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Ukraine-Krieg: Für Putin wird es immer ungemütlicher


Drittel der russischen Schwarzmeerflotte zerstört
Für Putin wird es immer ungemütlicher


Aktualisiert am 15.02.2024Lesedauer: 5 Min.
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UKRAINE-CRISIS/ODESA-GRAINVergrößern des Bildes
Kontrolle des Getreidekorridors: Ein Mitglied der ukrainischen Küstenwache beobachtet auf einem Patrouillenboot die Lage auf dem Schwarzen Meer. (Quelle: THOMAS PETER/reuters)

Die Lage im Schwarzen Meer wird brenzlig für Putin. Wieder wurde dort ein russisches Schiff zerstört. Wie gelingt das der Ukraine ohne eigene Kriegsmarine?

Der Sprecher der ukrainischen Seestreitkräfte war hochzufrieden. "Nicht jeder Caesar hat das Glück, zweimal zu sterben – und das am selben Tag", erklärte Dmytro Pletenchuk. Der Sprecher kommentierte damit den Untergang des russischen Landungsschiffs "Caesar Kunikow" am Mittwoch vor der Südküste der besetzten Halbinsel Krim. Namensgeber des Schiffs war der sowjetische Marineoffizier Tsezar Kunikow, der im Zweiten Weltkrieg tödlich verwundet wurde. Er starb am 14. Februar 1943.

Video | Ukraine versenkt offenbar weiteres russisches Kriegsschiff
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Quelle: t-online

"Es ist ein wenig symbolisch", sagte Pletenchuk. Doch ebenso symbolisch sei es, dass Russland seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine mit der "Caesar Kunikow" bereits das dritte Landungsschiff seiner Schwarzmeerflotte verloren hat. Laut ukrainischen Angaben trafen Seedrohnen des Typs Magura V5 am Mittwoch die "Caesar Kunikow", das Schiff sank infolgedessen. Mehr zu dem Vorfall lesen Sie hier.

Es ist ein weiterer schwerer Schlag für Russlands Marine. Bereits in der vergangenen Woche hatte das ukrainische Militär gemeldet, dass rund ein Drittel der Schwarzmeerflotte zerstört sei. 24 Schiffe und ein U-Boot sollen bereits außer Gefecht sein. Unabhängige Beobachter des Projekts "Oryx", das anhand von frei zugänglichen Fotos die Verluste beider Kriegsparteien dokumentiert, bestätigen immerhin 14 zerstörte und sieben beschädigte russische Schiffe.

Für die Ukraine ist das ein durchschlagender Erfolg. Seit Beginn der russischen Invasion ist das Schwarze Meer ein zentraler Kriegsschauplatz. Welche Bedeutung hat die russische Schwarzmeerflotte dabei? Wie gelingt es der Ukraine, die über keine eigene Kriegsmarine verfügt, den Russen immer wieder schwere Verluste zuzufügen? Und wie entwickelt sich die Lage auf dem Binnenmeer, an das mit der Türkei, Rumänien und Bulgarien gleich drei Nato-Staaten angrenzen? Ein Überblick.

Welche Bedeutung hat die russische Schwarzmeerflotte?

Russlands Schwarzmeerflotte galt lange als große Bedrohung. Vor Kriegsbeginn verfügte sie öffentlichen Angaben zufolge über 74 Kriegsschiffe. Ihre Raketenkreuzer feuern immer wieder Tod und Zerstörung bringende Geschosse auf die Ukraine. Zu Kriegsbeginn befürchteten Beobachter eine Landungsoperation zur Eroberung Odessas. Und nicht zuletzt blockierte Russland über viele Monate hinweg erfolgreich ukrainische Exporte über das Schwarze Meer.

Fast alle diese Bedrohungen sind mittlerweile passé. Russland feuert von seinen Schiffen zwar weiterhin Raketen auf die Ukraine. Doch die Schiffe sind längst nicht mehr so gut geschützt wie zu Beginn des Krieges. Ein erstes Indiz dafür lieferte die Zerstörung der "Moskwa", des Flaggschiffs der Schwarzmeerflotte, bereits im April 2022. Mehr dazu lesen Sie hier. Seitdem hat es die russische Marine in der Region zunehmend schwer.

Video | Diese Drohnen sind eine Gefahr für Putins Schwarzmeerflotte
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Quelle: t-online

Der ukrainische Marinesprecher Pletenchuk erklärte am Mittwoch zudem, dass aktuell nicht mehr über amphibische Landungsoperationen gesprochen werde. Die Bedrohung hat sich durch die russischen Verluste signifikant verringert. "Von den 13 Einheiten, über die der Feind zu Beginn der groß angelegten Invasion verfügte, sind nur noch fünf in Betrieb: Vier werden gerade repariert, vier wurden zerstört", sagte Pletenchuk mit Blick auf Russlands Landungsschiffe auf dem Schwarzen Meer.

