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Versinkt Berlin im Crack-Sumpf? Sozialarbeiter warnen: Droge auf dem Vormarsch


Steigender Konsum
Versinkt Berlin im Crack-Sumpf? Politiker und Sozialarbeiter schlagen Alarm

Von t-online, ksi

30.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Crack-PfeifeVergrößern des BildesEine Drogenabhängige zündet sich eine Crack-Pfeife an. (Quelle: Boris Roessler/dpa/Symbolbild/dpa)
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Crack breitet sich in Berlin aus – Süchtige konsumieren immer offener, immer schonungsloser. Die Bevölkerung schreit auf. Reichen die Maßnahmen der Politik aus?

Crack auf Berlins Straßen bekämpfen, indem man den Konsumierenden noch mehr Crack anbietet – in einem geschützten Raum. Das fordert zumindest die SPD-Politikerin Ellen Haußdörfer. Das klingt nicht nach der ultimativen Lösung, aber nach dem Versuch, wieder Herr über eine Stadt zu werden, in der immer mehr Menschen dem Rauch zu verfallen scheinen.

Die Grünen wollten am Montag vom rot-schwarzen Senat wissen, wie die Hauptstadt mit dem immer größer werdenden Drogenproblem umgehen will. Der "Tagesspiegel" berichtete zuerst darüber. Weniger Drogen im Umlauf zu haben, scheint nicht oberste Priorität zu sein. Das Wichtigste sei, zunächst die Crack-Konsumenten selbst von der Straße zu holen, sagte Haußdörfer im Abgeordnetenhaus.

Konsumierende können ihrer Sucht in Berlin nachgehen

Bisher gibt es in Berlin bereits drei Fahrzeuge, in denen unter hygienischen Bedingungen und in Anwesenheit von geschultem Personal geschützt Crack geraucht werden kann. Hinzu kommen fünf weitere über die Stadt verteilte Konsumräume.

Doch das Angebot reiche für die vielen Abhängigen nicht aus, sagt Haußdörfer. Regelmäßig würden sich Schlangen vor den Konsumräumen und -fahrzeugen bilden – und der Konsum steigt weiter an. Ihr Vorschlag: Zusätzliche Rauchzelte sollen dabei helfen, mehr Konsumierende von der Straße abzufangen.

Crack-Abhängige brauchen Schutzräume

Mit ihrer Forderung nach mehr Schutzräumen spricht Haußdörfer das aus, was sich Sozialarbeiter schon seit Jahren wünschen. Die Streetworker wissen aus Erfahrung: Man könne Süchtige nicht so einfach aus dem Stadtbild entfernen. Sie würden sich immer neue Orte suchen, an denen sie konsumieren können, erklärt Sozialarbeiter Malte Dau im Gespräch mit dem "rbb". Allein in den Neuköllner Konsumraum Fixpunkt in der Karl-Marx-Straße kämen manchmal rund 300 Besucher am Tag. Dort werden Drogen aller Art konsumiert.

Sozialarbeiter wegen Crack beunruhigt

Dennoch ist das Drogenproblem in Berlin nicht mit mehr geschützten Konsumräumen gelöst. Kenner der Szene berichten davon, dass die Hauptstadt derzeit eine regelrechte Crack-Welle überrollt. Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bestätigte auf Anfrage von "rbb24", dass der Konsum der Droge im Bezirk, aber auch generell in Berlin, dieses Jahr angestiegen sei.

t-online traf im Rahmen einer Recherche zum Görlitzer Park den Sozialarbeiter Juri Schaffranek. Er weiß, was Crack mit den Menschen in Berlin macht und vor welchen Herausforderungen Sozialarbeiter stehen, wenn sie mit der wachsenden Zahl von Crack-Konsumenten zu tun haben. "Das Zeug macht die Leute unberechenbar. Wenn die aggressiv auf uns zulaufen, dann wissen wir gar nicht genau, ob wir die noch erreichen können oder nicht", erklärt Schaffranek. Hier erfahren Sie, ob man Menschen, die auf der Straße leben, Geld geben sollten – auch, wenn sie damit Drogen kaufen wollen.

