die russische Aufmerksamkeit von der Front ablenkt und die der Ukraine eine veritable Chance gibt, das auszunutzen."

Was das für den weiteren Verlauf im Ukraine-Krieg bedeutet, wieso Prigoschin einen solchen Einmarsch wagt und ob ein Vorrücken nach Moskau für Wagner überhaupt realistisch ist, zeigt ein Experte hier oder oben im Video auf.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Militärexperte Ralph Thiele
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