Zudem kann Russland seine Blockade ukrainischer Exporte über das Schwarze Meer schon länger nicht mehr aufrechterhalten. Zu Kriegsbeginn ließen die Russen kein Frachtschiff passieren. Dann erlaubte ein Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine zumindest eingeschränkte Exporte. Der Kreml ließ den Deal im vergangenen Juli auslaufen.

Die Ukraine schuf sich daraufhin kurzerhand ihren eigenen Korridor: Diesen passierten seitdem 661 Schiffe mit mehr als 20 Millionen Tonnen Fracht, teilte die ukrainische Regierung Anfang Februar mit. Die Exporte über Odessa haben demnach im Januar fast das Vorkriegsniveau erreicht.

Wie gelingt es der Ukraine, Russland immer wieder schwere Verluste zuzufügen?

Die Schläge gegen die russische Schwarzmeerflotte sind bemerkenswert, denn die Ukraine hat selbst keine eigene Kriegsmarine. Die Seestreitkräfte bestehen vor allem aus Patrouillenbooten und Minenabwehrschiffen, zwei weitere davon soll die Ukraine im kommenden Jahr von den Niederlanden erhalten. Außerdem hat Kiew bereits 2020 vier Korvetten in der Türkei bestellt, die sich aber noch im Bau befinden. Die Ukraine muss sich also anderweitig behelfen.

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Kiews Truppen setzen unter anderem auf westliche Marschflugkörper und Raketen. Diese haben bereits das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte auf der Krim im September 2023 getroffen und schwer beschädigt (t-online berichtete). Im selben Monat schlugen gleich zehn solcher Geschosse in einem Reparaturzentrum im Hafen von Sewastopol ein: Ein U-Boot und ein Landungsschiff wurden zerstört. Hier lesen Sie mehr dazu. Und im vergangenen Dezember zerstörten Marschflugkörper das Landungsschiff "Nowotscherkassk" im Krim-Hafen Feodossija, mehr dazu lesen Sie hier.

Vielleicht noch wichtiger sind für die Ukraine jedoch Seedrohnen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in der vergangenen Woche: "Dank der Drohnen hat die Ukraine die Sicherheitslage im Schwarzen Meer wirklich verändert." Russland reagierte darauf bereits mit einem Rückzug eines großen Teils seiner Schwarzmeerflotte von der Krim. Mehr dazu lesen Sie hier. Die ukrainischen Drohnen sollen zudem modifiziert werden, um eine noch größere Bedrohung für Russland zu sein (t-online berichtete).

Wie ukrainische Spezialeinheiten bei ihren Angriffen mit Seedrohnen vorgehen, sehen Sie in diesem Video:

Video | Diese Spezialeinheit bedroht Putins Flotte im Schwarzen Meer
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Quelle: t-online

Wie könnte sich die Lage auf dem Schwarzen Meer entwickeln?

Betrachtet man die Lage auf dem Schwarzen Meer, kommt man um die seit 2014 völkerrechtswidrig von Russland besetzte Halbinsel Krim nicht herum. Für Russland ist sie das Kernstück seiner Machtansprüche in dem Binnenmeer. Zudem ist sie eine wichtige Landverbindung zu den okkupierten Gebieten in der Südukraine. Für Kiew hingegen ist die Rückeroberung der Krim eines der obersten Kriegsziele. Zahlreiche Raketen- und Drohnenschläge auf der Halbinsel in den vergangenen Monaten untermauern dies.

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Der Militärexperte Nico Lange sagte im Januar im Gespräch mit t-online, dass die Ukraine bereits seit Längerem Fortschritte bei Operationen in Richtung Krim mache. "Die russische Luftverteidigung – Radare, Sensorik und Luftüberwachung – wird systematisch ausgeschaltet, mehrere Kampfjets wurden in dem Gebiet bereits vom Himmel geholt", so Lange.

Für die Nato bleibt das Schwarze Meer ein Spannungsfeld. Die Mitglieder Bulgarien, Rumänien und die Türkei sind Anrainer. Auch sie spüren den Druck der russischen Flotte und die Gefahr einer Eskalation auf dem Gewässer. Zudem treiben zahlreiche Seeminen, die von Russland und der Ukraine abgesetzt wurden, auf dem Schwarzen Meer. Immer wieder kommt es dadurch zu Zwischenfällen, im August etwa explodierte eine der Minen vor der rumänischen Küste.

Es ist davon auszugehen, dass Kiew versuchen wird, den Druck auf dem Schwarzen Meer und auf die Krim aufrechtzuerhalten. Auch die Weiterentwicklung des ukrainischen Drohnenarsenals spricht dafür, dass es für Putins Marine auf dem Schwarzen Meer unbequem bleiben wird. Bei allen Erfolgen der Ukraine stellt die russische Flotte jedoch weiterhin eine große Bedrohung dar: Ein Drittel ist zwar zerstört, aber zwei Drittel sind noch einsetzbar – wenn auch möglicherweise nicht alle Schiffe zur selben Zeit. Der Kreml wird sie weiter nutzen, vor allem für schwere Raketenangriffe.

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