 
 
 
 
 
 
 

Crack-Konsum ist eine Zumutung für Anwohner

Doch nicht nur Politik und Sozialarbeiter müssen auf den zunehmenden Drogenkonsum reagieren. In einigen Berliner Bezirken ist es an der Tagesordnung, dass harte Drogen im öffentlichen Raum konsumiert werden. Dass Drogenabhängige zum Berliner Stadtbild gehören, wollen Anwohner in Berlin-Wedding zum Beispiel nicht hinnehmen. Dort hat sich der Leopoldplatz zu einem Drogen-Hotspot entwickelt. Als Antwort darauf gründeten Anwohner die Initiative "Wir am Leo", um die Drogenabhängigen am Leopoldplatz nicht gewähren zu lassen.

Die Politik reagiert auf die Missstände. Laut einem Bericht des "Tagesspiegels" fordert Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) mehr Polizeipräsenz am Leopoldplatz. Auch das Drogenmobil sollte 24 Stunden am Tag mit Personal vor Ort zugänglich sein. Als erste Maßnahme soll außerdem eine Sichtschutzwand aufgestellt werden, die die Konsumenten von den anderen Passanten trennen soll.

Zwanghafter Crack-Konsum entwickelt sich schnell

Dass Menschen aus unterschiedlichen Gründen zu Crack greifen und nicht mehr so einfach von alleine davon loskommen, hängt mit dem hohen Suchtpotential der Droge zusammen. Hinzu kommt, dass die Droge relativ billig ist. Für einen sogenannten Kopf – eine Dosis – reicht ein Crack-Stein – und den gibt es schon ab fünf Euro. Wie gefährlich auch die Droge Kokain ist, können Sie hier nachlesen.

Prof. Dr. Jens Reimer, der im Zentrum für Psychosoziale Medizin in Itzehoe arbeitet, erklärt in der "Kontraste"-Reportage "Crack auf dem Vormarsch", dass es aus medizinischer Sicht nicht einfach ist, eine Substitution für Crack zu finden.

"Beim Crack-Konsum ist es so: Es flutet an, es ist weg, es flutet an, es ist weg. Das heißt, wir werden keine Substanz finden, die das in dieser Art und Weise nachbildet. Sonst müssten wir ja alle zehn Minuten diese Substanz geben. Das ist einfach medizinisch nicht leistbar", so der Mediziner.

Untersuchungen sollen bei Lösungsfindung helfen

Um sich einen besseren Überblick über die Problemlage in Berlin zu verschaffen, fordert Ellen Haußdörfer neben Schutzräumen auch "multizentrische Studien", an denen sich Städte mit besonders vielen Crack-Süchtigen beteiligen.

Faktenchecks zu dem Alltag von Drogenabhängigen könnten dazu beitragen, bessere Lösungen zu finden, die sowohl den Konsumenten als auch den Anwohnern in den betroffenen Bezirken helfen.

Verwendete Quellen
  • tagesspiegel.de: "Senat will prüfen, ob erstmal 'Rauchzelte' helfen"
  • t-online: "Besuch im 'Görli': 'Man muss der Schlange den Kopf abschlagen'"
  • rbb24: "Der Konsum von harten Drogen ist sichtbarer geworden"
  • rbb-online.de: "Crack auf dem Vormarsch"
  • anwaltsbuero-im-hegarhaus.de: "Was kostet Kokain, Marihuana, Haschis, Crystel Meth, LSD, MDMA/ Ecstasy oder Heroin"
  • tagesspiegel.de: "Bezirksbürgermeisterin fordert mehr Polizei – und Drogenkonsumorte rund um die Uhr" (kostenpflichtig)
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